Ein Haus voller Robinsons. Adrian Plass
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Читать онлайн книгу Ein Haus voller Robinsons - Adrian Plass страница 9
„Worüber?“
„Ach, Mike, das hast du mich doch alles schon einmal sagen hören. Ach was, einmal - Dutzende Male. Wenn ich das jetzt alles noch einmal durchkauen muss, werde ich am Ende lallen, als wäre ich von Geburt an schwachsinnig. Die ganze Sache hört sich so blöd an. Er hat ein zu kleines Handtuch um die Hüften getragen und einen Witz vorgelesen, der nicht witzig war; das Handtuch fiel ihm für eine halbe Nanosekunde herunter, und dann wollte er viel zu viel Shredded Wheat mit viel zu viel Zucker mit einem Riesenlöffel aus einer viel zu großen Schüssel essen, und was das Schlimmste ist, er hat sich die falsche blöde Mutter ausgesucht. So, jetzt weißt du's.“
„Und was war das mit seinem - entschuldige, mit deinem Kamm, den er auf den Flurteppich fallen lässt, wenn er damit fertig ist? Mir kam es so vor, als sei das für dich ein lebenswichtiger Punkt.“
„Sarkasmus steht dir nicht, Mike. Warum bleibst du nicht einfach dabei, langweilig zu sein?“
Aaaargh!
Am liebsten hätte ich beide Hände ausgestreckt und die letzten neun Worte, die ich gesprochen hatte, aufgefangen, bevor sie seine Ohren erreichen konnten. Natürlich konnte ich das nicht. Das kann man nie, nicht wahr? Sie waren gesprochen.
Sie waren heraus. Sie waren dabei, anzurichten, was immer sie anrichten würden. Der waidwunde, verdatterte Ausdruck in Mikes Augen war unerträglich. Ich schob meinen Stuhl zurück, ging um den Tisch und trat hinter ihn, um mit den Armen seine Brust zu umschlingen und meinen Kopf an seinen zu lehnen.
„Bitte hör nicht auf das, was ich gesagt habe, Mike. Ich weiß, ich habe mich furchtbar benommen. Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen. Ich hätte dich heute Morgen bitten sollen, aufzustehen, anstatt den Rest der Welt meiner schlechten Laune auszusetzen. Ich bin dauernd aufgewacht, habe mir Sorgen gemacht, habe gegrübelt und mir den Kopf zerbrochen …“
„Worüber hast du dir den Kopf zerbrochen?“
Seine Stimme hörte sich furchtbar kalt an.
„Ach, alles mögliche - blödes Zeug. Es ist doch immer dasselbe; in der Nacht kommt einem alles viel schwerwiegender und ernster vor, nicht wahr? Mir ist einfach jedes Augenmaß flöten gegangen. Du weißt doch, wie ich bin, wenn ich nicht schlafen kann - die Ehefrau und Mutter, die aus der Hölle kam.“
Mir sank das Herz. Der Oberkörper meines Mannes fühlte sich irgendwie starr und unnachgiebig an. Mike war ein sehr freundlicher Mann. Normalerweise hätte ihm allein die Erwähnung von Schlafmangel oder einer schlechten Nacht zumindest ein Tätscheln meiner Hand entlockt. Diesmal nicht. Sorgfältig streifte er meine Arme von sich, stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und sprach, ohne mich anzusehen.
„Und eines der Dinge, über die du dir den Kopf zerbrochen hast, war, wie du nur jemals so einen Langweiler wie mich heiraten konntest, was, Kathy?“
Mir wurde klar, dass ich ihm die Wahrheit schuldig war.
„Mike, ich will nicht …“
„Was?“
„Ich sage es dir gleich. Lass mich nur erst etwas erledigen.“
Ich schnappte mir Marks Elefantenfrühstück vom anderen Ende des Tisches, ging damit durch die Diele, öffnete die Haustür und taufte es in fast einem halben Liter von der Milch, die unsere kürzlich so abrupt verstummte Molkereiprodukteunternehmerin auf unserer Türschwelle zurückgelassen hatte. Als ich wenig später mit diesem Friedensopfer in Marks Zimmer kam, war er ein wenig verdattert, nahm es aber sehr erfreut an. Eine Riesenschüssel Müsli in der Hand wiegt schwerer als jeder noch so berechtigte Groll.
„Tut mir Leid wegen eben, Mum“, tönte es mir hinterher, als ich die Treppe hinabstieg.
„Mir auch.“
Das alte Spiel. Einer wirft eine Entschuldigung in den Ring, und ein anderer hebt sie auf. Wer was tut, ist eigentlich egal.
Als ich zurück in die Küche kam, saß Mike immer noch genauso da, wie ich ihn verlassen hatte, und starrte mit einem so traurigen, tiefernsten Gesicht ins Leere, dass es mich durchfuhr wie ein scharfer Dolch. Ich setzte mich neben ihn.
„Was willst du nicht?“ fragte er ganz leise, als wäre ich gar nicht aus dem Zimmer gegangen.
„Ich will nicht fünfzig werden“, sagte ich und brach in Tränen aus.
3
„Wessen Idee war denn nun diese Party?“
„Erstaunlicherweise war es Mikes Idee, Dip. Er meinte, wir könnten die alten Zeiten zwar nicht zurückholen, aber wir könnten uns zumindest erinnern, wie es damals war, indem wir eine Sixties-Party veranstalten. Ich finde die Idee klasse. Und dann meinte er, wir sollten gleich nächsten Samstag feiern, direkt an meinem Geburtstag, und ich sagte ihm, so kurzfristig könnten die Leute bestimmt alle nicht kommen. Aber er meinte, versuch's doch. Also habe ich das Adressbuch herausgeholt und auf der Stelle Dutzende von Leuten angerufen, und bisher haben alle zugesagt. Und die Woche danach ist Semesterpause, sodass wir eine ganze Woche haben, um uns zu erholen. Also - die Sache läuft! Aufregend, was?“
„Wieso findest du es denn erstaunlich, dass Mike auf diese Idee gekommen ist?“
„Ach, na ja, ich meine - es ist schon verblüffend, wenn man bedenkt, wie er sich immer über alles beschwert, was ein großes Chaos hervorruft. Du kennst ihn doch so gut wie ich.“
„Ich finde die Idee auch toll“, mischte sich die zehnjährige Felicity ein, nachdem sie zum Sprechen ihren Kuli zwischen den Zähnen hervorgezogen hatte. „Du wirst ein Zwanzigstel Jahrtausend alt, Mami. Wie viele von meinen Freundinnen darf ich einladen? Dürfen wir den großen Fernseher rauf in Marks Zimmer holen und Videos gucken?“
Es war früher Nachmittag, und im Hause Robinson war wieder so etwas wie Friede eingekehrt. Zu den Merkwürdigkeiten unseres Lebens gehört die Art, wie sich hochdramatische und kreuzgewöhnliche Szenen ganz natürlich abzuwechseln scheinen. Auch wenn wir um zehn Uhr noch in finsterster Verzweiflung waten, kann es durchaus sein, dass wir uns um elf schon wieder vor Lachen die Bäuche halten oder Erbsen schälen und über die Küchenrollenpreise diskutieren. Als Dip um elf eintraf, war Felicity inzwischen mit einer lächerlich übertriebenen Partytüte voller ungesund aussehender Süßigkeiten und Buntstifte von Caroline zurückgekehrt (Carolines Mutter, Sally Burton, fiel es schwer, einzusehen, dass ihr kleines Mädchen nicht mehr sechs war, und in dieser Hinsicht war sie schon immer äußerst ehrgeizig gewesen), und Mark war zu seinem Wochenendjob im Schreibwarenladen an der High Street gegangen. Mike und ich, eben noch der Scheidung nahe, waren unglaublicherweise innerhalb einer knappen halben Stunde wieder zu zuckersüßer Verliebtheit durchgedrungen, und jetzt war er losgefahren, um ein kräftiges Mittagessen zu sich zu nehmen, ganz ungewöhnlich frei von Schuldgefühlen eine ausgiebige Runde Golf zu spielen und sich auf einen milden, ehelichen Flirt mit seiner reumütigen Frau nach seiner Rückkehr zu freuen.
„Was machst du denn so auf deiner Party, Mami? Essen und reden und im Kreis sitzen und Sachen verkaufen, die keiner haben will?“
Beide saßen wir eine Sekunde lang schweigend da und verdauten innerlich Felicitys Vorstellung davon, was für eine Art von Party Erwachsenen Spaß machte.
„Ganz