Guten Morgen, Leben!. Sandra König
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Es sind nicht die schwierigsten Positionen, die diese Glücksgefühle auslösen – weder die Krähe noch der Kopfstand. Es ist vor allem die innere Haltung, die regelmäßig Yoga praktizierende Menschen auch in schwierigen Situationen den Fokus auf das Wesentliche richten lässt. Teilweise unmöglich erscheinende Dehn- und Kraftpositionen werden immer wieder geübt. Und während wir ruhig atmen und uns achtsam bewegen, entdecken wir uns selbst und die Welt rund um uns herum völlig neu. Es ist faszinierend: Yoga lehrt uns zu akzeptieren, was wir nicht ändern können, und plötzlich sehen wir klarer und es öffnen sich neue Türen und Möglichkeiten. Was vorher selbstverständlich war, erscheint uns danach überholt. Was unmöglich umsetzbar erschien, trauen wir uns nun zu. Wo wir vorher unsere Schwächen gesehen haben, entdecken wir jetzt unsere Superkräfte. Und wir fühlen uns so gelassen und stark, dass wir auch ganz sanft und verletzlich sein dürfen. Und vielleicht fühlen wir uns nach einer Stunde auf der Yogamatte ohne erkennbaren äußeren Anlass richtig tief erfüllt und zum Weinen glücklich.
Yoga kräftigt, dehnt und streckt nicht nur den Körper, Yoga verändert auch den Fokus und lässt uns den Blick auf das Wesentliche richten.
Yoga baut tatsächlich Glücksinseln, auf die wir uns flüchten können. Und noch mehr: Diese Stärke und Ruhe hilft im Alltag. Das heißt nicht, dass Yogis durchs Leben schweben, sich nie wieder über Kleinigkeiten aufregen und diese – wie wir alle manchmal – zu großen Problemen dramatisieren. Aber Einheit und Frieden, diese morgendlichen Mini-Erleuchtungen, können dir zeigen: Aha, so kann sich das Leben also auch anfühlen. Einfach gut!
Es ist schwer zu sagen, was genau an Yoga diese magische Wirkung entfaltet – zu unterschiedlich und persönlich ist das, was jede/r aus ihrer/seiner eigenen Praxis zieht. Aber es gibt einige Anhaltspunkte:
1. Yoga macht achtsam
Volle Konzentration auf jede einzelne Bewegung und jeden Atemzug. Achtsamkeit setzt dem sorgenvollen Wirrwarr im Kopf ein Ende. Nach ein paar Minuten voller Konzentration auf deine Yogaübungen hörst du ganz von allein auf, Pläne zu schmieden, und durchbrichst unnötig rotierende Gedankenspiralen. Im Yoga gibt es nur das Jetzt, nur den Moment. Jede einzelne Bewegung und jede Position wird so aufmerksam wie möglich ausgeführt. Verlierst du den Fokus, verlierst du auch die Balance.
2. Unser Atem als Motor
In der yogischen Sichtweise spendet, transportiert und harmonisiert der Atem, Prana, die Lebensenergie. Kombiniert man den Atem mit der Bewegung, wirkt er wie ein Katalysator. Diese Verbindung zeigt sich auch in unserer Sprache: Dir stockt der Atem, wenn etwas Heftiges auf dich zukommt – sei es positiv oder negativ –, oder du atmest auf, wenn etwas Belastendes vorbei ist. Je nachdem was wir gerade brauchen, beruhigen wir mit unserer Atmung den Geist oder wir beleben ihn. Wir lenken damit unsere Lebensenergie.
3. Kannst du dich sehen?
Wenn du dich ganz in deine Yogapraxis vertiefst, beginnst du irgendwann, dich selbst zu beobachten. Dieser innere Beobachter ist unser bester Freund – das ist eine Wahnsinnserkenntnis! Denn dieser innere Beobachter hat auch eine Botschaft: Du bist deinen Gefühlen und Stimmungen nicht hilflos ausgeliefert. Deine Gedanken und Gefühle und du – das sind zwei unterschiedliche Baustellen. Auf der Yogamatte lernst du tatsächlich, einen Schritt zur Seite zu treten und dich aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Situationen, in die du dich normalerweise so richtig reinsteigerst, schrumpfen plötzlich zu Kleinigkeiten.
4. We are one!
Yoga bedeutet Einheit und Verbindung – zum einen unsere Verbindung nach innen, also die Einheit von Körper, Geist und Seele, zum anderen die Verbindung nach außen. Wie gefällt dir dieser Gedanke? Menschen, Tiere, Pflanzen – alles Lebendige – sind Einzelformen des Lebens, die gemeinsam ein harmonisches Ganzes bilden. Wie ein Puzzle, in dem jeder Teil gleich wichtig ist.
5. Alles ist schon da
Yoga macht Freude, und Freude ist der Stoff, aus dem wir gemacht sind. Der Kern unserer Existenz ist unser Bewusstsein. Manche nennen es die Seele, andere das »Göttliche« oder das »Licht« in uns. In der Yogalehre heißt es, dass dieser menschliche Kern in fünf »Körper« oder »Hüllen« eingepackt ist: die fünf Koshas. Die äußerste Hülle ist unser aus Nahrung bestehender Körper. Darunter liegt eine Hülle aus Lebensenergie, dann der Geist, darunter unser Intellekt und ganz nah am Kern schließlich meine Lieblingshülle – die Glückseligkeit. In der yogischen Sichtweise steckt das Glück in uns drin, es ist ein Teil von uns.
6. Herz über Kopf
Der Geist, Citta, ist die Stimme der Vernunft, unser Denken und Empfinden. Er wird im Yoga für fast all unser Leid verantwortlich gemacht. Denn Citta warnt uns vor Gefahren, schätzt Situationen ein und lässt uns Sorgen und Ängste fühlen. Das macht Sinn und schützt uns vor vielem. Aber die Yogaphilosophie besagt, wir sollen dieses Auf und Ab des Geistes nicht immer so ernst nehmen. Wir sind nicht, was wir denken und fühlen, und das Leben ist nicht immer das, was der Geist uns vorgaukelt. Egal was er dir einflüstern möchte: Du bist gut genug. Du darfst glücklich sein. Du musst nicht um Liebe kämpfen. Es ist viel mehr möglich, als du dir vorstellen kannst. Es lohnt sich, auf dein Herz zu hören.
7. Sich dem Leben hingeben
Man könnte meinen, Hingabe bedeute, so leidenschaftlich wie möglich zu leben. Aber sich hinzugeben heißt auch, dass wir unsere Ängste, festen Vorstellungen und auch Widerstände aufgeben dürfen – und akzeptieren, was ist. Das bedeutet nicht, dass du Dinge, die dich belasten und unglücklich machen, hinnehmen musst. Es bedeutet, dass du dich für dein Glück öffnen und zugreifen solltest, wenn es vor dir steht. Alles wird gut.
8. Loslassen und annehmen
Davon ist im Yoga oft die Rede. Spannungen, negative Gedanken – alles soll losgelassen werden. Ich habe mich so oft gefragt (vor allem am Beginn meines Yogaweges), wie das eigentlich gehen soll. Stress, Verspannungen und Schmerzen verschwinden nicht einfach, weil wir das jetzt möchten. Aber wir können die Idee ziehen lassen, immer sofort glücklich sein zu müssen, niemals Schmerzen haben zu dürfen und dass es uns nie schlecht gehen darf. Wenn wir wirklich von ganzem Herzen akzeptieren, was wir gerade nicht ändern können, sind wir schon einen wesentlichen Knoten im Kopf los. Loslassen bedeutet, alles bewusst zu spüren und auch den unangenehmen Seiten in uns liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken. Ehrlich anzunehmen, was ist.
9. Let love flow
Jede Minute, jede Stunde auf der Yogamatte ist ein Liebesbeweis an uns selbst. Wir nehmen uns Zeit für uns, achten auf jeden Atemzug, jede Bewegung und lassen alles andere mal beiseite. Und das Schönste ist: Je leidenschaftlicher wir dabei sind, desto mehr Liebe und Mitgefühl empfinden wir auch für die Welt rund um uns herum.
10. Der Gruß der Yogis
Namasté – der Gruß der Hindus drückt Respekt und den Wunsch nach Verbindung aus. Wörtlich übersetzt heißt er: »Verehrung dir!« Aber im Sanskrit sind die Worte noch vielschichtiger. Namasté steht für: »Das Licht in mir verneigt sich vor dem Licht in dir.« Oder auch: »Das Göttliche in mir verneigt sich vor dem Göttlichen in dir.« Anstatt die Unterschiede und das Trennende zwischen uns hervorzuheben, führen wir unsere Hände vor dem Herzen zusammen. Namasté.
»YOGA IST EINE REISE DES SELBST, DURCH DAS SELBST, ZUM SELBST.«
AUS