Equinox. Dana Schwarz-Haderek
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Equinox - Dana Schwarz-Haderek страница 25
»Beides«, antwortete ich leise und versprach: »Nachher!«, denn inzwischen waren auch mein Vater und mein Bruder herangekommen, um mich zu begrüßen. Beiden umarmten mich gleichzeitig wie zwei große Teddybären, und ich bekam erst einmal keine Luft mehr. Sie ließen erst lachend von mir ab, als ich zappelnd versuchte, mich zu befreien.
»Kaffee, Tee und Kuchen?«, fragte meine Mutter lachend in die Runde.
»Oh ja, das klingt gut!«, antwortete ich und schaute glücklich zurück. Meine Familie war mein bekannter Hafen. Hier war immer alles gut und ich fühlte mich einfach nur wohl.
Daniel, mein Bruder, griff nach meiner Tasche und ächzte belustigt.
»Sag mal, kleine Eli, hast du Steine eingepackt?«, fragte er neckend. Er war zwar zwei Jahre jünger als ich, überragte mich aber um eine ganze Kopflänge und wirkte, muskelbepackt und athletisch, wie er war, bestimmt viermal so breit wie ich.
»Ich habe meinen Laptop dabei. Ich hatte gehofft, du könntest mir helfen, eine Skypeadresse einzurichten«, bat ich ihn indirekt.
»Huuuh, die kleine Schwester will skypen. Wie universitär! Kosmopolitisch! Gar weltoffen!«, foppte er mich breit grinsend.
Ich zog eine Augenbraue hoch und schaute ihn tadelnd an: »Haha, wie lustig …!
Typisch für ihn, er neckte mich eigentlich immer. Daniel war eine absolute Frohnatur, machte sich nie wirklich große Gedanken über irgendetwas und vertraute komplett darauf, dass sich immer alles günstig fügen würde. Meine manchmal zurückhaltende, stille Art, meine Liebe zu Büchern und meine generelle Vorsicht gegenüber riskanten Unterfangen dienten ihm zum Anlass, mich ständig liebevoll aufzuziehen. Daniel war eigentlich das gesamte Gegenteil von mir: extrovertiert, immer happy-go-lucky und völlig unbeschwert. Aber wir liebten uns über alles und könnten uns ein Leben ohne einander nicht vorstellen. Wie er wohl reagieren würde, wenn er erfahren würde, dass er neben meinem Vater nicht mehr der einzige wichtige Mann in meinem Leben war? Das würde vermutlich schwierig werden!
»Na, mal ernsthaft. Ich glaube, wir beide müssen nachher einen kleinen Ausflug machen und erst einmal Einkaufen fahren, Schwesterherz.«, meinte er nun in Planungsstimmung.
»Aha?«, antwortete ich fragend.
»Soweit ich weiß, ist dein vorsintflutlicher Laptop noch nicht einmal mit einer Webcam ausgerüstet, habe ich Recht?«
»Keine Ahnung«, gab ich offen zu. Wozu brauchte man denn eine Webcam? Ich wollte doch keine Videos drehen!
»Das sieht dir ganz ähnlich!«, lachte er nun wieder offen heraus. »Willst skypen ohne Webcam. Willkommen im einundzwanzigsten Jahrhundert, Eli! Skype unterscheidet sich von anderen Internettelefonprogrammen gerade davon, dass man seinen Gesprächspartner live sehen kann, während man sich unterhält.«
»Aaaahhh«, jetzt verstand ich. Von Computern hatte ich wirklich keine Ahnung. Aber ich hatte ja Daniel!
»… Oder willst du wen-auch-immer nicht sehen, wenn ihr euch unterhaltet?«, zog er mich auf.
Und ob ich wollte. Ich wurde augenblicklich rot. Na super. Ein besserer Zeitpunkt war ja kaum möglich. Ich hatte Glück, dass meine Eltern schon ins Haus gegangen waren. Daniels Grinsen wurde dagegen immer breiter.
»Oh ja!«, rief er sichtlich amüsiert! »Na, wenn du mir da mal nicht einige interessante Neuigkeiten im Ausgleich für die Skypeeinrichtung zu berichten hast! Meine kleine Schwester! Hahaha! … steht dir übrigens gut. Die rote Farbe im Gesicht, meine ich.«
Ich schaute ihn schmollend an. Noch ein Geständnisgespräch. Super! Wäre ich mal lieber in Leipzig geblieben!
»Schon gut! Ich verrate nichts. Wir fahren nachher zusammen nach Weimar und du klärst mich auf. Deal?« Jungenhaft verspielt hielt er mir die Hand zum Einschlagen hin.
»Okay. Deal!«, seufzte ich. Böse konnte ich ihm bei seinem herzerfrischend offenen Charme sowieso nicht sein.
Nach einem gemütlichen Kaffeetrinken mit frischgebackenen Pflaumenkuchen setzten sich Daniel und ich ins Auto unseres Vaters und fuhren nach Weimar. Wir bekamen alles, was wir benötigten. Und es gelang mir tatsächlich, meinen kleinen Bruder so über sein Training und seine Freunde auszufragen, dass keine Zeit mehr blieb, schon etwas über Robert verraten zu müssen. Als sein enthusiastischer Bericht über die nächsten bald anstehenden Wettkämpfe langsam verebbte, fütterte ich Daniel mit allerlei Wissenswerten und anschließend auch Nebensächlichen über mein Studium und das Leben in Leipzig.
Als wir wieder in die Straße unseres Elternhauses einbogen, kam er mir jedoch auf die Schliche und meinte lachend: »Naja, Schwesterlein. Sonst schnatterst du doch auch nicht ohne Punkt und Komma. Fühle dich mal nicht zu sicher. Du entkommst mir nicht! Ich will heute noch alles wissen!«
Zurück daheim halfen wir beiden unseren Eltern im Garten, bis es dunkel wurde und unser Vater zufrieden feststellte, dass nun der Winter kommen könne. Wir aßen gemeinsam Abendbrot und ich bemühte mich, nicht allein mit meiner Mutter zu sein, denn es reichte, wenn ich heute Abend Daniel noch Rede und Antwort stehen müsste. Morgen war auch noch ein Tag und da würde sich bestimmt auch eine Gelegenheit finden, mich ungestört mit ihr zu unterhalten.
Sobald der Tisch abgeräumt war, sagte Daniel: »Kommst du?«, und ging mir voran die Treppe zu seinem Zimmer hinauf. Die neue Webcam war schnell installiert und funktionierte einwandfrei. Daniel war bereits mit der Einrichtung einer Skypeadresse beschäftigt, als ich noch absolut nichts verstehend in der Bedienungsanleitung der Kamera herumblätterte.
»Die Anleitung kannst du beiseitelegen«, wies mich Daniel an. »Ich habe dir die Kamera so eingerichtet, dass sie mit allen wichtigen Anwendungen verknüpft ist. Du brauchst also nichts weiter tun, als einfach loszulegen.«
»Danke Daniel!« Ich war gerührt, mit wie viel Fürsorge er darauf achtete, mir so wenige technische Hindernisse wie möglich zu hinterlassen.
»Wie möchtest du denn heißen?«, fragte er über den Monitor gebeugt.
»Geht einfach nur Elisabeth?«, fragte ich unsicher und dachte an Roberts ausgewählten exotischen Skypenamen Equinox. Ob ich auch so ein wohlklingendes Pseudonym bräuchte?
»Klar, wenn Elisabeth noch nicht vergeben ist, kannst du deinen Namen beibehalten. Du solltest aber noch irgendetwas dazu nehmen, damit du nicht unverhoffte Spaßanrufe bekommst. Was hältst du von einem Sternchen vor und nach Elisabeth?« Ich nickte zustimmend. Sternchen waren immer gut. Er tippte eifrig auf der Tastatur und drehte sich dann triumphierend zu mir um: »Das hat geklappt! Herzlichen Glückwunsch Elisabeth, du bist jetzt *Elisabeth*.«
»Cool! Danke! Was muss ich jetzt machen?«, fragte ich konzentriert.
»Hast du einen Skypenamen von jemandem, mit dem du skypen möchtest?«, erwiderte Daniel.
»Ja, habe ich«, antwortete ich ihm.
»Na dann mal her damit. Lass uns mal schauen, ob dieser jemand online ist. Wenn nicht, kannst du ihm … ich vermute doch, es handelt sich um einen ihn, oder? … also, wenn nicht, kannst du ihm einen Anfrage schicken. Dann weiß er, dass du jetzt verfügbar ist.«
»Equinox«, sagte ich daraufhin.
»Equi … was?«, Daniel schaute mich mit fragend hochgezogener Augenbraue an.