Indianische Heilpflanzen. Felix R. Paturi

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Indianische Heilpflanzen - Felix R. Paturi

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versteht, denn auch nicht mit Flickwerk am Detail. Dementsprechend hat er einen völlig anderen Medizinbegriff als europäisch orientierte Menschen.

       Unsere Ärzte und Pharmazeuten verstehen Medizin als Agens, als Wirkstoff, der gezielt chemische Veränderungen im Organismus auslöst. Diese Veränderungen sind geeignet, körperliche Krankheitssymptome zu beheben oder wenigstens zu lindern. Die seelischen Ursachen werden dabei nicht berücksichtigt. Selbst dort, wo die Medizin neuerdings auch diese Faktoren erkannt hat und als solche akzeptiert, ist das kaum jemals anders. Ein europäischer Arzt, der weiß, dass Stress den Kreislauf schädigt, versucht, seine Patienten nicht etwa dadurch zu heilen, dass er ihnen hilft, den Stress loszuwerden, sondern indem er ihnen z.B. Betablocker verschreibt. Betablocker bewirken lediglich, dass die durch den Stress ausgelösten Botenstoffe nicht mehr in vollem Umfang aktiv werden können. Die Krankheitsursachen hat er damit keinesfalls beseitigt.

      Auch bei der modernen Apparatemedizin lässt sich beobachten, dass Körper, Seele und Geist nicht als Ganzes begriffen werden. Sie nimmt auf die seelische Komponente kaum Rücksicht. Einzig und allein die Homöopathie zielt in der westlichen Medizin darauf ab, gestörte Regelkreise als ganze wieder zu harmonisieren und damit den Körper nicht symptomatisch zu kurieren, sondern ihn zur Selbstheilung anzuregen.

      Grundzüge der Homöopathie

      Die Indianer arbeiteten schon jahrhundertelang homöopathisch, bevor der deutsche Arzt Samuel Hahnemann im 19. Jahrhundert die Homöopathie für Europa entdeckte.

       In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, wie Hahnemann zur Homöopathie fand. Er wusste, dass der Chinarindentee, mit dem indianische Heiler erfolgreich die Malaria bekämpften und auch Abertausenden weißen Siedlern geholfen hatten, große Heilkräfte besitzt. Bei Selbstexperimenten mit diesem Tee als Gesunder bekam Hahnemann Fieber und infektionsähnliche Symptome. Er schloss daraus verallgemeinernd: »Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigener Krankheit. Man ahme die Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andere hinzukommende heilt und wende in der zu heilenden (vorzüglich chronischen Krankheit) dasjenige Arzneimittel an, welches eine andere, möglichst ähnliche, künstliche Krankheit zu erregen imstande ist, und jene wird geheilt werden: Similia similibus (Ähnliches mit Ähnlichem).«

      Sich mit der Disharmonie auseinander setzen

      Hahnemann hatte damit im Prinzip Recht, aber wie alle europäischen Ärzte dachte auch er zu sehr krankheitsspezifisch. Ein indianischer Heiler würde dieses Wirkungsprinzip vermutlich so erklären: Ich führe dem Körper eine Medizin zu, die Leib und Seele dazu anregt, sich selbst mit der Art seiner Disharmonie auseinander zu setzen, weil sie ähnliche Disharmonien bewirkt. Dann kann sich der Körper selbst heilen.

       Hahnemann, der behauptete, das homöopathische Präparat als solches würde die Krankheit beheben, irrte damit. Seine Lehre wurde auf diese Weise für die Schulmediziner angreifbar, und sie stehen der Homöopathie seitdem grundsätzlich skeptisch gegenüber. Nein, das Homöopathikum ist keine Medizin im chemotherapeutischen Sinn, und kein Indianer wird das je behaupten. Es gibt »lediglich« dem Gesamtsystem aus Seele, Geist und Körper entscheidende Anregungen zur Selbstheilung.

       Die Indianer wussten lange vor Hahnemann um das Prinzip des »Similia similibus«, der konträren Wirkungsweise, die ein und dasselbe Heilmittel haben kann. Sie wussten, dass z.B. die Datura (Stechapfel) einen gesunden Menschen in den Wahnsinn treiben, einen Geisteskranken aber heilen kann. Sie wussten, dass die Wurzel des Ipecacuanha-Strauchs bei Gesunden heftige Durchfälle erregt, schwer an Ruhr erkrankte Patienten aber genesen lässt.

      Es kommt nicht von ungefähr, dass die Einführung der Homöopathie durch Hahnemann in Europa in der Alten Welt ein spontanes lebhaftes Interesse an indianischen Heilpflanzen nach sich zog.

      Indianische Medizin und das Unbegreifliche

      Generell ist der indianische Medizinbegriff nicht identisch mit der chemotherapeutischen Auffassung von einem Medikament. Aber auch das homöopathische Konzept beschreibt nur einen verschwindend kleinen Teil dessen, was ein Indianer unter Medizin versteht. Als Medizin bezeichnet er nämlich nicht primär ein Heilmittel, sondern ganz generell das Wunderbare, das Rätselhafte, das Unbegreifliche.

       Das steht in krassem Widerspruch zum europäischen Medizinbegriff, denn der weiße Arzt will wissen, wie ein Chemotherapeutikum wirkt, bevor er es seinen Patienten verordnet. Beim direkten Beeinflussen chemischer Prozesse im Körper ist das auch möglich.

       Richtete man hingegen sein Augenmerk auf das Wiederherbeiführen außer Tritt geratener Harmonien, dann lassen sich derart simple Kausalzusammenhänge klinisch kaum entschlüsseln. Ein solches Wirken von Medizin bleibt geheimnisvoll.

      Gute und schlechte Medizin

      Der Indianer differenziert in seinem Medizinbegriff das Geheimnisvolle aber nicht hinsichtlich klinischer Applikationen oder irgendeiner anderen Anwendung. So nennt er schlechthin alles, das etwas bewirkt, ohne dass er versteht wie, geheimnisvoll und deshalb Medizin. Beispielsweise bezeichnet er den Whisky des Weißen Mannes als Medizinwasser, denn Whisky zeitigt für den Indianer in ihrer Ursache unverständliche Wirkungen. Manche Stämme nennen das Gewehr Medizineisen oder das Pferd Medizinhund. Auch von Medizinpfeifen, Medizinrädern, Medizinhüten, Medizinseen, Medizintrommeln u.Ä. ist bei verschiedenen Indianerstämmen die Rede.

       Natürlich gibt es in diesem Konzept nicht nur gute, sondern auch schlechte Medizin, und dieser Begriff bezeichnet keineswegs in erster Linie Medikamente mit schädlichen Nebenwirkungen. Wird jemand erschossen, dann war das Gewehr für ihn eine schlechte Medizin. Und das Missouridampfboot, das die am großen Strom ansässigen Indianerstämme nicht selten als große Medizin bezeichnen, hat gute und schlechte Qualitäten, je nachdem, wofür man es benutzt.

      Zu den traditionellen indianischen Heilweisen gehören verschiedene Reinigungsverfahren, schamanische Heilungsrituale oder auch Opferzeremonien.

      Differenziertes medizinisches Wissen

      Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die weißen Missionare und Ärzte den Indianern immer wieder ein äußerst primitives Medizinverständnis bescheinigten und deshalb das Fehlen jeglicher ärztlicher Befähigung unterstellten. Diese Missdeutung ist ein ähnlicher sprachlicher Irrtum, als würde ein Börsianer einen Anthropologen nach dem Kurswert des Neandertalers« befragen und ihn mangels einer für ihn verständlichen Antwort als primitiv einstufen.

       Die tatsächlichen Fakten liegen anders. Sowohl die nord- als auch die mittel- und südamerikanischen Indianer verfügten schon lange vor der europäischen Invasion über äußerst detailreiche und verfeinerte Kenntnisse der gesamten Heilkunde. Doch davon wird später noch die Rede sein.

       Zunächst möchte ich verdeutlichen, was ein Indianer unter Heilpflanzen versteht, denn um diese soll es im vorliegenden Buch in allererster Linie gehen. Auf andere indianische Heilmittel und Heilmethoden, wie Mineralstoffgaben, chirurgische Maßnahmen, Quarantäne, Desinfektions- und Hygienepraktiken, Geburtshilfe und ähnliche Dinge brauchen wir deshalb hier nicht näher einzugehen. Nur so viel sei gesagt: Von alledem hatten die Indianer schon solide Kenntnisse, bevor sie in der europäischen Medizin Allgemeingut wurden.

      Die Indianer betrachten ihre Heilpflanzen - und sie kennen deren Tausende - seit jeher nicht als tote Arsenale therapeutisch wirksamer chemischer Substanzen, sondern als Geschenke des Großen Geistes an die Menschen. Doch als solche sind sie keine

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