Meine Seele gehört dir. Lisa Lamp
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»Emilia Anderson und ...«, begann Bigelow und spannte uns auf die Folter.
Obwohl ich nicht an Gott glaubte, fing ich zu beten an. Einen Versuch war es wert. Em griff unter dem Tisch nach meiner Hand und zerquetschte sie fast. Mein Herz raste und Adrenalin schoss durch meine Adern. Emilias Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in meine Handfläche, bevor sie erleichtert ausatmete. Zu erleichtert, beinahe erfreut. Kurz wallte Wut in mir auf, doch ich schluckte sie hinunter und versuchte, mich für sie zu freuen.
»Louis Marchand«, erklang die Stimme von Mrs. Bigelow und all meine Hoffnungen wurden mit einem Namen zerstört.
Mein Traum von einem Elitecollege brach zusammen, während meine beste Freundin grinste wie ein Honigkuchenpferd. Erst Freitag hatte sie mir erzählt, wie gut Louis aussah, wie lässig er ging und wie intelligent er war. In ihren Augen war er ein Wunderknabe. Ein Mann zum Heiraten. Die nächsten Wochen mit ihm arbeiten zu dürfen, musste sie auf Wolke Sieben schweben lassen. Ich sollte Em nicht böse sein, weil sie nicht protestierte, sondern freudig nach vorne lief und sich ein Thema abholte. Deshalb grinste ich in ihre Richtung und hoffte, dass ich ebenfalls mit einer guten Partie belohnt werden würde.
Doch lange konnte ich das Lächeln auf meinem Gesicht nicht aufrechterhalten. Die Zahl der Schüler verringerte sich drastisch, bis mit mir nur noch vier übrig waren und die Uhr zwanzig Minuten vor Unterrichtsende anzeigte.
Verzweifelt blinzelte ich die Tränen weg, die meine Sicht verschwimmen ließen. Hinter mir saß noch Elizabeth Jones. Sie war eine Cheerleaderin, die nur Mode im Kopf hatte und mit jedem schlief. Gerüchten nach zu urteilen sogar mit anderen Mädchen aus ihrer Clique. Aber sie ließ sich leicht beeinflussen, weshalb sie als Partnerin nicht allzu schlecht wäre. Zumindest könnte ich das Projekt allein machen und ihr einreden, dass sie eine Bereicherung gewesen war.
Fünf Sitzplätze entfernt saß Jonathan Rue. Ebenfalls ein Spitzensportler an unserer Schule, obwohl er ein Ass in Mathematik und Chemie war. Von allen Übriggebliebenen wäre er noch die beste Wahl, weil er freundlich und zuvorkommend war und mir zur Hand gehen würde. Nicht so gut wie Em es könnte, aber doch genug, um eine gute Gemeinschaftsnote zu bekommen.
Als letztes blieb noch Alejandro, der am anderen Ende des Raumes saß. Seine Lederjacke lag locker über seinem Stuhl, während er gelangweilt mit einer Zigarette spielte. Es wirkte, als wäre ihm egal, was hier passierte, und ich war mir sicher, dass er der schlechteste Helfer dieser Welt sein würde. Ob er überhaupt eine Ahnung von Literatur hatte? Wahrscheinlich nicht. Und von logischem Zusammenfassen oder offenen Präsentationen verstand er wohl ebenfalls nicht viel. Ich würde sowohl Elizabeth als auch Jonathan bemitleiden, wenn sie ihn als Partner bekommen würden.
»Isabella Sawyer«, fing Mrs. Bigelow an und mein Puls beschleunigte sich.
Meine Hände wurden feucht und ich begann zu zittern. Ängstlich versuchte ich, meinen Blutdruck zu beruhigen, und setzte ein gespieltes Lächeln auf, damit niemand sah, wie wichtig mir diese Sache war. Diese Arbeit würde über den Rest meines Lebens entscheiden.
»Alejandro Gonzalez«, hallte Bigelows Stimme durch den Raum und mein Herz stolperte.
›Nein! Alles, nur das nicht. Kann ich diesen Tag bitte nochmal starten und in meinem Bett liegen bleiben? Scheiß auf meine hundertprozentige Anwesenheit.‹
Das durfte nicht passieren. Jede Lehrkraft an dieser Schule wusste, dass Alejo und ich uns nicht ausstehen konnten und eine Zusammenarbeit unmöglich war. Genauso gut hätte man neben einem Pulverfass rauchen können. Glaubte Bigelow wirklich, es wäre klug, den kriminellen Primaten und die Schulsprecherin miteinander in ein Team zu stecken?
Alejo schien ganz meiner Meinung zu sein, denn auch er blieb auf seinem Hintern sitzen und machte keine Anstalten, sich unser Thema abzuholen. Die Schüler hielten erschrocken den Atem an und Emilias Augen waren schreckgeweitet. Mitleidig verzogen sich ihre Lippen, während ich ihr gequält entgegensah. Stille legte sich über den Raum und ich sah abwechselnd zwischen Bigelow und Alejandro hin und her. Niemand rührte sich.
»Ähm, muss das sein?«, feixte Alejo lachend, als hätte er den Ernst der Lage noch nicht begriffen.
»Stimmt etwas nicht, Gonzalez?«, wollte die Lehrerin lauernd wissen und betrachtete den Schüler durch ihre gigantische Brille, die ihre Augen wie eine Lupe vergrößerte.
»Ja. Ich will nicht mit der Prinzessin arbeiten. Sie ist immer so unentspannt«, erläuterte er wenig charmant und ich hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht, als ich sein angeekeltes Gesicht sah.
Die Art, wie er das Wort unentspannt betonte, ließ mich rasend werden vor Wut. Es hinterließ einen faden Nachgeschmack in meinem Mund und erinnerte mich daran, dass Mord bei manchen Menschen durchaus eine Option darstellen sollte.
»Das tut mir leid, dann sollten Sie sich darauf einstellen, den Kurs nicht zu bestehen«, meinte die Lehrkraft zuckersüß und mir rutschte das Herz in die Hose.
Ich durfte nicht durchfallen. Eine schlechte Note war eine Sache, aber den Kurs nicht bestehen? Meine Mom würde mich nicht nur enterben. Sie würde mich aus der Stadt jagen.
»Mrs. Bigelow, ich bin mir fast sicher, dass mein Dad es nicht gutheißen wird, wenn ich mit einem Kerl aus einer Gang, der offensichtlich Drogen konsumiert, mich vergewaltigen könnte und besser in der Jugendstrafanstalt aufgehoben wäre, zusammenarbeite. Daher bitte ich Sie, uns neu einzuteilen, auch wenn dadurch die Teams neu gemischt werden müssen«, versuchte ich, die Wahnsinnige zu überreden, aber sie schüttelte nur den Kopf, während sie die Augen verdrehte.
Um meine Worte zu bekräftigen, erhob ich mich und ging ein Stück vor, sodass ich vor dem Lehrerpult stand, um nicht durch den Raum schreien zu müssen. Alejo hatte sich ebenfalls zu uns bequemt, nachdem er seine Lederjacke übergezogen hatte. Vielleicht würde sie sich breitschlagen lassen, wenn wir ihr die Situation zivilisiert erklären würden.
»Genau Mujer, zieh die Mein-Daddy-ist-Anwalt-Karte, dann bekommst du sicher wie immer, was du willst. Aber selbst wenn nicht würde ich dich kratzbürstige Nonne nicht einmal anfassen, wenn du mir Geld dafür zahlen würdest. Wer möchte schon ein steifes Brett in seinem Bett?«
Autsch! Das hatte gesessen. Wie war das noch gleich mit dem zivilisiert gewesen?
Erst als ich den Knall hörte, den meine Hand, die auf seiner Wange aufschlug, verursachte, wurde mir klar, dass ich Alejo geohrfeigt hatte. Mitten im Klassenzimmer. Vor allen anderen Schülern und einer Lehrperson. Schockiert starrte er mich an, als ihm bewusst wurde, dass er den Bogen dieses Mal überspannt hatte und zu weit gegangen war. Aber auch ich riss erschrocken meine Augen auf. So ein Verhalten war ich von mir nicht gewohnt. Wut kochte in meinem Blut und meine Handfläche pochte unangenehm. Tränen schossen erneut in meine Augen und diesmal konnte ich einen einzelnen Tropfen nicht zurückhalten.
Alejo legte eine Hand auf seine gerötete Wange und ging entsetzt einen Schritt rückwärts, als hätte er Angst, dass es nicht die einzige Ohrfeige bleiben würde. Einige Schüler lachten verlegen und andere atmeten zischend ein. Die Spannung im Raum war fast greifbar und ich wollte am liebsten weglaufen. Wo war das Loch im Boden, wenn man es brauchte?
Peinlich berührt starrte ich in die Gesichter meiner Mitschüler. Von Belustigung bis zu tiefer Betroffenheit war jedes Gefühl in ihren Mienen vertreten. Sofort schämte ich mich in Grund und Boden. Ich konnte spüren, wie die Trauer in mir aufstieg und ich musste mich zusammenreißen, um nicht doch noch loszuheulen. Das Klingeln, das die Pause einleitete,