Ein Haus voller Robinsons. Adrian Plass
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„Also, ich …“
Ich glaube, ich bemerkte sogar, aus den Gedankenwinkeln sozusagen, dass Dip an dieser Stelle ein bisschen angespannt oder merkwürdig aussah, aber ich marschierte weiter, ohne auf eine Antwort zu warten, wie ich es so oft mit meinen engen Freunden tue, fürchte ich, ganz besonders mit Dip. Ich hatte keinen Blick für irgendein Universum außer dem einen, das ausschließlich um Kathy Robinsons willen existierte.
„Nachdem ich also heute Morgen Mike vorgeworfen hatte, er sei ein Langweiler, und dann zugab, dass ich eigentlich nur Angst davor hatte, dass ich alt werden und er denken würde, ich wäre langweilig, war es wie ein aufbrechendes Geschwür - nein, das ist scheußlich, so war es nicht. Es war wie eine zerplatzende Blase - nein, Kommando zurück, es war definitiv ein Geschwür. Wie auch immer, Blase oder Geschwür, es platzte auf, und danach benahmen wir uns plötzlich so süß-klebrig heiß verliebt, wie wir es um diese leidenschaftslose Morgenstunde schon seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt hatten. Und Mike meinte, warum feiern wir nicht den Beginn meiner alten Tage mit einer richtigen, altmodischen Sechzigerjahre-Party mit der richtigen Musik und albernem Getanze auf viel zu engem Raum mit viel zu vielen Leuten und all den anderen Sachen, von denen wir gerade gesprochen haben. Und er versprach mir, ein bisschen sorgenvoll natürlich, da er nun einmal so ist, wie er ist, dass er sein Bestes tun wird, um dafür zu sorgen, dass in unserer Beziehung wieder die Romantik aufblüht. In der Zwischenzeit muss ich den Schaden wieder gutmachen, den ich unserer Freundschaft mit Joscelyn zugefügt habe, mich bei dem Milchmädchen entschuldigen und aktiv nett zu Mark sein, um ihn für diesen Morgen zu entschädigen.
Weißt du, Dip, nichts ist geeigneter, die Aussicht auf sorglose und spontane Leidenschaft in einer Ehe zunichte zu machen, als drei Kinder. Manchmal wünschte ich, sie würden sich irgendwohin aus dem Staub machen und ihren Spaß haben. So, das wär's. Das war mein Tag bisher. Was hältst du davon?“
Ich wusste nicht, was Dip darauf antworten wollte, aber was immer es war, es bekam keine Chance, gehört zu werden, denn in diesem Moment tauchte Felicity wieder auf, einen Bogen Papier mit der Hand umklammernd. Ein komisches, stirnrunzelndes kleines Lächeln ging über Dips Gesicht. Sie signalisierte, sie wolle nur mal kurz auf den Flur hinaus, und verschwand durch die offene Tür.
„Mami, ich habe eine Quizfrage für dich. Welches ist das schrecklichste prähistorische Monster von allen, noch schrecklicher als der Tyrannosaurus Rex oder die Raptoren oder sonst welche in dem Film, den du mich nicht gucken lassen wolltest, Daddy aber doch? Jack hat es mir gerade aufgeschrieben.“
Felicity war wieder voll da und sprühte vor Interesse an dem, was sie mitzuteilen hatte. Jack war ihr ältester Bruder, gerade heimgekehrt von seinem letzten Semester an der Universität und während der Woche mit Zeitarbeit beschäftigt, während er über die banale Frage nachdachte, was er mit dem Rest seines Lebens anfangen wollte. Jack schien nie aus seinem Bett aufzustehen, wenn es nicht einen außerordentlich guten Grund dafür gab. Da heute Samstag war, sah er nicht einmal einen schlechten Grund, sich zu zeigen. Zweifellos war seine kleine Schwester auf ihn gesprungen, ohne auf sein Stöhnen zu achten, und hatte Unterhaltung eingefordert. Ihre Beziehung war für mich eine ständige Freude. Als Jack mit dem Studium begann, hatte ich große Angst gehabt, dass Felicity dieses Gefühl der Nähe verlieren würde, das während der ersten Jahre ihres Lebens zwischen ihnen bestanden hatte. Doch keine Spur davon.
„Na, dann los“, sagte ich, „lass hören!“
„Okay.“ Sie räusperte sich geräuschvoll und las von ihrem Blatt vor.
„,Der schrecklichste Dinosaurier von allen ist einer, der nicht ausgestorben ist wie die anderen, sondern auch in der heutigen Zeit noch zu finden ist. Er lauert in Bibliotheken, Arbeitszimmern und Buchhandlungen überall in England. Er heißt Thesaurus, und er ist gewaltig, massiv, riesengroß, enorm, g … gigantisch, kolossal, immens, hünenhaft, monströs, titanisch und unermesslich. Deshalb bekommt jeder, der ihn sieht, beobachtet, entdeckt, bemerkt, betrachtet, wahrnimmt, beäugt, besichtigt, erspäht oder anschaut, sogleich Angst, Schrecken, Furcht, Entsetzen, Schock, Panik und Schiss.‘ Schiss!“, wiederholte sie mit einem glockenhellen Lachen. „Ich glaube, das wäre das Richtige, wenn ich einen Dinosaurier sehen würde. Das würde ihn vielleicht davon abhalten, mich zu fressen.“
„Nun, mich würde es abhalten. Nur interessehalber, liebstes Töchterchen“, sagte ich, „weißt du denn, was ein Thesaurus wirklich ist?“
„Ja, Mami“, erwiderte sie seelenruhig und schaute wieder auf ihr Blatt Papier, „das ist eine Sammlung von Begriffen oder Wörtern, geordnet nach ihrem Sinn. Was dachtest du denn, was es wäre?“
Felicity grinste. „Jack wusste, dass du mich das fragen würdest.“
„Ich komme gleich die Treppe hinauf und stopfe deinem Faulpelz von einem großen Bruder Mr. Rogets gesamte Sammlung von Begriffen oder Wörtern, geordnet weiß der Geier wonach, in den Mund. Geh und sag ihm das, und sag ihm, er soll aufstehen und herunterkommen und hallo zu Dip sagen.“
„Ich glaube, Dip ist gegangen, Mami“, sagte Felicity. „Ich habe gerade die Haustür zuklappen gehört.“
„Wie? Was redest du denn da? Nein, sie ist noch da, sie ist nur aufs - aufs Klo oder so gegangen.“
Ich stand rasch auf und ging hinaus in die Diele. Keine Menschenseele zu sehen. Ein Ruf die Treppe hinauf rief ebenfalls keine Antwort hervor. Ich öffnete die Haustür und ging bis vorne ans Gartentor, beugte mich hinüber und hielt in beiden Richtungen unserer Straße Ausschau nach dem vertrauten Anblick von Dips betagtem, aber geliebtem Mini „Daffodil“. Es gab jede Menge freie Parkplätze, einschließlich des Platzes unter dem Baum direkt vor unsrem Haus, wo sie meistens parkte, doch der Mini war nirgends zu sehen. Felicity hatte Recht. Dip war weg.
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