ironisch Short Stories. Mark Jischinski

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ironisch Short Stories - Mark Jischinski

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Rückweg von der Toilette, aber ich laufe wie auf dem Catwalk. Es fühlt sich gut an, wie sich das Training der letzten Wochen auswirkt. Ich muss den Bauch kein bisschen einziehen, sondern laufe einfach so durch die Gegend. Ja, regelmäßiges Training, weniger Stress, mehr Schlaf, so einfach ist das. Ich komme zurück zu meinem Barhocker und setze mich. Die Hose spannt nirgends und ich kann auf einen wundervollen Tag zurückblicken. Alle Arbeit ist getan, noch dazu mit Freude, und morgen werde ich wieder aufstehen und wissen, dass alles möglich ist. Der Gemüsecocktail vor mir schmeckt zwar wie eine alte Biosandalette, aber er wirkt, als würde ich ein Serum für Männlichkeit und Wohlbefinden in mich aufnehmen. Durch das Menschengetümmel hindurch kann ich sie sehen. Sie hört sich das Gelaber von irgend so einem Typen an, wirkt dabei furchtbar gelangweilt, ist aber trotzdem so höflich, alles über sich ergehen zu lassen. Als er endlich weg ist, gehe ich zu ihr.

      »Hallo«, sage ich, ohne meine Stimme zu verstellen, »das mag jetzt überraschend sein, aber ich sehe keine Möglichkeit, es dir schonend beizubringen. Also, ganz direkt. Ich stehe hier vor dir, weil ich dich interessant finde und dich kennenlernen will. Ich bin den weiten Weg von meinem Platz dort drüben zu dir gekommen, um dich anzubaggern.«

      Sie lacht mich an: »Und wann geht es los?«

      »Jetzt gleich.«

      Wir unterhalten uns lange und sie lacht über das was ich sage und lustig meine. Ihr Lachen verzaubert mich und ich hänge an ihren Lippen. Sie interessiert sich für mich und mein Leben. So, wie ich etwas über sie wissen will. Längst habe ich ihren Körper als eine Landkarte voller Versprechungen vermessen, wohl wissend, dass es Berge und Täler an ihr gibt, die himmlische Vergnügungen garantieren.

      Natürlich bringe ich sie nach Hause bis vor ihre Tür. Aber ich zerstöre diesen wundervollen Abend nicht mit so etwas Banalem wie einem One-Night-Stand. Ich küsse sie zum Abschied in dem Wissen, dass wir uns wiedersehen werden, schon bald. Auch meine enttäuschte Erektion sieht das an diesem Abend noch ein.

      Am nächsten Tag stehe ich kurz nach Arbeitsbeginn im Büro meines Chefs. Er gießt uns beiden viel zu trockenen Sekt ein, aber zu Ehren meiner Beförderung einschließlich Gehaltserhöhung lasse ich auch das über mich ergehen. Nach meinem Tagwerk sitze ich in einem Café und lese ganz in Ruhe die FAZ. Doch meine Konzentration ist getrübt, denn immer wieder sehe ich sie vor mir. Ich träume ein wenig von ihr und male mir aus, wie unser Rendezvous am Abend aussehen wird. Auf dem Weg nach Hause kaufe ich ihr einen Strauß roter Rosen. Sie wird mich lieben dafür, bin ich mir sicher.

      Ich rufe Tom an, um zu hören, wie es ihm geht. »Klar«, sage ich, »es ist immer schwierig, Zeit für die wichtigen Dinge im Leben zu haben, aber unmöglich ist es nicht.«

      Wir reden noch über seinen bevorstehenden Umzug und den Ärger, den er mit seinen Kollegen hat. Ich baue ihn auf, und als ich auflege, glaube zumindest ich daran, dass es ihm besser geht.

      Danach ziehe ich mich um und gehe ins Fitnessstudio. Knappe zwei Stunden nehme ich mir Zeit, um meine Kondition und Kraft weiter zu verbessern, auch wenn das im Moment kaum noch möglich ist. Ich dusche und salbe mich, als würde ich einen Preis für Reinlichkeit erwarten. Dabei sind Teile meiner Gedanken reichlich schmutzig, als ich wieder zu Hause sitze und die letzten Lektionen meiner Fernstudieneinheit durcharbeite.

      Ich hole sie ab, aber wir kommen nicht in das Restaurant. Wir fallen übereinander her wie zwei Unwetterwolken, die sich ausregnen müssen. Wir landen in ihrem Bett, wo ich mir ausgiebig Zeit nehme, all ihre Schönheit zu erfassen, sie mit allen Sinnen zu erfahren.

      Im Moment der höchsten Ekstase greife ich nach ihr und will sie nie wieder loslassen. Aber sie ist nicht mehr da. Meine Hände landen auf meinem Bauch, aber die möglicherweise in tieferen Schichten lauernden Sixpacks lassen sich nicht ertasten. Irgendwie klatschen meine Hände bloß auf eine riesige Masse Fett. Langsam entfernen sich die wundervollen Bilder aus meinem Kopf. Ich wache auf und schleiche ins Bad. Ich stelle mich vor den Spiegel und öffne vorsichtig meine Augen. Eine behaarte Murmel mit einem Kopf sieht mich verstört an. Und ich denke nur:

      Na toll, nur geträumt! Morgen wird ein Scheißtag im Büro sein. Es gibt wieder eine Woche, in der ich nur arbeiten werde. Keine Beförderung, kein Sport und natürlich auch keine Zeit für Tom. Es wird alles so sein, wie es schon immer war. Die FAZ wandert ungelesen in den Müll, die Studienunterlagen hinterher und von dieser Frau bleiben nur meine Träume. Höchste Zeit also, dass ich meine guten Vorsätze endlich in die Tat umsetze.

      Es hatte alles mit diesem aufregenden Artikel in der Zeitung angefangen. Feng-Shui in der Wohnung würde alles besser machen und wenn das Qi erst richtig fließt, dann würde er sich auch wieder besser fühlen, munterer, ja sogar jünger. Er verglich die Fotos in dem Magazin mit dem Bild, das seine Wohnung bot. Wichtigster Unterschied: Bei ihm war in jedem Regal alles zu sehen. Bücherrücken, kleine Dinge, die einfach mal zwischengelagert werden sollten, aber nun bereits seit Jahren verstaubten, Notizen und Kreditkarten. Gefüllte Koffer unter den Schränken, alte Fotos in vergilbten Kisten und in den Schränken hingen Sachen, die ihm schon lange nicht mehr passten. Das Qi hatte gar keine Chance zum Fluss zu kommen, und so war es auch kein Wunder, dass er sich so matt und antriebslos wie immer fühlte. Kein Qi da, also auch keine Freude im Leben.

      Gleich am nächsten Tag fuhr er ins Möbelhaus und kaufte ein großes Regal mit verschließbaren Türen, damit der Blick an nichts haften bleiben und das Qi frei fließen konnte. Schnell baute er es auf und verstaute die gesamten Bücher darin. Den nutzlosen Plunder, die Schränke, all die alten Fotos mit seinen Verflossenen, die Kartons und nicht mehr passenden Sachen warf er gleich in den Müll und bereits am Abend fühlte er sich deutlich besser. Als er am nächsten Morgen sein Werk betrachtete, stellte er fest, dass die schon etwas matte Farbe an der Wand nun nicht mehr so recht zum neuen Regal passte. Auch ein Blick in die Zeitschrift bestätigte, dass die Wandfarbe ebenfalls Feng-Shui entsprechend sein müsse. Das Zimmer lag gen Osten, weswegen ihm als beste Farben grün und braun empfohlen wurden. Also fuhr er in den Baumarkt und besorgte sich die neuen Farben. Innerhalb eines Tages räumte er das Zimmer leer, strich die gesamten Wände und räumte das Zimmer wieder ein. Am Ende des arbeitsreichen Tages bot alles einen prächtigen Anblick. Und er war nun noch ein Stückchen glücklicher. Es herrschte Ordnung und Klarheit. Alles war auf das Wesentliche reduziert und er würde fortan in Harmonie wohnen und leben. Sofort spürte er neue Kräfte in sich aufsteigen, befand es aber für sinnvoller, sich schnell zum Schlafen zu legen.

      Gleich nach dem Aufstehen ging er am folgenden Tag in das Zimmer und musste sich die Augen reiben. Der Teppich passte nicht mehr. Dass ihm das am Abend zuvor nicht aufgefallen war! Es war so schön, dass das Sofa wunderbar passte, aber der Teppich musste raus. Er war in seiner ruhenden Mitte empfindlich gestört und beschloss sofort, zum Möbelhaus zu fahren und einen neuen Teppich zu kaufen. Dieses Mal kam auch seine Freundin mit und sie bewies wahrlich einen ausgezeichneten Geschmack, denn der neue Teppich legte sich wunderbar auf den Fußboden und verströmte pure Glückseligkeit. Wie sie nun aber Arm in Arm dastanden und den Anblick des völlig harmonisierenden Zimmers genossen, bohrte sich ein weiteres störendes Element langsam in ihrer beiden Blicke. Die Lampe ging nun auch nicht mehr! Und wenn sie schon einmal dabei waren, passte das grün-braun des Zimmers auch nicht mehr so recht zu den viel zu weißen Türrahmen. Es wäre besser, wenn diese einen angenehmeren Ton hätten, vielleicht etwas beige oder ein einfach nur nicht so schreiendes Weiß. Sie beratschlagten eine Weile, was zu tun war, denn so langsam hatten sie Angst bekommen, dass sie immer wieder einen Punkt finden könnten, der sie stören würde. Sie hatten bei dem Regal angefangen, was ja noch in Ordnung war, dann die Farbe, der Teppich und nun die Lampen. Möglicherweise die Türen noch dazu. Und was würde als nächstes kommen?

      »Vielleicht war es doch keine so gute Idee mit diesem Feng-Shui, oder?«, fragte er sie schon ein wenig frustriert.

      »Doch,

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