Meine Seele gehört dir. Lisa Lamp
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»Wenn zwei testosterongesteuerte Halbwüchsige ihre primitiven Konfliktlösungsversuche vor der ganzen Schule austragen, kann ich als Schulsprecherin nicht wegsehen. Stellt euch vor, jemand schaut sich euer inkompetentes Verhalten ab und wird auch zum Vollpfosten!«, verteidigte ich mich und setzte ein selbstbewusstes Grinsen auf, obwohl ich mich alles andere als das fühlte.
Alejandros Blick ließ meine Knie weich werden und ich spürte, wie mein Mund trocken wurde. Seine Augen strahlten mich an und seine geröteten Wangen ließen ihn verboten gut aussehen. Obwohl mein Verstand Alejo abgrundtief hasste, schien mein Herz das noch nicht begriffen zu haben. Es pochte in meiner Brust und ich verdankte es der Kälte, dass niemand sich fragte, warum ich plötzlich rot anlief.
»Entschuldigen Sie bitte, Eure Königliche Hoheit, dass wir keinen roten Teppich ausgerollt haben, als Sie uns mit Ihrer Anwesenheit beehrt haben«, konterte er und deutete eine Verbeugung an, die ihn wie einen Butler aus dem achtzehnten Jahrhundert wirken ließ. Fehlten nur noch der Anzug und die weißen Handschuhe.
Sein Gegner war schon längst im Hintergrund verschwunden und wieder mal hieß es Alejandro gegen Isabella. Auch wenn ich peinlichst darauf achtete, mich nicht in Alejos Nähe aufzuhalten, kam es zwischendurch immer wieder zu Auseinandersetzungen der unangenehmen Art. Selbst wenn ein Gespräch normal startete, endete es, wie gerade eben, in einer Katastrophe.
»Eure Hoheit?«, wiederholte ich angesäuert und bahnte mir einen Weg durch die Schüler, die mir bereitwillig Platz machten.
Sie erwarteten eine große Show und leider bekamen sie diese meist geliefert, wenn der Schulcasanova und ich uns gegenüberstanden. Das Lächeln auf meinen Lippen war verrutscht und nun zierte eine ausdruckslose Maske mein Gesicht, während es in meinem Hirn ratterte.
»Tut mir leid, dass nicht jeder wie ein Bauer spricht und Kleidung trägt, die mehr Löcher hat als ein Sieb. Wenigstens weiß ich, dass man seine Probleme auch ohne Mord und Totschlag beseitigen kann. Doch davon verstehst du sicherlich nichts.«
Meine Stimme klang schrill in meinen Ohren und meine Hände waren zu Fäusten geballt. Alejos Verhalten regte mich auf, noch schlimmer war jedoch, dass ich mich schon wieder auf eine Diskussion mit ihm eingelassen hatte. Wann würde ich endlich aus meinen Fehlern lernen? Das endete nie gut!
»Ich würde lieber nackt zur Schule kommen als in den Fetzen, die du Kleidung nennst, aber dann würdest du wahrscheinlich spontan erblinden, ungebumste Ziege«, schrie er und lachte zum Schluss lauthals, als er mein Zusammenzucken bemerkte.
In der Umgebung konnte ich einige Mädchen hinter vorgehaltener Hand kichern hören. Ich spürte einen Stich in meiner Brust und mein Herz setzte einen Schlag lang aus, bevor ich mich wieder gefasst hatte. Ich war achtzehn Jahre alt und noch Jungfrau. In der heutigen Gesellschaft ein Makel, aber es hatte sich einfach nie ergeben. Nichtsdestotrotz war das ein Punkt, der mich verletzen konnte, weil es mir aus Gründen, die ich selbst nicht verstand, unangenehm war. Alejo benutzte diesen Fakt immer wieder gegen mich, obwohl mir nicht klar war, woher er von meiner Jungfräulichkeit wusste. Hatte ich es irgendwem erzählt? Oder hatte ich mich mit meinen Reaktionen auf seine Angriffe selbst verraten?
Kapitel 3
Die Glocke, die den Beginn der ersten Stunde ankündigte, bewahrte mich davor, mein Gesicht zu verlieren und noch etwas sagen zu müssen. Schnell begab ich mich mit Emilia im Schlepptau auf direktem Weg ins Klassenzimmer, wobei ich den Blicken meiner Mitschüler gekonnt auswich. Wir hatten gleich zum Start eine Doppelstunde Englisch, in der wir heute die Arbeiten für unsere Präsentationen begannen, die über sechzig Prozent der Jahresnote ausmachen würden.
»Guten Morgen. Ich hoffe, Sie hatten ein angenehmes Wochenende«, startete Mrs. Bigelow die Stunde.
Sie war eine gute Lehrerin, auch wenn sie teilweise seltsam war. Nicht auf die Weise wie die anderen Lehrer. Sie war besonders seltsam. Als wären ihre langen, spitzen Fingernägel und die bunten Outfits noch nicht Grund genug, sie anzustarren, hatte sie dazu eine Tätowierung auf der Wange, die an einen Halbmond erinnerte. Neben Englisch unterrichtete sie noch Kunst und erklärte immer, dass ihr Körper eine Leinwand wäre, weshalb mich ihr schräges Auftreten nicht mehr wundern sollte. Sie schaffte es allerdings täglich, mich zu überraschen. So auch heute. Sie trug gelbe Schuhe, rosa Strümpfe, eine Jeanshose mit grünen Farbflecken und eine rote Bluse mit blauen Knöpfen. Ihr Outfit war ein modisches Desaster und hätte bei einem Epileptiker wahrscheinlich einen Anfall ausgelöst. Doch für sie schienen das Starren und die geflüsterten Beleidigungen vollkommen in Ordnung zu sein. Mit einem strahlenden Lächeln stand sie vor der Klasse und zog ihren Unterricht durch, ohne auf die Kommentare meiner Mitschüler einzugehen.
»Um optimal mit Ihrer Abschlussarbeit beginnen zu können, möchte ich Sie nun ...«, begann Mrs. Bigelow mit ihrer klaren Stimme.
Ein Klopfen unterbrach sie jedoch und Alejandro kam hinter der Tür zum Vorschein. Er trug wieder ein sauberes Shirt und hatte sich das Gesicht gewaschen, weshalb die restlichen Blutspuren verschwunden waren. Trotzdem war seine linke Wange leicht geschwollen und er humpelte ein bisschen, wodurch sich der Kampf vor wenigen Minuten erahnen ließ.
»Gonzalez, Sie sind zu spät«, polterte Bigelow los.
In vielen Unterrichtseinheiten war es in Ordnung, sich zu verspäten, wenn man eine gute Ausrede hatte. Bigelows Stunden waren keine davon. So schräg sie auch war, genauso hart setzte sie ihre Regeln durch. Es waren nicht viele, aber ihre Strafen waren geradezu drakonisch.
»Ich dulde dieses Benehmen nicht in meinem Unterricht. Nachsitzen!«, wütete die Lehrerin und schickte ihn auf seinen Platz.
Lässig ging Alejo in die letzte Reihe und warf sein Bandana auf den Tisch, als würde ihn die Situation nichts angehen. Gekonnt ignorierte er die verschränkten Arme, die bebenden Nasenflügel und die zusammengekniffenen Augen von Mrs. Bigelow. Er zwinkerte dem Mädchen, das den Platz neben ihm besetzte, zu und setzte sich auf seinen Stuhl.
Arroganter Scheißkerl!
»Wie bereits vor der unangebrachten Unterbrechung erwähnt, werde ich Sie nun in Paare einteilen. Sie müssen Ihren Partner nicht mögen, aber Sie müssen mit ihm zusammenarbeiten, um die Prüfung zu bestehen. Sie werden gemeinsam eine Note erhalten und nicht jeder für sich, damit das klar ist. Also gut, ich werde jetzt nach der Reihe je zwei Namen vorlesen und würde Sie bitten, zu zweit nach vorne zu kommen, um sich Ihr Thema bei mir abzuholen«, erklärte Bigelow, bevor sie sich hinter das Lehrerpult stellte und sich über die Namensliste beugte.
Die Schüler murrten unzufrieden, weil sie die Chancen schwinden sahen, in einem Team mit den eigenen Freunden zu landen. Auch ich verabschiedete mich von dem Gedanken, die Präsentation mit Em vorzubereiten, und betete, dass ich eine fleißige Partnerin abbekommen würde. Bigelow war nicht mit Absicht gehässig, aber irgendwie schaffte sie es immer, dass fast alle mit einem Partner ins Team kamen, mit dem sie kaum Zeit verbrachten.
»Olivia Stones und Patrick Pirez«, las Bigelow vor und das Paar erhob sich synchron.
Sie beschwerten sich nicht, also waren die beiden entweder befreundet oder hatten bis jetzt nicht viel miteinander zu tun gehabt. Noch drei weitere Paare wurden gezogen, ohne dass etwas Spannendes passierte, weshalb ich mich in meinem Stuhl zurücklehnte und mit meinem Stift spielte. Die Schüler, die noch keinen Partner hatten, verfolgten das Geschehen aufgeregt und jedes Mal konnte ich Seufzer von den Verbliebenen hören,