Mala Sombra - Böser Schatten. José R. Brunó

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Mala Sombra - Böser Schatten - José R. Brunó

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man nicht unbedingt studiert haben musste, um sich ein Wissen anzueignen, für das andere Leute studieren mussten. Sie war von Beruf Laborantin und hatte sich im Laufe der Jahre auf Finger– und Faserspuren spezialisiert und hatte sich in Amerika zu einer Blutspuren-Analytikerin ausbilden lassen. Eine Sparte in der Forensik, unter der man sich in den achtziger Jahren in Spanien noch nichts vorstellen konnte. Laura Velasquez hatte sich der forensischen Wissenschaft verschrieben und ihre unersättliche Neugierde trieb sie immer wieder an, etwas Neues zu erlernen.

      Das Computerzeitalter hatte begonnen und man war plötzlich im Stande, Dinge zu tun, von denen viele Leute vor einigen Jahren, nicht zu träumen gewagt hätten. Fingerabdrücke konnten gespeichert werden und in wenigen Minuten mit den Abdrücken eines Verdächtigen verglichen werden.

      Die Katalanen hatten etwas Geld in die Hand genommen und der Gerichtsmedizin eine neue Heimat verschafft. Sie war jetzt nur noch einige Minuten vom Polizeipräsidium entfernt, an der Plaza d´Antoni Maura. Helle, freundliche Räumlichkeiten waren gebaut worden, und in der Pathologie wurden riesige Kühlhäuser angeschafft, die es den Gerichtsmedizinern erlaubte, Leichen einige Tage aufzubewahren. In der Regel musste ein Leichnam wegen der Seuchengefahr, speziell in den Sommermonaten, innerhalb von achtundvierzig Stunden eingeäschert werden.

      Am nächsten Morgen hatte sich Laura darangemacht, die Fingerspuren, die sie am Beil gesichert hatte, welches im Rücken des ermordeten Antonio Sanchez gesteckt hatte, auszuwerten. Es waren zwei unterschiedliche Abdrücke auf dem Griff des Beiles. Die einen waren von dem Opfer und die anderen waren zweifellos vom Täter, der sich keine Mühe gemacht hatte, irgendwelche Spuren zu verwischen. Die Fingerabdrücke wurden gespeichert und mit denen bereits in der Datenbank vorhandenen verglichen. Das Ergebnis war negativ, kein Treffer.

      Laura wunderte sich immer wieder, wie dumm sich Täter anstellten. Irgendwann, sei es bei der Beantragung eines Passes oder eines Ausweises, würde der Täter seinen Fingerabdruck abgeben müssen. In Spanien wurde in jedem Dokument der Identifikation der Fingerprint festgehalten.

      Eine Kollegin von Laura hatte inzwischen die Kleidung des Opfers akribisch mit einer Klebefolie abgeklebt, um eventuell fremde Fasern oder Haare zu finden. Vergeblich. Außer der großen »Zwei«, die der Täter offensichtlich mit schwarzer Farbe aus einer Sprühdose auf das Hemd des Opfers gesprüht hatte, gab es keine Spuren.

      ›Komisch‹, dachte Laura, ›wer oder was ist denn da die Nummer Eins? Offensichtlich hatte es einen Fall gegeben, von dem wir nichts wissen.‹

      Aus irgendeinem Grund wurde ein Ermittler des Departamento II ernannt. Er hieß Juan Medina. Eine zweite Mordkommission war gegründet worden, die sich ausschließlich mit Fällen der Außenbezirke rund um Barcelona kümmern sollte. Für die Innenstadt, für das Departamento I, war ihr Lebensgefährte Jóse Maria Cardona verantwortlich. Oftmals kam es zu Kompetenzrangeleien zwischen der ersten und zweiten Mordkommission, weil man sich nicht klar war, wo der Außenbezirk begann und wo der Innenbezirk endete.

      Laura mochte diesen Juan Medina, der das ganze Jahr ohne Stümpfe herumlief, nicht besonders. Medina war ein typischer spanischer Macho. Ein Besserwisser, der sich für unwiderstehlich hielt und Laura permanent irgendwelche Avancen machte. Juan Medina war ein Typ, der einige Tage mit ungewaschenen Haaren und dem gleichen Hemd herumlief. Er war nicht größer als ein Meter siebzig und schob einen kleinen Bierbauch vor sich her. Das Einzige, was seine Vorgesetzten allerdings an ihm schätzten, war sein messerscharfer Verstand.

      Die hübsche Laura war es gewohnt, Komplimente zu bekommen. Mit ihrer Körpergröße von ein-meter-siebzig, ihrer schlanken Figur und ihren langen, schwarzen Haaren war sie die Attraktion in der Gerichtsmedizin. Sie war der Grund, warum alle Kollegen so gerne ins Labor kamen.

      In den nächsten Tagen berichteten alle Tageszeitungen von dem Mord an dem pensionierten Comandante der Guardia Civil Antonio Sanchez. Schuldige waren längst ausgemacht, es waren die Separatisten der baskischen ETA, so glaubte man zu wissen. Aber die baskische Terrorgruppe bekannte sich immer zu ihren Taten. Bisher waren noch keine Bekennerschreiben eingegangen. Im Gegenteil, die Basken leugneten, mit der Sache zu tun zu haben.

      Inzwischen war die Obduktion abgeschlossen. Der Gerichtsmediziner hatte den Mageninhalt entnommen und ins Labor gegeben. Laura hatte sogar noch unverdaute Bohnen und Fleischrückstände feststellen können. Das würde bedeuten, dass sein Abendbrot noch nicht einmal gänzlich verdaut war, als der Tod eintrat. An Hand der Körpertemperatur und des Mageninhalts hatte der Gerichtsmediziner den Todeszeitpunkt auf zirka vier Uhr morgens festgelegt. Die Todesursache war die stumpfe Gewalteinwirkung auf den Kopf des Opfers. Die Schädeldecke war total zertrümmert.

      Der Gerichtsmediziner war sich sicher, dass der Täter das Beil in den Rücken des Opfers gerammt hatte, als es bereits tot war.

      In der Regel sollte sich eine Forensikerin nicht in die Ermittlungsarbeit der Polizei einmischen, aber nun war Laura neugierig geworden. Sie hatte mit Medina über die seltsame Nummer auf dem Rücken des Opfers gesprochen. Er hatte dem keine Bedeutung beigemessen.

      Laura entschloss sich, die überregionale Tageszeitung »El Mundo« aufzusuchen. Die Redaktion befand sich nur wenige hundert Meter entfernt. Sie brauchte nicht sehr lange, um im Archiv der Zeitung einen Fall zu finden, der vor etwa vier Wochen im Raum Tarragona passiert war.

      In dem Küstenort Cambrils, einige Kilometer südlich von Tarragona, wurde Anfang Februar eine Leiche ohne Kopf angeschwemmt. Die Ermittler hatten einige Wochen gebraucht, den Leichnam als den sechsundsechzig-jährigen Francisco Llompart zu identifizieren, einen pensionierten Guardia-Civil-Mann.

      Laura rief sofort die Kollegen in Tarragona an. Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie den Ermittler am Telefon hatte, der ihr etwas zu dem Fall sagen konnte. Für sie war nur relevant, ob das Opfer mit irgendeiner Nummer beschrieben war. Und tatsächlich, der Täter hatte seinem Opfer eine »Eins« mit einem scharfen Gegenstand, vermutlich mit einem Messer, auf den Oberkörper geritzt.

      Das war es, was Laura wissen wollte, jetzt ergab das Ganze einen Sinn. Hier war ein Serientäter am Werk, der möglicherweise noch eine offene Rechnung mit der Guardia Civil zu begleichen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass sich der Mörder gezielt seine Opfer aussuchte und sich nicht auf eine Provinz beschränkte.

      Spanien ist ein großes Land und was gerade in Barcelona passierte, konnte sich morgen im eintausend Kilometer entfernten Malaga wiederholen.

      Es waren drei Jahre vergangen und man schrieb bereits das Jahr 1984. Laura hatte fast täglich die überregionalen Zeitungen gelesen. Es gab seltsamerweise keine neuen Tötungsdelikte an Guardia-Civil-Beamten.

      Der Fall war in Vergessenheit geraten und zu den ungelösten Fällen gelegt worden. Selbstverständlich dachte Laura nicht mehr an die Geschichte. Täglich gab es neue Fälle und für die Ermittlungsarbeiten war die Polizei zuständig. In der katalanischen Metropole Barcelona gab es ausreichend ungeklärte Fälle, die es zu lösen gab. Die Aufklärungsquote für Kapitalverbrechen lag gerade mal bei 50 Prozent.

      UNBESTECHLICH

      Am Abend des fünfundzwanzigsten Mai musste Laura eine Erfahrung machen, die sie so schnell nicht vergessen sollte. Es war bereits neunzehn Uhr, als im Labor das Telefon schellte. Sie hatte sich bereits ihren weißen Kittel abgestreift, um in den wohlverdienten Feierabend zu gehen. In der Gran Villa hatte es einen Unfall mit Todesfolge gegeben.

      Eine Frau war die Treppe hinuntergestürzt, mehr wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Bei Unfällen mit Todesfolge musste zu jener Zeit immer die Polizei benachrichtigt werden, um festzustellen, ob nicht doch möglicherweise ein Verbrechen vorlag.

      Laura hatte sich mit einer Kollegin auf den Weg gemacht. Die dritte Etage

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