Er, Sie und Es. Marge Piercy

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Er, Sie und Es - Marge Piercy

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denk an eine Rose.«

      »Eine Rose ist eine Blume, die mit einer Reihe von essbaren Früchten nahe verwandt ist. Ihre Hagebutten werden manchmal als Suppe oder Gelee gegessen, aber normalerweise wurden sie in der Vergangenheit von Vögeln geerntet. Rosen sind ein übliches Geschenk, um Zuneigung zu zeigen. Sie besitzen Farbe, Duft, Form –«

      »Hast du je eine Rose gesehen?«

      »Im Lexikonprogramm.«

      »Ich meine eine richtige Rose.«

      »Nein.« Es gelang Yod, mit seiner tiefen Stimme Bedauern nachzuahmen.

      »Rosen wachsen auf der Südseite dieses Gebäudes, alte Rosenstöcke, rot und rosa. Hast du sie nie bemerkt?«

      »Ich habe noch nie die Außenseite dieses Gebäudes gesehen.«

      »Du bist noch nie aus dem Labor herausgekommen?«

      »Ich bin in Avrams Wohnung gewesen, bevor Gadi zu Besuch kam. Fast jede Nacht gehe ich ins Kellergeschoss, wo Avram eine Sporthalle eingerichtet hat. Dort übe ich mit Gimel meine asiatischen Kampfsportarten. Er reicht aus, um mir die Herausforderung zu bieten, die ich von einem menschlichen Partner nicht bekommen könnte.«

      »Aber du warst noch nie draußen?«

      »Noch nie. Avram sagt immer, ich bin nicht bereit. Kannst du mich bereitmachen?«

      »Ich glaube nicht, dass du je bereit sein wirst, wenn wir im Labor bleiben. Ich werde dich gleich jetzt mit hinausnehmen, in mein Haus.« Ihr kam der Gedanke, dass Avram wütend sein würde, aber sie musste auf ihre eigene Weise vorgehen. »Also, auf der Straße haben wir nur zwei Block weit zu gehen – du weißt, was ein Block ist?«

      »Der Plan der Stadt befindet sich in meinem Gedächtnis.«

      »Solange wir draußen sind, gehst du neben mir und hältst deinen Mund.«

      Yod schloss fest den Mund, als müsse es einen großen Happen drinbehalten.

      »Ich meine das nicht wörtlich. Ich meine, du sollst zu niemandem etwas sagen außer Hallo, wenn du direkt angesprochen wirst. Wenn ich dich vorstellen muss, heißt du … Yod Oblensky. Du bist ein Vetter von Avram. Ansonsten überlässt du das Reden mir. Hast du verstanden?«

      Es grinste so breit, dass sein Gesicht aufzuplatzen schien. »Danke, Shira. Ich habe mich danach gesehnt hinauszugehen. Ich denke jeden Tag daran. Ich habe sogar erwogen, heimlich auf eigene Faust zu gehen, aber Avram schließt mich ein, und ich bin nicht geneigt, das Schloss aufzubrechen.«

      »Könntest du das denn? Es ist ein Hochsicherheitsschloss.«

      »Ich könnte es aufbrechen.«

      Sie war erschreckt von Yods Geständnis, dass es daran gedacht hatte, sich Avram zu widersetzen. Sie hatte immer gemeint, ein Roboter könne sich nicht widersetzen. Letztlich hatte es das auch nicht getan, aber dass es eine solche Möglichkeit überhaupt in Erwägung ziehen konnte, erstaunte sie. Sie musste schnellstens herausfinden, ob seine angebliche Fähigkeit, neue Situationen zu meistern, tatsächlich vorhanden war, und ob es in einem Maße lernfähig war, das über das Sammeln und wieder Ausspeien von Fakten hinausging. Yod mit hinauszunehmen war ihr erster Schritt im Erkunden seiner wahren Möglichkeiten.

      Wie sie erwartet hatte, waren zu dieser Vormittagszeit wenig Menschen auf der Straße. Das zweite Drittel eines normalen Arbeitstages war angebrochen, und sogar Leute, die in Schichten oder früh oder spät arbeiteten, waren alle an ihrem Arbeitsplatz. Die Kinder waren in Tagesstätten oder in der Schule. Nur ein Reinigungsroboter kam die Straße entlanggeklappert, hielt immer wieder an, um Abfall aufzuheben und zu fegen.

      Als das Gerät in ihre Nähe kam, schoss es vor, um Unrat aufzuspießen. Sofort stürzte sich Yod darauf, packte es, schmetterte es gegen die Bordsteinkante. Der Bordstein zersplitterte unter dem Aufprall. »Yod! Das ist ein Straßenkehrer. Komm. Schnell. Ich möchte das nicht erklären müssen.«

      Yod beugte sich über den zertrümmerten Apparat. »Es hätte eine Bombe sein können. Jetzt verstehe ich. Ein Reinigungsapparat?«

      »Wie fühlst du dich, wenn du so einen Apparat siehst? Fühlst du eine Art Verwandtschaft?« Sie musste drauf und dran sein, ihren Verstand zu verlieren, eine Maschine zu fragen, wie sie sich fühlte.

      Yod stand auf und ging zu ihr. Wenn es sich nicht im Sicherheitsmodus befand, bewegte es sich mit erstaunlicher Grazie. »Fühlst du eine Art Verwandtschaft, wenn du Tilapia isst?«

      »Warum sollte ich?«

      »Du bist biologisch mit diesem Fisch so nah verwandt wie ich mechanisch mit diesem Reinigungsroboter. Vielleicht sogar näher.«

      Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Da hast du mir ja schön den Kopf zurechtgesetzt, was?«

      »Zurechtgesetzt?« Behutsam griff es an ihre Schläfen. »Sitzt er denn nicht richtig?«

      »Ich habe metaphorisch gesprochen. Du sollst gar nichts zurechtsetzen. Geh einfach weiter, bitte.«

      Das Cyborg reckte den Hals und spähte umher, plötzlich schoss es herum, um die Straße hinter ihnen zu mustern. Unvermittelt sprang es in Angriffsstellung.

      »Du wirst lernen müssen, Metapher und Vergleich anzuwenden, Yod, wenn du dich jemals halbwegs menschlich anhören sollst. Übrigens, das ist ein Hund. Das ist kein Kampfhund, der angreift. Das ist ein Spaniel und er tut mir nichts.«

      »Dieses Gleichsetzen von ungleichen Dingen auf eine Weise, die andeutet, dass eine gewisse Gleichartigkeit wichtig ist, verwirrt mich.« Widerwillig wandte sich Yod von dem schwanzwedelnden Hund ab. »Wie willst du wissen, ob dir solch ein Tier nichts tut?«

      »Hier drin.« Die Tür öffnete sich auf ihre Berührung. »Kampfhunde greifen an. Vielleicht knurren sie vorher oder sie greifen sofort an. Die meisten Hunde aber wedeln mit dem Schwanz und warten ab, um deine Absichten zu erkennen. Wir verständigen uns mit ihnen von Säugetier zu Säugetier, aber offen gestanden, ich weiß nicht, wie du für einen Hund riechst.«

      »Willkommen, Shira«, sagte das Haus. »Was ist das für ein Apparat bei dir?«

      »Das ist ein Cyborg namens Yod. Du sollst es wie eine Person behandeln. Beschütze es.«

      Das Haus antwortete nicht sofort. Dies war einer der Augenblicke, in denen sie das Gefühl hatte, als sei die Persönlichkeit des Hauses, unverändert seit Shiras frühesten Erinnerungen, keine künstliche, sondern eine natürliche. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass das Haus ihren Auftrag missbilligte. Schließlich sagte das Haus: »Auftrag vermerkt, Shira.«

      »Ich danke dir«, sagte Yod. »Das war sehr freundlich von dir. Darf ich jetzt reden?«

      »Haus, lass niemand herein außer Malkah. Ja, du darfst reden.«

      »Der Himmel ist nicht blau. Aufgrund der Information, die mir in meinem Lexikon gegeben wurde, hatte ich erwartet –«

      »Du siehst also Farben.«

      »Ich nahm an, du hast Avrams Konstruktionspläne durchgesehen.«

      »Yod, das Material darüber ist so umfangreich wie eine komplette Enzyklopädie. Ich habe das Wichtigste quer gelesen.«

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