Indianische Heilpflanzen. Felix R. Paturi
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Zudem vermögen es Naturvölker auch, souverän mit so komplexen Strukturen wie Ökosystemen oder Sozialgefügen umzugehen, die selbst die kompliziertesten EDV-Programme der modernen europäischen Wissenschaft nicht hinreichend analysieren können, um somit ihr vielfältig vernetztes Zusammenspiel zu verstehen.
Es lassen sich noch weitere Detailbeispiele anführen, die untermauern, dass etwa die spirituellen Erkenntnissysteme der Indianer in vielen Punkten den europäischen Wissenschaftlern voraus sind. Nach der Entdeckung der Askorbinsäure (Vitamin C) und der chemischen Enträtselung ihrer Molekularstruktur behaupteten indianische Mediziner, natürliche organische Substanzen besäßen auch dann eine weit größere und zugleich andersartige Heilkraft, wenn sie chemisch absolut gleich aufgebaut wären wie synthetische.
Amerikanische Ärzte europäischer Prägung hielten das für Aberglauben, bis schließlich am 6. Mai 1972 der Biochemiker Justa Smith im Rahmen einer Expertentagung an der University of California vortrug, er habe mit gaschromatografischen Untersuchungen nachgewiesen, dass es sehr wohl gravierende Unterschiede zwischen dem Vitamin C aus Pflanzen und jenem aus der Retorte gibt.
Die »lebende« Askorbinsäure zeigte sich im Chromatografen wie eine »von stark vibrierenden Strahlenkränzen umgebene plastische Orange«; die synthetische Askorbinsäure dagegen zeigte sich als »flache, farblose, zweidimensionale konzentrische Kreisstruktur ohne Kraftlinien« - sie glich einer toten geometrischen Zeichnung!
Die chemische Struktur kann trügen: Der molekulare Aufbau allein bestimmt nicht immer die Wirksamkeit einer Substanz. Das Heilvermögen eines Mittels speist sich auch aus Strukturen, die sich dem europäischen Wissenschaftler auf den ersten Blick entziehen.
Indianische Heiler und die Homöopathie
Noch heute lehnt die Schulmedizin homöopathische Heilverfahren rigoros ab. Ihr wichtigstes Argument: »In den verabreichten Arzneien befinden sich keinerlei pharmazeutisch wirksame Substanzen.« Chemisch gesehen ist das durchaus korrekt. Eine homöopathische D 200-Potenz stellt eine weitaus stärkere »Verdünnung« dar, als wollte man ein einziges Zuckermolekül mit der gesamten Materie des Universums vermischen.
Dennoch haben Doppelblindversuche - auch an Universitäten - immer wieder die Wirksamkeit dieser homöopathischen Präparate bewiesen. Indianische Heiler, die man nach einer Begründung für dieses Phänomen befragte, sagten, der Weiße Mann, der rein materiell denke, könne das nicht verstehen. Die Ursache für die Wirkung dieser Medikamente liege in so genannten Energiemustern.
Diese Energiemuster »sähen aus« wie Planetensysteme, bei denen Himmelskörper, die um ein zentrales Gestirn kreisen, in einer Art veränderter Schwingung aus ihrer Bahn geraten seien. Genau Gleiches entdeckten viele Jahre später kanadische Quantenphysiker. Sie untersuchten hoch potenzierte homöopathische Substanzen und stellten dabei ähnliche Strukturen fest wie die von den indianischen Heilern beschriebenen.
Der Pulsschlag der Erde
Doch nicht nur in der Heilkunde machten Indianer zuverlässige Aussagen, die die Naturwissenschaft erst weitaus später bestätigen konnte. So sprachen sie schon von einer dynamischen Erde mit einem ruhelosen, ja turbulenten Inneren und darauf bewegten Kontinenten, lange bevor die Geophysik unseres Jahrhunderts zum gleichen Resultat gelangte. So berichteten indianische Schamanen und auch die Schamanen vieler anderer Stammesvölker über einen »Pulsschlag von Mutter Erde« in einem Rhythmus, der dem ihrer Trommeln gleicht; doch erst in allerjüngster Vergangenheit entdeckten Seismologen mit hoch sensiblen Instrumenten, dass die Erde in der Tat als Ganzes in diesem Rhythmus »atmet«, sich also in raschem Wechsel minimal zusammenzieht und wieder ausdehnt.
Heinz Stammel, Autor des leider vergriffenen, exzellenten Kompendiums »Die Apotheke Manitous«, wies in diesem Werk sehr deutlich auf das Faktum indianischer Erkenntnisse hin: »Vergleicht man die überlieferten Aussagen indianischer Heilkundiger aus etwa drei Jahrhunderten, so fällt auf, dass sie alle bis in die jüngste Zeit exakt übereinstimmen.« Und mehr noch: Keine einzige davon lässt sich in irgendeiner Weise wissenschaftlich widerlegen. Viele aber sind wissenschaftlich auch heute noch generell unverstanden.«
Die Indianer betrachten die Erde als ihre Mutter. Sie verehren sie und preisen ihre Gaben - seien es Nahrung, Heilpflanzen, die Luft zum Atmen oder das Licht zum Sehen.
Der Weiße Mann kann lernen
Stammel fügt hinzu, dass uns der indianische Weg der Erkenntnis völlig unbekannt sei. Nun, genau das trifft aber nicht zu. Die Zeit ist vorbei, in der gnostische schamanische Naturerkenntnis allein von Ethnologen, Missionaren und anderen rein äußeren Beobachtern mit einer gewissen Befremdung oder gar mit kompletter Ablehnung lediglich als exotischer Aberglaube primitiver Wilder dokumentiert wurde.
Schon Zehntausende moderne US-Amerikaner und Europäer arbeiten seit rund zwei Jahrzehnten selbst schamanisch, und nicht wenige davon haben dabei in der Tat Erkenntniswege gefunden, die denen der Indianer gleichen.
Als ehemals energischer Verfechter eines rein naturwissenschaftlichen Weltbildes weiß ich, wovon ich rede, denn ich betrachte auch diese neoschamanische Arbeit durchaus kritisch und habe nicht wenig an ihren oft nur allzu gutgläubigen und naiven »Jüngern« auszusetzen. Sie haben es auch nicht gerade leicht, denn ihnen fehlt noch völlig das traditionelle Instrumentarium, über das die Indianer seit Jahrtausenden verfügen. So können sie auf diesem Gebiet oft Richtig von Falsch noch nicht unterscheiden. Damit ergeht es ihnen nicht viel anders als den Naturwissenschaftlern der Renaissance. Auch diese hatten neue Wege entdeckt, vermochten aber noch nicht, deren Ergebnisse kritisch zu beurteilen.
Nach indianischer Auffassung kann Schamane werden, wer die Begabung vererbt bekommen hat oder sich spontan - etwa durch einen Traum - dazu berufen fühlt. Auch eine rein willensgesteuerte Entscheidung für das Erlernen des Schamanentums ist möglich.
Schamanische Heilkunst im Versuchsverfahren
Immerhin ist es äußerst erstaunlich zu sehen, wie rasch selbst Europäer, die noch niemals Kontakt mit schamanischer Arbeit hatten, zu guten Erfolgen geführt werden können. Ich selbst habe 1998 ein Experiment mit zehn Personen unternommen, die alle erst kurz zuvor einige Grundlagen schamanischer Arbeit erlernt hatten. Aufgabe war es, in einem kleinen Wald- und Auwiesengebiet mit reichhaltiger Flora innerhalb von zwei Stunden pro Person zehn Pflanzen zu sammeln, wobei jeder Teilnehmer der Gruppe eigene Wege ging.
Mit schamanischen Methoden (Rasseln über den Pflanzen, Berühren mit den Händen im schamanischen Bewusstseinszustand, Reden mit den Pflanzen usw.) sollten die Versuchspersonen in Erfahrung bringen, ob die jeweilige Pflanze pharmazeutische Qualitäten besitzt und welcher Natur diese sind. Gefragt wurde auch nach möglichen giftigen Inhaltsstoffen. Nur eine Teilnehmerin besaß laienhafte botanische Grundkenntnisse und wusste auch einiges über die Anwendung verschiedener Heilkräuter; alle anderen waren kaum in der Lage, einen Löwenzahn von einem Huflattich zu unterscheiden oder den letzteren gar anhand seiner Blätter zu identifizieren. Phytotherapeutische Vorkenntnisse besaßen sie durchweg nicht.
Überraschende Ergebnisse
Umso überraschender war das Resultat. Ich ließ die in Erfahrung gebrachten Eigenschaften der Pflanzen zu Papier bringen, wobei manche Teilnehmer des Experiments pro Pflanze bis zu fünf mögliche therapeutische Indikationen notierten, andere eher große Wirkungsbereiche (Magen-Darm-Relevanz, Kreislauf tonisierende Eigenschaften usw.) dokumentierten.