Träume - Spiegel der Seele, Krankheiten - Signale der Seele. Reinhold Ruthe
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der Träumende wird krank oder ohnmächtig und reagiert mit Angst;
der Träumende überlässt anderen die Arbeit und die Verantwortung;
der Träumende empfindet Reue und Schuld, aber er tut nichts;
der Träumende – wie der Mensch im Alltag – hält sich für klein, untauglich, hilflos und schwach. Er glaubt an seine Unfähigkeit und weicht dem Leben aus.
Worin besteht die Entstellung des Traumes? Freud spricht von der Traumzensur. Adler schreibt:
»Daraus aber folgt die wichtigste Funktion des Traumes, den Träumer auf einen Abweg vom Commonsense, vom Gemeinschaftsgefühl, zu führen … Im Traum begeht also der Träumer einen Selbstbetrug. Unserer Grundanschauung gemäß können wir hinzufügen: einen Selbstbetrug, der ihn angesichts eines Problems, für das sein Gemeinschaftsgefühl nicht ausreicht, auf seinen Lebensstil verweist, damit er das Problem diesem entsprechend löse. Indem er sich von der Wirklichkeit losreißt, die soziales Interesse verlangt, strömen ihm Bilder zu, die sein Lebensstil ihm eingibt.«4
Das heißt für uns:
Der Lebensstil spiegelt sich in den Bildern des Traumes wider. Es gibt keine Zensur.
Der Lebensstil drückt unbewusste, vielleicht neurotische und irrige Ziele aus, die der Nächstenliebe oder dem Gemeinschaftsgefühl zuwiderlaufen.
Der Träumer produziert Bilder, die einem grandiosen Selbstbetrug gleichen. Er phantasiert Möglichkeiten, um auf gemeinschaftsfeindliche Weise zu Lösungen zu kommen.
Und ein letzter Gedanke, wie Adler die unverstandenen Äußerungen des Traumes kommentiert: »Die Unverständlichkeit des Traumes, eine Unverständlichkeit, die sich im Wachen in vielen Fällen ebenso konstatieren lässt, wenn einer mit weit hergeholten Argumenten seinen Irrtum befestigen will, ist demnach Notwendigkeit und nicht Zufall.«5
Das Unverstandene ist das Unbewusste. Wenn jemand beispielsweise im Traum sich als Kind klein und hilflos im Bett liegen sieht, gibt er damit zu verstehen,
dass er nicht wie ein Erwachsener gefordert werden will,
dass er der Verantwortung ausweicht,
dass er lieber wie ein Hilfloser angesehen und behandelt werden möchte.
Traum und Lebensstil spiegeln im Schlaf wie im Wachen einen Menschen wider, der im verantwortlichen Zusammenleben Störungen und Fehlhaltungen aufweist.
Der Traum als Wunscherfüllung
Für Sigmund Freud sind Träume in erster Linie Wunscherfüllungsträume. Nach seiner Meinung sind Wünsche Erreger des Traumes. Über Kinderträume schreibt Freud:
»Das Gemeinsame dieser Kinderträume ist augenfällig. Sie erfüllen sämtliche Wünsche, die am Tage rege gemacht und unerfüllt geblieben sind. Sie sind einfache und unverhüllte Wunschvorstellungen.«6
Da Kinder in der Regel als unkompliziert und offen gelten, so Freud, offenbaren auch ihre Träume leichter als die Träume Erwachsener die geheimen Wünsche ihrer Seele:
Die Gedanken der Kinder, die im Traum zur Sprache gebracht werden, sind Wünsche, die in der Regel aus dem Tagesgeschehen zu erklären sind. Sie werden häufig mit intensiven Gefühlen ausgestaltet.
Auch in den Träumen Erwachsener sieht Freud die Wunscherfüllung am Werk. Sie träumen vom Trinken, weil ein nächtlicher Durstreiz sie quält. Oder sie träu- men von üppigen Mahlzeiten und vom Zuhausesein, wenn sie sich auf Expeditionen weit weg von zu Hause befinden.
Der Ratsuchende entwickelt laut Freud Widerstand gegen die Enthüllung seiner triebhaften, sexuellen Bedürfnisse.
Ich bin dagegen mit Alfred Adler der Meinung:
Die Wunscherfüllung, die es selbstverständlich im Traum gibt, ist nur eine der Möglichkeiten, nach Überlegenheit zu streben.
Das Streben nach Überlegenheit meint:
Der kleine Mensch will groß werden;
der Mensch mit Minderwertigkeitsgefühlen will stark und vollkommen werden;
der Mensch denkt und handelt zielstrebig, um Sicherheit, Erfolg, Wachstum und damit Überlegenheit zu gewinnen. Es ist ein gesundes, von Gott dem Menschen gegebenes Streben.
Dieses Streben nach Überlegenheit und Selbstentfaltung kann allerdings egoistisch entarten. Es kann zu einer unseligen Selbstverwirklichung, zu Macht- und Geltungsstreben werden. Wir sprechen dann vom Überlegenheitskomplex.
»Da jede seelische Ausdrucksform von unten nach oben, von einer Minussituation nach einer Plussituation sich bewegt, kann man auch jede seelische Ausdrucksbewegung als Wunscherfüllung ansprechen«, schreibt Adler.
Kinder wie Erwachsene sind häufig verwöhnte Menschen, die ständig danach streben, unbefriedigte Wünsche im Traum erfüllt zu bekommen.
So genannte Wunscherfüllungsträume bringen nicht in erster Linie unterdrückte Bedürfnisse zur Sprache (das kann sein), sondern artikulieren häufig unberechtigte Wünsche, die gegen das Liebesgebot verstoßen: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.
Diese unberechtigten Wünsche müssen durch ein soziales oder christliches Verhalten im Sinne der Nächstenliebe korrigiert werden.
Was Freud Wunscherfüllung nennt, charakterisiert Adler als eine Leitlinie, die aus einer Minussituation in eine Plussituation führt, den Menschen aus der Minderwertigkeit in die Überlegenheit bringt und den Träumer aus einer erlebten Unvollkommenheit in eine überideal formulierte Vollkommenheit befördert.
Lebensstil und Traum
Der Begriff des Lebensstils spielt in der therapeutischen Seelsorge eine große Rolle. Es ist eine der großen Entdeckungen Adlers, der damit den komplizierten Menschen besser verstehen will. Adler nannte seine Psychologie – im Gegensatz zu Freud – Individualpsychologie (Individuum heißt in seiner ursprünglichen Bedeutung das unteilbare Ganze).
Adler will den Menschen nicht zerteilen, sondern ihn in seiner unteilbaren Ganzheit verstehen. Der Lebensstil bedeutet für ihn:
die Lebens-Grundüberzeugungen, die ein Mensch in sich hat;
das Denkschema, mit dem der Mensch seine unbewussten Ziele ansteuert; – die Meinungen, die er über die anderen hat;
die Vorstellungen, die er von Gott, dem christlichen Glauben und dem Sinn des Lebens hat;
die private Logik, die er sich über Liebe, Arbeit, Freizeit, Genuss, Aktivität, Ehrgeiz usw. gebildet hat;
die subjektive Wahrnehmung, in der er Welt, Dinge und Menschen beurteilt;
das