Drei Erzählungen von Christiane Benedikte Naubert in einer Transkription von Sylvia Kolbe: "Die Warnerin. Eine Geschichte aus dem dreißigjährigen Kriege.", "Die weiße Frau" und "Herzog Christian von Eisenberg oder: das eisenberger Gespenst". Christiane Benedikte Naubert

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Drei Erzählungen von Christiane Benedikte Naubert in einer Transkription von Sylvia Kolbe:

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gar viel von mir mit ihm gesprochen, ist auch gar lang geblieben: was sie aber geredet, das wolt sie nicht sagen; that mir das Einige kund, daß Lilienström noch lebe, und nicht gestorben sey an seinen Wunden; ob er aber lebe auch für mich, das konnt sie nicht sagen, maßen ihn der König ausgeschickt nach dem Herzog von Lauenburg, der mit einem Theil des Heers noch zurück war, und den er, als ihm gar lieb, gern um sich haben wolt, zur Feyerung hiesiger Feste, indeß der Fritz beym Heer blieb.

      Bey mir begann jetzt Freude und Hoffnung sich neu zu beleben, und sagten mir die Leute, ich sey schöner als je, obschon ein wenig schmächtiger und zarter als wol sonst, wegen Krankheit und Grams, der mich auch wol sicher zu Tode gefördert hätte, ohne des Geliebten Leben.

      Wir Jungfraun aber, den König inniglichen verehrend, wie dann alle Welt that, ersannen der Dinge gar viel, ihm Freude zu machen: wolten nur nicht recht gelingen, weil das Hoflager aus lauter Männern bestand, und sich nichts mit Geschick unternehmen ließ, maßen die Gegenwart keiner Fürstin unser ungefordertes Erscheinen rechtfertigte. Mir lag sehr daran, dem König nahe zu kommen, weil mir etwas im Herzen saß, blos seine Person betreffend, das ich niemand entdecken wolt, selbst nicht der Lucarde; war ja kaum selbst darob mit mir eins!

      Wir blieben also mit unsern Anschlägen daheim, bis der Herzog von Lauenburg ankam, ach ohne Lilienström! – Es war aber solcher Herzog ein Lust- und Weltliebender Herr, der oftmals Tänze anstellte, und die Jungfrauen aus den alten Geschlechtern der Patrizier dazu lud. Ach wie oft hab ich da nach dem Abwesenden geseufzt! wie gern hätt ich ihn vertauscht um den Lauenburg, der allweg uns nahe war, so daß man nicht eins ohne ihn an den König kommen konnt, wozu mir auch, wenns zum Treffen kam, oft der Much gebrach.

      Es war aber der Herzog gar oft in unserm Hause, und darf ich wol sagen, daß die schöne Lucardis ihm gefiel, ungeachtet des kleinen Fehlers am Bein. Sie aber haßte ihn, wie die Sünde, und als wir ihn näher beobachteten, und die Stellung seines Gemüths gegen den König, so wie auch dessen gegen ihn, da, hatten wir seltsamer Gedanken gar viele, und manches ging mir auf, was seit Gustavs Anblick nur dunkel gelegen in meiner Seele. Es war das eben der innere Sinn, was aus einmal in mir wach ward, und den sie mir als einen Wahrsagergeist auslegen; wußt jetzt garwohl, was ich dem König sagen wolt, entdeckte aber niemand, ob ich schon schier des Nachts nicht schlafen konnt vor innerm Triebe den Helden zu warnen wegen heimlicher Feinde.

      Eines Tages, es war am heiligen Pfingsttag, recht am 30. May, als meinem Geburtstag, wie wir des Morgens aus des Docter Fabricii Predigt kamen, wo auch der König gewesen, da tritt der Herzog herein, und nachdem er die Mutter begrüßt, sagt er: Lustig, ihr Jungfraun! Es giebt heut ein Neues. Der König hat auf diesen Abend, nachdem er des Morgens fromm gewesen, einen Tanz bestellt, und soll es zwar, so will ich, ein Mummentanz werden, ob auch ihm dies zu weltlich scheinen möchte.

      Wir Jungfrauen wußten nicht, was ein Mummentanz sey, welches er uns dann begreiflich machte mit der Mutter Hülfe, die solcher neu hergebrachten Weise aus Welschland26 nicht unkundig war, vom kayserlichen Hofe; hat selbe jedoch Bedenken getragen, uns die Theilnahme zu erlauben, und haben wir erst, als der Herzog abgetreten, auf heißes Bitten Vergunst erhalten der gefährlichen Lust, nicht ohne Warnung und Lehre, welches ich der Mutter gar nicht verdenke.

      Kaum war der Lauenburg fort, so kam ein Page des Königs mit Einladung. Ich aber schreie laut auf vor Wunder, denn hier war abereins27 ein Bekannter, nämlich des Savelli Sohn, der sich von neuem an den schwedischen Hof gefunden.

      Eitel Dankbarkeit wär es, sagt er auf Befragen, das ihn wieder zu seinem königlichen Wohlthäter gebracht, und Sehnen nach besserer Zucht, als bey seinem Vater; mir aber mißdünkte28 hierob, und wolte mir nicht gefallen. Man durfte nur dem Buben in die kleinen, schwarzen, tiefliegenden Augen blicken, und des Mundes falschen Zug beobachten, um in ihm den künftigen Böswicht zu sehen, wenn nicht schon den gegenwärtigen. Mir wandelte allemal ein Grausen an, wenn ich ihn ersah, als sollt er einst in mein, oder vielleicht noch ungebornen Meinigen Geschick widrig verflochten werden.

      Daß seiner Tücke auch für die Gegenwart nicht zu trauen war, das sollten wir heut diesen Tag noch erfahren.

      Lucardis und ich, insgeheim schon über unsere Abendmummerey einig, gingen aus, einige Blumen zu kaufen zu unserm Anzug, maßen nach jetziger Weise sich keine Verlarvung schicken will, ohne Blumenschmuck. Ich brauchte deren gar viel, die Lucardis zu ihrem Geschäft einzig einen Mohnkranz. Und als wir zu dem Kunstgärtner in den großen Garten kamen, zeigt er uns, zunächst der Blumen, eine seltene persische Frucht, durch künstliche Hitze erzeugt jetzt im Frühjahr, da sie sonst im späten Herbst erst mit dem Wein reif wird, dem sie gleich ist an Saft und Süße, und ist solche ein großer, grünlich gelber, samitner Apfel, in der Mitte ein wenig gespalten, sanft mit lieblichem Roth schattirt, so daß Lucardis, die ein wenig leckerhaft ist, lächelnd sprach, ihr wäßere der Mund, von solcher Köstlichkeit etwas zu genießen. Und Jungfrau, erwiedert der Gärtner, dies kann leicht geschehen, heut diesen Abend. Hangen an diesem Ast solcher Aepfel sieben, auf Königs Tafel bestimmt: er wird euch einen reichen, als der schönsten, welches ich nicht darf, so gern ich auch möchte.

      Ey, entgegnet der junge Savelli, der uns heimlich gefolgt war, ob ihn schon Lucardis von sich getrieben, weilen er ihr einen Kuß angemuthet, den keine züchtige Jungfrau einem zwölfjährigen Knaben gestatten wird, besondere keinem solchen! Ey, Meister, schaut doch zu, wo sind denn die sieben? zähle ihrer nur fünf! – Und als der Gärtner ängstiglich umschaut, ohne zu finden, auch uns gar argwöhnisch ansieht, beginnt die junge Natter: Schaut nach bey mir, wenn ihr etwa mich verdächtig haltet, gethan zu haben nach Knaben Art; doch bitte ich, besucht auch die Jungfraun! Und haben sich, als der Gärtner halb scherzend solches that, zwei Stücken des köstlichen Obsts funden in der Lucardis Handsack29.

      Denkt euch unsre Beschämung, ihr Kinder! Hochanglühend vor Scham und Unmut, bezahlten wir des Meisters schwere Forderung, gern unsere Blumen dahinten lassend. Savellis Bub aber dehnt sich lachend an der hohen Lucardis hinaus, und bettelt den versagten Kuß von neuem, so daß wir eigen30 sahen, dies sey gewesen, ihr etwa zum Spott, ein Gaukelspiel von ihm aus der schwarzen Taschen, wobey man schier nicht allemal weiß, ob nicht der Böse sein Spiel habe.

      Wir entfliehen wollend, steht auf einmal der Lauenburg bey uns, vernimmt die Sache, bezüchtiget den Buben öffentlich der That, welches jener auch nicht leugnet, ist also die Lucardis gerechtfertigt, und sind uns unsere Blumen wieder worden. Hat auch der Herzog doppelt für den Savelli bezahlt und alles in einen Scherz verkehrt, wir aber haben deß wenig geachtet, und sind im Stillen des Anschlags noch fester worden, den wir des Abends ausführen wollten.

      Als uns der Herzog nach Hause gebracht, befragte er uns ob unserer Masken; lagen viele weiße Mäntel schon fertig für uns und die Schwestern, wie auch lachende Larven, alle einander fast ähnlich. Wir zeigten sie ihm, vorgebend, daß, mit solchem Spiel unbekannt, wir nicht, verlangten, durch irgend eins hervorgezogen oder zum Sprechen, genöthigt zu werden, welches den Herzog nicht gefiel, zeigt uns auch köstliche Verlarvung gar viel, so sein Diener bracht, und lehrt uns, wie die eine von uns sich als eine Schäferin, die andre als Nonne, jene als des Großtürken Gemal, diese als Hexe (oder Zauberin) zu gebehrden habe. Die vorletzte schien er nicht übel willens meiner Lucardis anzueignen, vielleicht gesinnet, ihr Soltan zu werden, so wie er die gar allerletzte mir darbot, fast mit Beleidigung sagend: Ich halte ja, Jungfer Fuggerin, ihr seyd deß etwas! und waren solche zwey letzte Mummenkleidungen schier die prächtigsten. Wir verschmerzten alles, blieben bey unserm Nein, unsere Blödigkeit vorschützend; blieben auch bey unsern einfältig lachenden Weißmänteln, als uns am ähnlichsten von Sinn und Gemüth, so daß er endlich von uns abließ, und nur die Mutter heftig anstrengend, darauf beharrte, uns einzuführen, welches sie ihm auch abgeschlagen, unter dem Vorwand, daß der Lucardis Brüder, beyde schon unter dem schwedischen Heer brave und mannhafte Leute, solches verrichten würden, darauf er also abgezogen mit seinem Savelli.

      Nun war uns aber kund worden, wie sich der Herzog vermummen wolt;

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