Der Samurai-Manager. Reinhard Lindner

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Der Samurai-Manager - Reinhard Lindner

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Mitarbeiter motiviert?

      Dem Mitarbeiter winkt jedenfalls in größeren Unternehmen eine stattliche Abfertigung, meist mit dem sechzigsten Lebensjahr. Oft wird danach eine zweite Karriere begonnen. Die Erwerbsquote liegt in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen noch bei beachtlichen 60 Prozent. Mehr noch als durch finanzielle Anreize werden Japaner von ihrem Willen motiviert, sich nützlich zu machen und zum Gemeinwohl beizutragen.

       Stimmt es, dass es in Japan kein „Neinsagen“ gibt?

      Natürlich gibt es ein „Nein“, aber es wird umschrieben, für die der Sprache Mächtigen in der Regel unmissverständlich. Auch das „Ja“ hat Nuancen. Das japanische Wort für „Ja“ ist „Hai“ und bedeutet, „Ich habe gehört, dass du etwas gesagt hast“, und nicht „Ich habe dich verstanden“. Es bringt also keine Zustimmung zum Ausdruck und ist somit weit weg von unserem „Ja“. In diesem Zusammenhang fallen immer wieder zwei Begriffe: „Tate mae“ (Höflichkeit, aber auch im Sinne von Schein oder Fassade). Im Gegensatz dazu steht „Honne“ (Realität), und die sieht oft recht anders aus.

      Ein Fallbeispiel aus der Praxis: Ein österreichisches Unternehmen hatte eine Maschine nach Japan verkauft und bei der Inbetriebnahme wurde ein japanischer Mitarbeiter verletzt. Aus dem Bericht war klar zu erkennen, dass der Unfall auf einen Bedienungsfehler zurückzuführen war. Damit stand für das österreichische Unternehmen fest, wo die Schuld lag, und es entzog sich berechtigterweise der Verantwortung. Das wurde dem japanischen Partner auch so kommuniziert, mit folgenschweren Konsequenzen. Der japanische Kunde erwartet von seinem Lieferanten das gemeinsame Beseitigen von Problemen, unabhängig von der Verantwortung für das Herbeiführen derselben. Das österreichische Unternehmen verlor schnell das Vertrauen seines Kunden und bald der gesamten Branche. Bis heute war es der Firma nicht möglich, neu in den Markt einzutreten.

       Wie laufen die Entscheidungsprozesse?

      Anders als bei uns. Es werden alle Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess mit eingebunden, von unten nach oben. Jeder, der von der Entscheidung betroffen ist, darf seine Meinung abgeben, wie sich die Veränderung auf sein Arbeitsumfeld auswirkt. Das kann sehr langwierig sein, dafür werden Entscheidungen dann von allen getragen und es muss im Nachhinein keine Überzeugungsarbeit mehr geleistet werden. Die Mannschaft steht gesammelt dahinter, alles läuft wie ein Uhrwerk.

       Wo liegen die Unterschiede beim Verhandeln?

      Man verhandelt immer im Kollektiv, nie mit Einzelnen. So gesehen kann man auch gar nicht sagen, wer wirklich entscheidet, denn es wird vieles auf verschiedenen Ebenen entschieden. Alle sind wichtig, und man sollte niemanden übergehen. Ganz oben zu verhandeln zu beginnen, kann oft noch viel länger dauern, weil die Führungsebene nach unten weiterdelegiert, um den Boden für die Entscheidung aufzubereiten. Interventionen von außen, vor allem an höherer Stelle, werden in diesem System als störend empfunden.

       Spürt man eine Veränderung am japanischen Markt?

      Auch Japan ändert sich. Tabus werden aufgebrochen, zum Beispiel die lebenslange Zugehörigkeit zu ein- und derselben Firma. Märkte öffnen sich – unter dem Druck der Wettbewerbsfähigkeit – zusehends ausländischen Lieferanten. Das gilt zum Beispiel für die Automobil- und die Eisenbahnindustrie ebenso wie für die Pharmaindustrie und schafft gerade für österreichische Nischenanbieter große Chancen. Der demografische Wandel, sprich, die alternde Gesellschaft, beeinflusst nicht nur das Marktverhalten der Konsumenten, sondern auch die politische Schwerpunktsetzung, manchmal zulasten der jüngeren Generation.

       Was können wir von den Japanern lernen?

      Japaner arbeiten an der ständigen Verbesserung von Abläufen und Produkten, eine Philosophie, die als „kaizen“ bekannt geworden ist. Österreichische Unternehmen, die Geschäfte mit Japan machen, müssen den hohen Ansprüchen ihrer japanischen Kunden gerecht werden und sind so in der Lage, nach ihrem Markteintritt in Japan ein besseres Produkt anzubieten als davor.

       Was können die Japaner von uns lernen?

      Österreichische Firmen verfügen über ein hohes Maß an Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Pragmatismus. Das sind Werte, die in einem zunehmend internationalen Umfeld stark gefragt sind.

       STEVE NAKADA

       Director International Development, Japan Solar Energy Council

      Steve Nakada hat einen tiefen Einblick in die Budo-Szene und eine reichhaltige Erfahrung im internationalen Geschäftsleben. Er besitzt den 6. Dan in Judo und war viele Jahre als Senior Consultant für die Peter F. Drucker Consulting Company in den USA tätig. Er leitet das Unternehmen Japan Solar Energy Council, in dem rund 240 Ingenieure beschäftigt sind.

       Herr Nakada, Sie kennen beiden Welten – Ost und West – wie kaum jemand anderer. Worin unterscheiden sich diese Welten Ihrer Meinung nach am meisten?

      Nun, dies beginnt schon bei der Schrift. Die Schrift des Westens besteht aus 26 bis 35 Buchstaben und das war es. Die japanische Schrift setzt sich zusammen aus 2.137 Schriftzeichen, die von der chinesischen Schrift übernommen wurden. Dann aus 56 Hirigana7 und 56 Katakana8 und wiederum aus zwei verschiedenen Arten, diese zu lesen. Daraus resultiert eine Vielzahl von Gegensätzen, die sich in allen Lebensbereichen wiederfinden.

       Können Sie diese Gegensätze anhand praktischer Beispiele näher erklären?

      Um bei der Schrift zu bleiben: Es ist so, dass die westliche Schrift horizontal gelesen wird. 26 bis 35 Buchstaben zu erlernen, schafft jeder durchschnittlich begabte Mensch in wenigen Wochen. Das heißt, das Erlernen geht sehr schnell. Fortschritte sind rasch erkennbar und aus dieser Geschwindigkeit resultiert auch eine gewisse Oberflächlichkeit. Die japanische Schrift ist vertikal aufgebaut und besteht aus Tausenden von Zeichen, die es mit großer Anstrengung zu erlernen gilt. Aus der vertikalen Struktur des Lesens ergibt sich auch eine Tiefe im Denken.

       Bei allem Respekt, aber darf ich das so verstehen, dass alle westlichen Menschen oberflächlich sind?

      Ganz und gar nicht. Die hohe Geschwindigkeit im Erlernen und in der Umsetzung hat ja auch eine Menge Vorteile, die sich in der Flexibilität und unter Umständen auch in der Kreativität niederschlagen. Was ich zum Ausdruck bringen möchte, ist, dass wir Japaner den Dingen sehr auf den Grund gehen. Wir hinterfragen und analysieren, wir vergleichen und versuchen zu optimieren. Wir sind bestrebt, in allem, was wir tun, präzise zu sein, und denken immer an den langfristigen Erfolg.

       Liegt darin auch das Geheimnis der enormen Wirtschaftsleistung Japans?

      Nach dem Zweiten Weltkrieg war Japan dem Erdboden gleichgemacht. Alles war zerstört. Ich bin unmittelbar nach Kriegsende geboren, und wir hatten kaum etwas zu essen. In nur 23 Jahren ist unser Land zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt aufgestiegen. Einen wesentlichen Grund darin sehen wir in unserer präzisen Vorgangsweise und im Fleiß unseres Volkes.

       Nun zählen Sie ja auch zu den Großmeistern, was die Kampfkunst betrifft. Als 6. Dan in Judo haben Sie ja einen tiefen Einblick in die Prinzipien der Samurai. Wie haben diese Ihr Leben und auch Ihren beruflichen Erfolg geprägt?

      „Ichi go, ichi e“ ist ein wichtiger Spruch im Budo. Frei übersetzt bedeutet es: „Jeder Moment kommt im Leben nur einmal, also mach das Beste daraus. Gib alles mit deinem ganzen Geist und voller Entschlossenheit.“ Danach

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