Equinox. Dana Schwarz-Haderek

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Equinox - Dana Schwarz-Haderek

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schnappte mir den ersten Karton und ging in mein Zimmer. Nun ja, Zimmer, es war gerade groß genug für einen Schreibtisch, mein Bett, das auch zugleich meine Couch sein musste, eine Kommode und mein Bücherregal. Die Dachschrägen gegenüber vom Bett waren glücklicherweise durch Einbauschränke genutzt und boten somit genügend Raum, meine Habseligkeiten unterzubringen. Zusammen mit meinem kleinen Bruder Daniel hatte ich die Wände vor ein paar Tagen in einem zarten Lindgrün gestrichen, duftige Schals aus weißem Baumwollbatist wehten nun um das geöffnete Fenster und ergänzten sich lieblich mit den weiß lasierten Holzmöbeln und dem ebenso weiß lackierten Eisenbett. Ein wahres Mädchenzimmer, aber ohne überflüssiges Schi Schi. Ich stellte meine liebsten Bücher ins Regal, ein paar gerahmte Fotos der zu Hause zurückgebliebenen Familie dazu und packte den Inhalt meines Koffers in den Wandschrank. Viel hatte ich nicht eingepackt, Wäsche, ein paar Jeans, T-Shirts, nichts Aufregendes. Meine Mutter hatte mir einige Kissen aus verschiedenen grünen und weißen Stoffresten genäht, die ich auf meinem Bett verteilte. Zufrieden schaute ich mich um und stellte fest, dass nun alles wohnlich und gemütlich wirkte. So würde ich mich sicher wohlfühlen. Die Küche war bereits von Kristin mit allem Notwendigen bestückt und die wenigen fehlenden Dinge würden wir in den nächsten Tagen zusammen besorgen. Nachdem ich alles vorerst Notwendige an seinen zukünftigen Platz gebracht und verstaut hatte, nahm ich eine Flasche Wasser und ein Buch, sprang die Treppen herab, lief hinüber zu den vorhin entdeckten Bänken unter den Bäumen und begann zu lesen.

       2

      »Ist dir nicht kalt?«, fragte plötzlich eine warme, tiefe Stimme.

      Ich erschrak fürchterlich, denn wie immer, wenn ich las, hatte ich die Welt um mich vergessen und war eins mit der Geschichte, die sich mir Seite um Seite erschloss. Ich schaute auf und erblickte auf der mir gegenüberliegenden Bank einen jungen Mann, ein wenig älter als ich, groß, mit dunkelbraunem, fast schwarzem Haar und einem intensiven Blick aus wachen, belustigt blitzenden Augen, die mich musterten.

      Waren seine Augen grün? Ich konnte es nicht genau erkennen und wunderte mich gleichzeitig, worüber ich mir auf einmal Gedanken machte.

      Sein amüsierter, auffordernder Blick verärgerte mich ein wenig, lachte er mich etwa aus?

      Wer war er?

      Was hatte er gleich noch gefragt?

      Es gelang mir nicht, mich zu konzentrieren. Wie ärgerlich! Langsam merkte ich, dass ich ihn anstarrte und die Zeit, um angemessen zu antworten, längst abgelaufen war.

      »Wie bitte?«

      »Ich habe gefragt, ob dir nicht kalt sei«, wiederholte er sichtlich amüsiert.

      »Nein. Ja. Ein bisschen vielleicht. Habe die Zeit wohl vergessen«, murmelte ich errötend.

      Ob er da schon länger saß und mich beobachtete? Ich hatte sein Kommen überhaupt nicht bemerkt. Die vielen Fragen, die dieser Fremde in mir auslöste, verunsicherten mich.

      »Ich muss jetzt … es ist schon spät. Mach’s gut«, rief ich ihm zu und schnappte mir mein Buch und die Flasche.

      Als ich aufblickte, stand der Fremde plötzlich neben mir.

      Seine jähe Präsenz ließ mich schlagartig zurückweichen, ohne jedoch den Blick von ihm abzuwenden. Meine Knie gaben fast nach und mein Herz schlug mir ohne mir ersichtlichen Grund unvermittelt bis zum Hals.

      »Bist du immer so einsilbig?«, fragte er und schaute aus smaragdgrünen Augen auf mich herab. »Ich bin Robert. Bist du neu hier? Ich wohne in der Nähe und bin abends manchmal hier«, und deutete auf die Bänke unter den Bäumen, »Dich habe ich hier bisher noch nie gesehen.«

      Wow, diese Augen … mir war, als würde ich in ihnen versinken oder bis ans Ende der Welt blicken können. Seine Augen zogen mich in einen magischen Bann. Ein unbekanntes Kribbeln im Bauch ließ mich erschauern. Ich konnte nicht anders, als ihn, stumm wie ein Fisch, anzustarren. Meine Knie waren immer noch butterweich und ich hatte Mühe, meinen unsicheren Stand vor ihm zu verbergen. Allmählich dämmerte es mir, dass ich einen ganz schön dämlichen Eindruck bei ihm hinterlassen musste. Aber ich konnte einfach nicht aufhören, ihn anzusehen. Es war, als bestünde ich aus zwei Personen zugleich: die eine ertrank gerade in den tiefgrünen Augen des Fremden und … was hatte er gesagt? Robert, ja Robert war sein Name. Und die andere Hälfte von mir merkte recht deutlich, dass sich Menschen, die bei klarem Verstand sind, und zu denen zählte ich mich eigentlich gewöhnlich, deutlich zurechnungsfähiger benehmen sollten.

      »Elisabeth«, presste ich mühevoll zwischen meinen Lippen hervor.

      »Wie bitte?«, fragte er offensichtlich amüsiert über meine gequält wirkende Einsilbigkeit.

      »Mein---Name---ist---Elisabeth.«

      Mein Gott!, schoss es mir durch den Kopf, nun reiß dich mal zusammen! Mehr als ein angestrengtes Stammeln war mir nicht möglich. Und ich ertappte mich, dass ich ihm immer noch in seine so unglaublich grünen Augen schaute.

      »Ach so. Ein schöner Name! Also, bist du nun neu hier?«

      Immerhin, auch wenn ich bestimmt den Eindruck machte, nicht ganz normal zu sein, er hatte Geduld und blieb freundlich.

      Los, antworte endlich!

      »Ja, genau.« Na prima, so würde das Gespräch ziemlich schnell enden. Mein Verhalten signalisierte ihm ja nun nicht gerade übersprühendes Interesse an einer weiteren Unterhaltung. Mir schossen gleichzeitig tausend Dinge durch den Kopf, die ich gern hätte entgegnen wollen, aber meine Lippen blieben einfach verschlossen, als hätte ich keine Gewalt mehr über sie. Wie fremdgesteuert. Aber so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte ihm nur fasziniert in die Augen schauen und nichts sagen.

      »Hmmm. Wie gesagt, ich bin öfter hier. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder. Mach’s gut!« Er sah mich ein wenig traurig an, lächelte dabei charmant und ging gemächlich in die entgegengesetzte Richtung davon.

      Wie erstarrt stand ich noch immer da und sah ihm nach. Er drehte sich nicht um. Plötzlich merkte ich, dass ich sowohl mein Buch, als auch meine Flasche umklammert hielt, als hätte ich Angst vor plötzlichem Diebstahl. Lächerlich! Unwillig schüttelte ich den Kopf und ging dem Haus, in dem ich heute zum ersten Mal schlafen würde, entgegen. Als ich mich auf halben Weg noch einmal umsah, war er, Robert, schon verschwunden.

      Meinen Gedanken nachhängend schlich ich erneut die Stufen zum Dachgeschoss hinauf.

       3

      Schlaf fand ich kaum in dieser ersten Nacht in Leipzig.

      Heißt es nicht immer, dass das, was man in der ersten Nacht in einem neuen Heim träumt, in Erfüllung gehen würde? Nach kurzen traumlosen Momenten, in denen ich schlief, wachte ich auf, um sofort wieder an die Begegnung am Abend unter den Bäumen am Ende der Straße zu denken. Ich konnte mich an jedes Wort erinnern, das Robert zu mir gesagt hatte. Wie schön dieser Name klang, egal, ob man ihn aussprach oder nur dachte. Seine strahlend grünen Augen mit dieser unergründlichen Tiefe blickten mich in meiner Erinnerung wieder an. Oder schlief ich etwa und träumte von ihm? Mich hin und her wälzend wachte ich ein ums andere Mal auf.

      Gegen Morgen setzte ich mich, aus einem kurzen Schlaffetzen aufschreckend, unvermittelt auf und musste mir plötzlich eingestehen, dass ich ihn unbedingt wieder sehen wollte. Dieser Gedanke

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