Equinox. Dana Schwarz-Haderek
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»Ja, mal schauen«, zögerte ich.
»Ach komm schon, es soll die ganze Woche so weiter regnen,« sagte Theresa mit einem genervten Blick aus dem Fenster. »Da tut ein bisschen Ablenkung doch ganz gut!«
»Okay, einverstanden. Ich komme mit«, sagte ich, da ich nun bestätigt bekam, dass meine Pläne, jeden Abend den kleinen grünen Platz in unserer Straße aufzusuchen, in der stillen Hoffnung ihn zu treffen, endgültig durchkreuzt waren. Wenn das Wetter so bleiben sollte, brauchte ich dort nicht hinzugehen. Aber wenn es besser werden sollte … könnte ich immer noch absagen. Jedenfalls war gegen ein bisschen Ablenkung nichts einzuwenden, fand ich.
»Prima«, freuten sich Jason und Theresa gemeinsam. »Wir müssen nun los, mach’s gut, Elisabeth.« Bevor sie gingen, tauschten wir noch schnell unsere Telefonnummern aus, und dann waren sie auch schon weg.
Auf meinem Weg zur Bibliothek sah ich an der Eingangstür eines liebevoll gestalteten Kindergartens ein Schild hängen, auf dem ich las, dass Vorlesepaten für die Kinder gesucht würden. Da könnte ich mich doch melden, dachte ich mir. Denn Kinder hatte ich immer gern um mich. Meine Kleinen aus Exeter fehlten mir richtiggehend, als ich darüber nachdachte. Na, und Lesen … das war ja schließlich ich.
5
Die Woche schritt voran und der Regen hielt an. Am Donnerstagvormittag, als ich in der Bibliothek saß und Literatur für mein erstes Kurzreferat in einem Germanistikseminar in zwei Wochen zusammentrug, schien es, als wollten sich die Wolken etwas lichten. Hoffnung durchströmte mich mit einer derartigen Intensität, dass es mir fast unmöglich war, mich wieder auf meine Arbeit zu konzentrieren. Doch schon, als ich zur Mittagszeit aus dem modernen Bibliotheksgebäude heraustrat, war es wieder dunkelgrau und ich tappte tief enttäuscht meinem nächsten Seminar entgegen. Es schien, als würde sich das Wetter belustigt meiner Hoffnung auf einen regenfreien Abend in den Weg stellen, um mir ein ums andere Mal zu sagen, dass ich ein Dummkopf sei und nicht meinen unerreichbaren Träumen hinterherhängen sollte.
Ich war froh, dass ich meine Tage über das vorgeschlagene Maß hinaus mit Veranstaltungen vollgepackt hatte. Vorbereitung, Nachbereitung. Ich hatte zu viel zu tun, als dass ich häufig Raum für meine mittlerweile schon fast surreale Erinnerung an Robert hatte.
Nachts jedoch schlief ich kaum und versuchte, meinem sich rastlos drehenden Gedankenkarussell zu entkommen, während ich mich endlose Stunden im Bett hin und her wälzte.
Ich musste mir eingestehen, ich hatte mich in einen völlig fremden Menschen verliebt. Das erste Mal in meinem Leben überhaupt. Und nichts in meinem Leben war bisher je aussichtsloser gewesen als diese Liebe, die ich so deutlich und heftig wie körperlichen Schmerz empfand. Irgendwann, jede Nacht aufs Neue, schlief ich dann unter Tränen ein, mir der absoluten Hoffnungslosigkeit meiner Gefühle bewusst, nur um im Traum Roberts smaragdgrünen Blick wieder und wieder auf mir ruhen zu sehen.
Der Freitagmorgen verlief höhepunktlos und nachdem meine letzte Vorlesung der Woche vorbei war, hatte ich noch ausreichend Zeit, nach Hause zu gehen, bevor ich mich mit Theresa und Jason für die Studie und vielleicht auch für die Party in der Moritzbastei treffen wollte. Ein ums andere Mal ertappte ich mich dabei, meiner Versuchung nachzugeben, die beiden anzurufen und ihnen zu sagen, dass ich eine Erkältung hätte, nur um nicht mit zu müssen. Ich tat es dann doch nicht, denn noch mehr fürchtete ich, wieder allein zu Hause zu hocken und von meinen deprimierenden Sehnsüchten eingeholt zu werden. Ich brauchte definitiv Ablenkung, so viel stand fest. Sonst würde ich noch verrückt werden!
Unschlüssig stand ich wenig später vor meinem Kleiderschrank. Ich war nicht der Typ Frau, der sich gern aufbretzelte. Ich hielt es lieber schlicht und vor allem unauffällig. So verließ ich am Nachmittag das Haus in meinen altbekannten Bluejeans und einem einfachen dunkelblauen Shirt mit dreiviertellangen Ärmeln, alles gut versteckt unter meinem Parka, denn es regnete noch immer unaufhörlich. Meine dunkelblonden, lockigen Haare ließ ich einfach offen und Make-up trug ich sowieso nie.
Bevor ich mich mit Theresa und Jason traf, fiel mir der Kindergarten wieder ein, den ich am Montag entdeckt hatte. Da noch ausreichend Zeit bis zu unserem Treffen am Bahnhof war, beschloss ich, dort noch vorbeizugehen und mich als vielleicht neue Vorlesepatin für die Kinder vorzustellen. Auf meinem Weg dahin überlegte ich, ob die beiden eigentlich überhaupt erwähnt hatten, wohin wir zu dieser Studie gehen würden. Ich konnte mich einfach nicht an einen Ort erinnern. Egal, das war auch nicht so wichtig, sagte ich mir und klingelte an der Eingangstür zum Kindergarten. Ein junger Mann mit millimeterkurzen Haaren in dunklen Camouflage-Cargohosen und einem Wacken-T-Shirt öffnete mir und schaute mich amüsiert an. Meine Überraschung, einen Mann im Kindergarten anzutreffen, schien mir vermutlich ziemlich offen im Gesicht zu stehen.
»Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?«, frage er und fügte gleich, bevor ich antworten konnte, hinzu: »Viele sind überrascht. Aber glauben Sie es mir, es gibt immer mehr Erzieher.«
»Aha? Also, hallo, ich bin Elisabeth Bergmann und habe draußen gelesen, dass sie für die Kinder Vorlesepaten suchen.«
»Oh, das ist ja schön«, freute er sich und fuhr fort: »Ich heiße Johannes Winter. Dann bringe ich Sie mal zur Kindergartenleiterin, das ist Frau Weiße. Sie wird sich bestimmt freuen, dass sich endlich mal jemand auf den Aushang meldet. Also dann, einfach hinterher kommen.«, sagte er mit einer einladenden Handbewegung und verschwand in Richtung eines Treppenaufgangs. Das Büro war schnell gefunden und ich vereinbarte mit der Leiterin namens Susan Weiße für die nächste Woche am Dienstagnachmittag eine erste Vorlesestunde.
»Wie ist es mit den Büchern … ich habe eigentlich keine Kinderbücher mehr zu Hause, könnte aber sicher welche aus der Bibliothek besorgen …«, fragte ich sie indirekt.
»Nein, nein. Das ist nicht nötig. Wir haben neulich einen ganzen Karton voller neuer Bücher vom Goetheinstitut im Rahmen des Vorlesetages geschenkt bekommen. Die Kinder freuen sich darauf, erst einmal alle Bücher aus dieser Kiste kennen zu lernen.«
»Ach, das ist gut. Also dann, ich freue mich! Bis Dienstag«, verabschiedete ich mich und lief weiter zu meinem Treffpunkt mit Theresa und Jason am Haupteingang des Hauptbahnhofs. Ich musste nicht lange warten, denn ich stand kaum, als ich die beiden schon aus einer ankommenden Straßenbahn auf der Straße gegenüber springen und mir zuwinken sah.
»Hallo, du bist ja schon da!«, Theresa umarmte mich stürmisch und Jason nickte mir freundlich zu.
»Hi«, sagte er.
»Hallo. Wo gehen wir jetzt eigentlich hin?«
»Zum Deutschen Platz. Ziemlich cool dort. Es ist nicht weit von hier, etwa in der Nähe der Deutschen Nationalbibliothek. Wir können hinlaufen oder auch kurz mit der Straßenbahn fahren«, erklärte Theresa.
Da es gerade einmal nicht in Strömen regnete, sondern nur stetig vor sich hin nieselte, antwortete ich: »Wenn es euch nichts ausmacht bei diesem Wetter, können wir gern laufen.«
»Okay«, antworteten beide gleichzeitig und nahezu synchron setzten wir alle unsere Kapuzen auf, zogen sie tief ins Gesicht und liefen los. Unterwegs sprachen wir nicht viel, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und nach einer Weile rief Theresa: »Et voilà, da sind wir.«
Wir standen schon fast in einer Drehtür und gingen weiter ins lichtdurchflutete Foyer eines absolut imposanten Glasbaus. Wegen des Regens hatte ich mich auf unserem Weg hierher in den Tiefen meiner Kapuze versteckt und war leicht geduckt mit ständigem Blick auf meine Füße hinter Theresa