Meine Seele gehört dir. Lisa Lamp
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Alejo rieb sich übers Kinn und bewegte leicht den Kiefer, um zu testen, ob ich einen Schaden angerichtet hatte. Obwohl das völlig absurd war – ich war nicht annähernd kräftig genug, um seine Knochen zu brechen oder ihm einen Zahn auszuschlagen – blickte ich besorgt in seine Richtung. Mrs. Bigelow murmelte in ihren nicht vorhandenen Bart, dass sie die Teams nicht mehr verändern würde, und schickte uns in den nächsten Unterricht. Noch einmal hätte ich mich auch nicht getraut nachzufragen.
So schnell mich meine Beine trugen, rannte ich in den Kunstsaal. Ich war froh, vor den neugierigen Augen der Schüler flüchten zu können, die hinter meinem Rücken aufgeregt tuschelten. In wenigen Minuten würde ich Alejandro nicht mehr geschlagen haben, weil er ein beleidigender Schuft war. Stattdessen würde behauptet werden, dass er mit meinem nicht vorhandenen Freund geschlafen hat, ich gleichzeitig von ihm ein Kind erwarte und jetzt mit seiner neuen Flamme eine Beziehung starte. Und das war nur die Spitze des Eisbergs.
Kapitel 4
Kunst, das einzige Fach, das ich mir selbst ausgesucht hatte, gab mir die Möglichkeit, runterzukommen und allen Stress hinter mir zu lassen. Ich war froh, endlich vor meinem halb fertigen Bild zu sitzen und nahm mir fest vor, es heute noch fertigzustellen, um es anschließend zur Benotung freizugeben. Emilia war nicht mit mir im Kunstkurs. Alejo leider schon. Auch wenn er wieder einmal am anderen Ende des Zimmers saß, spürte ich seine Anwesenheit und seinen Blick, der mich zu durchbohren schien.
»Das hat ziemlich weh getan, Mujer«, säuselte er mir ins Ohr und ich zuckte zusammen, weil ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, dass er aufgestanden war.
Wie hatte er es fertig gebracht, die Distanz zwischen uns zu überwinden und sich hinter mich zu stellen? Vor Schreck rutschte ich ab und zog einen schwarzen Streifen, der eigentlich nur unter meine gezeichnete Brücke gehörte, quer über das Bild, während sich meine Nackenhaare aufstellten und ein Schauer über meinen Rücken lief. So ein Mist!
»Was soll das?«, zischte ich, wütend über die Reaktionen meines verräterischen Körpers und das verschandelte Bild.
Das würde ich selbst mit viel Fantasie nicht mehr retten können. Ich drehte mich zu Alejo um und legte den Kopf leicht schief, um seine Wange betrachten zu können.
Schön! Sie war noch gerötet.
Alejandros Oberkörper war meinem nun so nah wie lange nicht mehr. Er sandte eine angenehme Wärme aus und sein Duft erinnerte mich an den Wald, in dem ich als Kind immer gespielt hatte. Ich versteifte mich und lehnte mich nach hinten. Wenigstens konnte ich so ein wenig Abstand zwischen uns bringen, anstatt wie ein billiges Flittchen seinen Geruch aufzusaugen, der mein Gehirn vernebelte. Sein Blick wanderte über meine Figur und nahm jedes kleine Detail genüsslich auf. Ich war es gewohnt, dass Jungs mir hinterher sahen, hauptsächlich weil ich blond, blauäugig und wohl geformt war. Außerdem kam ich aus gehobenen Kreisen. Aber niemals hatte mich jemand so angesehen, wie Alejo es tat. Er war mir körperlich nahe, ohne mich zu berühren und versuchte nicht einmal zu verstecken, dass er mich begaffte. Seine Augen ruhten auf mir wie der Blick einer Schlange auf ihrer nächsten Mahlzeit. Als würde er mich mit Haut und Haaren verschlingen wollen.
Hitze stieg mir ins Gesicht und ich konnte fühlen, wie sich meine Wangen rötlich färbten. Alejandros Blick sorgte dafür, dass ich mich schön fühlte. Nicht auf eine schmutzige, nackte Weise, sondern auf eine gute Art. Das war schlecht! Für Alejo war ich nämlich nichts Besonderes, egal, was sein Blick sagte. Seine Taten sprachen eine ganz andere Sprache. Jedes Mädchen war bei ihm die Eine, bevor er die Nächste ansah.
»Warum musst du immer so sein?«, dachte Alejo laut und presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen.
Damit war der magische Moment verflogen und ich lächelte ihn spöttisch an, um Haltung zu bewahren. Keine Schwäche zeigen, sonst würde er sie gnadenlos ausnutzen und gegen mich verwenden. Er hatte schon genug Stoff, um mich regelmäßig auf die Palme zu bringen, da musste er nicht auch noch wissen, dass mein Körper regelrecht nach ihm schrie.
»Ach, wie bin ich denn immer?«, provozierte ich ihn weiter und grinste innerlich, dass seine Wange geschwollen war. Das geschah ihm recht.
Alejandro trat näher an mich heran, sodass nicht einmal mehr ein Blatt Papier zwischen uns gepasst hätte. Mein Blut raste und ich hatte das Gefühl, nicht länger atmen zu können. Meine Brustwarzen wurden hart, als Alejos Lippen meinem Gesicht gefährlich nahekamen. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper und ich erzitterte, als ich seinen Atem an meiner Schläfe spürte. Sanft liebkoste seine Zunge mein Ohrläppchen, bevor er mir ins Ohr hauchte.
»Du bist ein Miststück«, flüsterte er und küsste meine Wange liebevoll.
Meine Finger begannen augenblicklich zu jucken. Sie wollten um seinen Hals greifen, ihn erwürgen, seine Augen auskratzen, die Wangen bearbeiten oder die Bewegungen seiner starken Muskeln unter sich fühlen – ich meinte, meine Fingernägel in seine Muskeln bohren. So war es richtig.
»Mach, dass du wegkommst, Mistkerl! Und nimm deine dreckigen Pfoten von mir.« Mit aller Kraft stieß ich ihn von mir und schrie mir die Seele aus dem Leib.
Wütend funkelte ich ihn an, während er rückwärts stolperte, da er nicht mit einem körperlichen Angriff von mir gerechnet hatte. Am liebsten hätte ich ihn bespuckt, um meiner Wut noch mehr Ausdruck zu verleihen, aber zumindest diesen Drang konnte ich unterdrücken.
Alejo landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden und stöhnte schmerzerfüllt. Im ersten Moment musste ich schmunzeln und unterdrückte ein Kichern. Alejandro versuchte immer, mir zu zeigen, dass er der Boss war. Diesmal war ich jedoch schneller gewesen und hatte ihm gezeigt, wo der Hammer hing. Bedauerlicherweise schmiss Alejo beim Versuch, wieder aufzustehen, eine Leinwand um, was einen Dominoeffekt auslöste. Mehrere Bilder, die an der Wand zum Trocknen aufgestellt worden waren, fielen um und beschmierten den Fußboden mit Farbe.
Die folgende Szene war wie ein Autounfall, ein stark übergewichtiger, behaarter Mann ohne Shirt am Strand oder ein Kind, das über die Straße rennt, um einem Ball nachzujagen, während der Laster um die Ecke kommt. Ich wollte es nicht sehen, aber ich konnte einfach nicht wegschauen.
Wie in Zeitlupe sah ich, wie die Bilderrahmen mit einem schmatzenden Geräusch über den Boden rutschten und eine Leinwand einrissen, weil sich die Kante einer anderen durch die Mitte bohrte. Nach wenigen Sekunden sah das geordnete Atelier wie ein Schlachtfeld aus. Pinsel, die in einer Dose in der Ecke gestanden hatten, lagen im Raum verstreut. Einzelne Spritzer verdünnter Acrylfarbe zierten die Wand und kaum ein Bild stand noch auf seinem zugewiesenen Platz. Mir wurde augenblicklich schlecht und das Grinsen auf meinen Lippen war verschwunden. Das durfte nicht wahr sein.
»Was ist hier los? Wer ist für diesen Aufruhr verantwortlich?«, schrie Bigelow, die den Kunstkurs seit mehr als zehn Jahren leitete, laut und betrachtete mit bleichem Gesicht die zerstörten Gemälde.
In dem Durcheinander hatte ich ihre klackernden Schuhe nicht kommen gehört, doch nun betrat sie den Raum und starrte uns ungläubig an.
»Was habt ihr getan?«, verlangte sie zu wissen.
Ihre Stimme klang merkwürdig hoch und ihre Augen traten fast aus den Augenhöhlen, als sie das Chaos begutachtete. Ich sah, wie sie schluckte, und biss mir schuldbewusst auf die Unterlippe.
»Das war ein Versehen«, stammelte Alejo und rappelte sich wieder auf.
Auf seiner