360° um die Welt. Wolfgang Machreich
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Bart ab, Kilos runter, Bücher weg
Tadschikistan ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Das Land wäre freilich noch um einiges lebenswerter, würde es nicht: a) zu den repressivsten Staaten der Welt zählen, b) im Demokratieindex auf Platz 161 unter 167 Ländern rangieren, c) zu den korruptesten Staaten der Welt gehören und d) gemäß Transformationsindex 2018 der Bertelsmann-Stiftung in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Leistungsfähigkeit des Staatsapparats neben Burundi zu den größten Verlierern zählen, da sich die autokratischen Tendenzen in den letzten Jahren verstärkten.
Doch es gibt auch Positives zu berichten: Nach langen Jahren des Misstrauens kommt die Aussöhnung zwischen Tadschikistan und Usbekistan in Gang. Man könnte angesichts der beiden autoritär regierenden Präsidenten auch sagen: Gleich und gleich gesellt sich gern. Wenn die Todesrate an der bis dato verminten Grenze zurückgeht, bringt diese strategische Partnerschaft aber auch den tadschikischen Viehhirten und Bauern ein wenig mehr an Sicherheit.
Marco-Polo-Schaf, das Opfer eines Trophäenjägers wurde.
Nicht entmint, sondern „entbartet“ hat man die Südgrenze zu Afghanistan. 2016 wurden die Bärte von 12.818 Männern aus dem Bezirk Chatlon „in Ordnung gebracht“, meldete der örtliche Polizeichef. Für diese „Haarpflege“ nahmen Polizisten die Männer auf Märkten und öffentlichen Plätzen fest und schickten sie zur Zwangsrasur. Tausende Frauen mussten ihre Kopftücher ablegen und Geschäfte, die keine „traditionelle tadschikische Kleidung“ verkauften, wurden geschlossen. Die Maßnahmen zielen darauf, die Ausbreitung des Islamismus zu verhindern. „Einen Hidschab zu tragen und eine Kultur blind zu kopieren, die uns fremd ist, ist kein Zeichen von hohen moralischen und ethnischen Standards einer Frau“, zitierte der Sender „Al Jazeera“ Präsident Emomali Rahmon. Ausländische Namen für Neugeborene hat er ebenfalls verboten.
Männlichen Bankangestellten riet der „Führer der Nation“ ihren Unterhalt lieber auf dem Bau zu verdienen. Die Bankarbeit würde besser zu Frauen passen und diese seien auch weniger anfällig für Korruption. Der Präsident verdächtigt nämlich männliche Bankmitarbeiter in krumme Geschäfte verwickelt zu sein, da sie sich trotz ihres geringen Gehalts von monatlich rund siebzig Euro jeden Tag die Mittagspause in teuren Restaurants leisten könnten.
Bei zu deftige Mahlzeiten müssen zu dicke Polizisten mit Entlassung rechnen. Die Polizisten hätten ihre angeordneten Sportübungen nicht gemacht und nicht abgenommen, zitierte die Agentur „Interfax“ das Innenministerium. Neben dem Polizeisport sind die Gesetzeshüter verpflichtet, mindestens einmal im Monat ins Theater zu gehen, um „ihr geistiges und moralisches Niveau zu steigern“. 2015 hatte der Präsident den Bau des größten Theaters in der Region angeordnet. Einige Jahre vorher eröffnete Tadschikistan bereits die größte Bibliothek Zentralasiens. Die staatlichen Regale gingen jedoch auf Kosten der Familienbibliotheken: Die Regierung forderte die Bürgerinnen und Bürger auf, ihre Bücher abzugeben.
Traditionelle tadschikische Kleidung
Sultanat Oman
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Omans Rennkamele gelten als die besten der Golfstaaten. Bis zu einer Million Dollar wird für die über 60 km/h schnellen Wüstenflitzer gezahlt. Damit die Einhöcker optimale Leistung bringen, werden sie mit Gerste, Milch, Honig und Datteln aufgepäppelt.
Fläche: | 309.500 Quadratkilometer, ein wenig kleiner als Polen |
Einwohner: | 4.636.000, ein Achtel der Bevölkerung Polens |
Ein Sultan für ewig
Oman ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Einer davon ist Abdullah. Er lädt ein Platz zu nehmen, Kaffee zu trinken und zuzuhören: „Gott wird ein neues Fass aufmachen“, ist Abdullah gewiss. Die Männer neben ihm am Tisch nicken. „Wir haben noch für 200 Jahre Öl“, ruft er schließlich aus, die alten Männer nicken wieder – „Inschallah, so Gott will!“
Schnelle und teure Tiere
Abdullah freut sich, dass er die Zeichen der Zeit erkannte und seinen Sohn zum Wirtschaftsstudium nach England schickte. Wenn er zurückkommt, wird er in einer Ölfirma arbeiten, ist der stolze Vater überzeugt – die alten Männer auch, sie nicken jedenfalls.
Der Tisch mit Abdullah und den Männern steht neben dem Tor zum Suk in der omanischen Hauptstadt Maskat. Im Unterschied zum Gesprächsthema riecht es im Eingangsbereich des orientalischen Marktes aber nicht nach Erdöl, sondern nach allerlei Gewürzen – und vor allem nach Weihrauch. Das begehrte Harz war der erste Exportschlager des Omans. Dann ist das Öl gekommen und hat aus dem Sultanat seit den 1970er-Jahren einen reichen Wohlfahrtsstaat gemacht. Doch der Erdölvorrat ist nicht unerschöpflich – und die Zuversicht Abdullahs teilen nur seine Freunde am Tisch. „Die anderen Golfstaaten ertrinken im Öl, wir müssen in die Gehirne, in unsere Ausbildung investieren“, sagt eine Geschäftsfrau am Nebentisch. Omanisierungs-Politik heißt der offizielle Begriff für diese Raus aus der Öl-Wirtschaftsinitiative.
„Gott weiß alles“, sagt Abdullah. „Gott kann man nicht betrügen.“ Abdullah redet viel. Und was er erzählt, ist interessant, fremd, ein wenig schräg, manchmal witzig – nur wenn Abdullah das Gefühl hat, dass jemand Falsches zuhört, dann hält er inne. „Ich kann hier Sachen sagen, die ich woanders nicht sagen kann“, meint ein Journalist und fügt hinzu: „Wie überall gibt es auch bei uns Regeln, aber innerhalb dieser Regeln ist man frei.“ Die Regeln lauten: Nichts Negatives über den Sultan berichten und nichts Negatives über die königliche Familie, keine Personalisierung, nichts Negatives über die Religion und keine Berichterstattung, die Nachbarländer provozieren könnte.
Oman ist eine Oase der Stabilität auf der Arabischen Halbinsel. Seit 1970 regiert Sultan Qabus bin Said. Nachdem er seinen Vater ins Exil putschte und eine kommunistische Revolte niederschlagen konnte, ist er Staatsoberhaupt, Regierungschef, Außen- und Verteidigungsminister sowie Oberbefehlshaber in einer Person. Und um diese Person ranken sich viele Geschichten – so viele wie die Zahl der Omani, mit denen man über den Sultan spricht. Einer, der es wissen muss, stellt klar: „Der Sultan ist geschieden und hat keine Kinder.“ Die Nachfolge sei trotzdem geregelt und gesichert. Oman wird auch nach Sultan Qabus eine Oase des Friedens bleiben. „Gott wird einen Nachfolger finden“, ist auch Abdullah überzeugt. Freilich, so einen wie Sultan Qabus hat es nie vorher gegeben, so einen wie Sultan Qabus wird es nie wieder geben: „Am besten wäre es, Sultan Qabus würde ewig leben!“
Sultan Qabus bin Said
Turkmenistan