Da draußen im Wald. Ernest Zederbauer
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Ernest Zederbauer
DA DRAUSSEN
IM WALD
Ein Waldviertel-Krimi
ISBN 9783990402481
Wien – Graz – Klagenfurt
© 2014 by Styria Krimi in der
Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG Alle Rechte vorbehalten.
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Das Zitat auf S. 150 f. stammt aus: Der Jagdprüfungsbehelf, Österreichischer Jagd-und Fischerei-Verlag des N.Ö. Landesjägerverbandes, 1982, S. 383, Kap. »Jagdbetrieb«.
Lektorat: Prof. Rainer Lendl
Cover- und Buchgestaltung: Bruno Wegscheider
Layout: Hannes Strobl
Coverfoto: istockphoto/ioseph
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
Inhalt
1
Zum wiederholten Male stand sie auf, ging zum Fenster und starrte reglos in die satinglänzende Schwärze der Nacht. Schaute zum wiederholten Male auf die Uhr, wie in den Stunden zuvor. Es war drei Uhr früh und ihr Mann war noch immer nicht zurück. Es war nicht seine Art, die Abende im Gasthaus zu verbringen. Er spielte nicht, er trank nicht, er ging selten aus. Er war am späten Nachmittag noch einmal in den Wald gegangen, um nachzusehen, ob der Holztransporter schon da wäre. Deshalb hatte er sein Gewehr nicht mitgenommen, auch den Hund daheim gelassen. Sie stutzte. Warum eigentlich? Warum war er ohne den Hund gegangen, wo er doch so gut wie nie ohne ihn fortging? Und warum hätte am Sonntag der Holztransporter kommen sollen, er kam doch nie an einem Sonntag, oder? Heute war doch Sonntag, oder nicht? Sie wusste schon nicht mehr, was sie denken, woran sie glauben sollte.
Sie kehrte dem Fenster den Rücken zu, schlüpfte wieder unter die Bettdecke, versuchte zu schlafen, allein, sie konnte nicht. Knipste die Nachttischlampe an, begann ihre Gedanken neu zu ordnen. Immer mehr Fragen tauchten auf, immer mehr Zweifel machten sich breit. War er wirklich in den Wald gegangen? Sonntag war doch der einzige Tag in der Woche, den er sich freihielt. An dem sie vormittags für alle sichtbar das glückliche Ehepaar spielten, welches Arm in Arm zur Messe ging, unten im Dorf. Wo man ihnen Respekt zollte, dem Oberförster und seiner hübschen Frau, beide versehen mit dem Stempel der Ehrbarkeit. Sehen und gesehen werden, so lautete die Devise. Nur nicht auffallen, immer den Schein der Normalität wahren. Dem Dorftratsch keine Angriffsfläche bieten, zeigen, dass alles in Ordnung war. Es war doch alles in Ordnung, oder? Sie waren seit achtzehn Jahren glücklich verheiratet, oder etwa nicht?
Sie kannte all das Geraune, welches damals durch das kleine Dorf gegangen war, aus dem sie stammte, dem sie zugehörig war. Er war zwei Monate zuvor im Forsthaus eingezogen, oben am Berg, am Rand des großen Waldes, welcher der Herrschaft gehörte. Hatte damals den Posten des pensionierten Oberhuber erhalten, er, der fesche Forstingenieur aus der Stadt. Ein gestandenes Mannsbild, so wie die Bäume, die hier wuchsen. Alle Frauen des Dorfes hatten ihn umschwärmt, nicht nur Mädchen, sondern auch Verheiratete. Bald schon wurde gemunkelt, man hätte ihn mal mit dieser, mal mit jener gesehen, und als man einige Frauen zum Bäumchensetzen suchte, meldeten sich plötzlich mehr als üblich. Auch sie hatte sich gemeldet, die Tochter aus gutem Hause, deren Vater Direktor der Volksschule war und die es als Hauptschullehrerin eigentlich nicht notwendig hatte, sich in den Ferien ein paar Groschen nebenbei zu verdienen. Angefeindet war sie worden, damals, weil sie sich in ihn verliebt hatte und seine Nähe suchte. Gezischt und gezüngelt wurde im Dorf, Neid und Eifersucht fanden ihren boshaften Weg an die Oberfläche, wo man sich abends beim Milchhaus das Maul über sie zerriss. Mit ihren dreißig Jahren war sie doch eine »Überstandige«, die bisher noch keinen Mann gefunden hatte, die keiner nehmen wollte. Bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem sie ihn erstmals sah, war sie froh und glücklich gewesen. Ein junge Lehrerin in der nahen Stadt, eine attraktive Frau. Sie hätte jede Menge Gelegenheit gehabt, Männerbekanntschaften zu suchen, aber sie wollte sich nicht binden, wollte frei sein und ihrer Musikleidenschaft frönen, da sie ausgezeichnet Klavier spielte. Das war ihre Befriedigung gewesen,