Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen. Markus W. Exler
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3. Ansatz- und Bewertungsvorschriften
Ausgehend von den Bilanzierungsgrundsätzen der Jahresabschlusserstellung nach Handelsrecht, unter der Berücksichtigung des am 29. 5. 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) und den international gültigen Regelungen der International Financial Reporting Standards (IFRS) für den Einzelabschluss, sollen die relevanten Ansatz- und Bewertungsvorschriften deutlich gemacht werden.
3.1 Bilanzierungsgrundsätze
Unternehmen sind gemäß § 243 Abs. 1 HGB verpflichtet, den Jahresabschluss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufzustellen. Diese sind aus der Bilanzpraxis heraus entwickelt worden und gelten als Generalklauseln. Einzelne mit dem Bilanzansatz im Zusammenhang stehende Sachverhalte, die aus dem Handels- oder auch Steuerrecht explizit nicht aufgegriffen werden, müssen über eine deduktive Interpretation der GoB gelöst werden.
Die „International Accounting Standards“ (IAS) werden vom „International Accounting Standards Committee” (IASC) entwickelt, dessen Zweck darin besteht, ein einheitliches Regelwerk weltweiter Rechnungslegungsstandards aufzubauen. Im Anschluss an die Umstrukturierung des IASC hat das neue Board als eine seiner ersten Entscheidungen im April 2001 das IASC in „International Accounting Standards Board“ (IASB) und die IAS mit Blick auf künftige internationale Rechnungslegungsstandards in „International Financial Reporting Standards“ (IFRS) umbenannt (IAS-VO.7).
Analog zum § 247 HGB „Inhalt der Bilanz“, ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln, ist das auch der kommunizierte Anspruch der IFRS nach IAS-VO.9, mit seiner Anwendung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu vermitteln. Für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. 1. 2005 beginnen, stellen kapitalmarktorientierte Gesellschaften ihre konsolidierten Abschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards auf, wenn deren Wertpapiere (§ 2 Abs. 1 WpHG) zu einem geregelten Markt zugelassen sind (IAS-VO.A4).
Als wichtige Rechtsquellen für Aktiengesellschaften und des Kapitalmarktes gelten das Aktiengesetz (AktG), das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Börsengesetz (BörsG), das Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) sowie das Publizitätsgesetz (PublG). So verpflichtet bspw. der § 5 PublG „Aufstellung von Jahresabschluss und Lagebericht“ die Unternehmen zur Aufstellung eines Jahresabschlusses, bestehend aus Bilanz, GuV-Rechnung, Anhang, Kapitalflussrechnung, Eigenkapitalspiegel sowie einem Lagebericht, in dem auch auf die einschlägigen Bestimmungen des HGB verwiesen wird.
Für inhabergeführte Unternehmen, also diejenigen, die nicht an der Börse notiert sind, gelten in Deutschland seit dem in Kraft treten zum 29. 5. 2009 entsprechend adaptierte internationale Rechnungsstandards, die nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) im Zusammenhang mit der Erstellung von Jahresabschlüssen zur Pflicht gemacht werden. Demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass der Entwurf eines internationalen Rechnungslegungsstandards für kleine und mittelgroße Unternehmen, sog. IFRS für KMU, für die Entwicklung des Handelsrechts vorerst keine Rolle mehr spielt.
Grundsätzlich soll mit dem BilMoG für die Kapitalgeber eine transparentere Gestaltung, die wesentlich stärker ihren Informationsbedürfnissen gerecht werden, erreicht werden, da sich das HGB in seiner bisherigen Fassung mehrheitlich dem Primat des Gläubigerschutzes unterzieht. Die vielen Wahlrechte und die eher großzügigen Möglichkeiten zur Bildung von Abschreibungen haben den Jahresüberschuss und damit die Möglichkeit der Ausschüttung reduziert. Nicht davon betroffen ist die Erstellung der Steuerbilanz, für die seit 1874 auf der Basis des Maßgeblichkeitsprinzips im EStG die handelsrechtliche Rechnungslegung, in Verbindung mit einer „Anpassungs- bzw. Überleitungsrechnung“ zur Bestimmung der Steuerschuld herangezogen wird.
3.1.1 Grundsätze nach HGB/EStG
Der unter dem Primat des Gläubigerschutzes wohl wichtigste Bewertungsgrundsatz verdeutlicht als das in § 252 Abs. 1, Nr. 4 HGB gefasste Vorsichtsprinzip die Gestaltungsabsicht der handelsrechtlichen Rechnungslegung. In der Ausprägung des Realisationsprinzips werden am Abschlussstichtag – Stichtagsprinzip – nur diejenigen Gewinne ausgewiesen, die auch tatsächlich realisiert worden sind. Das gilt insb., wenn entsprechende Markt- oder Börsenwerte einen höheren Wert realisieren ließen. Demnach ist in einem handelsrechtlichen Einzelabschluss nicht möglich, in der Gewinn- und Verlustrechung Gewinn erhöhende Erträge zu buchen.
Umgekehrt entsteht aber aus der Interpretation des Imparitätsprinzips die Pflicht eines Verlustansatzes mittels Aufwandsbildung in Form von Abschreibungen (Aktivseite) und Rückstellungen (Passivseite), auch wenn sich der Verlust aufgrund niedriger Markt- oder Börsenpreise nur androht. Eine tatsächliche Realisierung des Verlustes muss nicht eingetreten sein, ein drohender reicht schon aus. Grundsätzlich anders ist der Sachverhalt im Zusammenhang mit den internationalen Ansatzvorschriften des Sachanlagevermögens nach IFRS, bei einer Folgebewertung. Bei entsprechend höheren Marktpreisen ist der Ansatz eines höheren Wertes möglich, was als „Fair Value“ charakterisiert wird.
Abgeleitet von dem Grundsatz der Vorsicht ist die Erfolgswirkung handelsrechtlicher Bewertungsansätze im Interesse der Gläubiger, die primär an der Rückzahlung ihres Kapitals interessiert sind. Dies wird ermöglicht durch die, im Vergleich zu den Abschlüssen nach EStG oder IFRS, tendenziell großzügigere Gestaltung zur Verlustbildung in Form vielfältiger Inanspruchnahme von Wahlrechten, welche über die Aufwandsbildung den Jahresüberschuss senkt. Die Folgewirkung ist eine verminderte Ausschüttungsmöglichkeit an die Anteilseigner. Für das Management bedeutet die nicht abgeflossene Liquidität, die Wahrnehmung eines größeren Handlungsspielraumes und dementsprechend Investitionen in renditeträchtige Objekte vornehmen zu können.
Auch langfristig agierende Investoren werden daran Gefallen finden, wenn die vorhandene Liquidität nicht ausgeschüttet wird. Sinnvolle Erweiterungsinvestitionen und eine solide Assetallokation (Zusammensetzung der Aktiva zur Renditeerzielung) tragen langfristig zu einer Steigerung des Unternehmenswertes bei. Pro Geschäftsperiode wird in Summe vielleicht weniger ausgeschüttet, aber die Gewährleistung einer stabilen Gewinnbeteiligung, verbunden mit der Gewinnmitnahme bei der Veräußerung der Anteile, die dann über eine Wertsteigerung der Kapitalanteile erreicht wird, wird die Beteiligung interessant erscheinen lassen. Diese Überlegung ist natürlich im Wesentlichen nur für börsennotierte Unternehmen interessant, da die Anteile aufgrund ihrer Fungibilität und des Vorhandenseins eines organisierten Marktplatzes problemlos erworben und veräußert werden können.
Weitere Bewertungsgrundsätze sind in den §§ 252 Abs. 1 Nr. 1 ff. HGB festgelegt. Der Grundsatz der Bilanzidentität verdeutlicht den Zusammenhang zwischen der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres, die mit der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen muss. In den obigen Kapiteln wurde diesem Sachverhalt buchhalterisch mit den relevanten Eröffnungsbilanzbuchungen über das Eröffnungsbilanzkonto begegnet, um die entsprechenden Bestandskonten mit den neuen Daten der aktuellen Geschäftsperiode belegen zu können.
Unter dem Going-Concern-Prinzip bzw. unter dem Grundsatz der Unternehmensfortführung wird bei der