Ein Haus voller Robinsons. Adrian Plass
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Er warf mir einen besorgten Blick zu. Natürlich machte ihm die schiere Unmöglichkeit zu schaffen, sich eine Antwort auf meine Frage einfallen zu lassen, die uns entweder Geld kosten oder absolut unverständlich für uns sein würde. Dennoch schaffte er es, seine Gesichtszüge so umzurangieren, dass sich eine Art entspannter Small-Talk-Ausdruck ergab, aber gegen die Worte, die aus seinem Mund kamen, konnte er nichts tun. Sein Mund kannte keine andere Formel.
„Ehrlich gesagt“, sagte er, als gälte es, sich zu einem elenden, widerwärtigen Laster zu bekennen, „ich wohne in Brighton.“
Unerklärlicher Zusammenbruch der Robinsons. Was, so muss er sich gefragt haben, ist denn so ungemein erheiternd daran, in Brighton zu wohnen? Ehrlich gesagt, gar nichts …
Im Falle unseres neuen Milchmädchens und ihres Systems war es genauso. Je mehr sie redete, desto weniger schienen wir zu kapieren, worauf sie hinauswollte, bis uns am Ende nichts anderes mehr übrig blieb als zu lügen. Also taten wir das. Wir lehnten uns zurück, wedelten mit den Händen und sagten Dinge wie: „Aaah, kapiert - genau! Jetzt ist mir klar, wie Sie das meinen. Natürlich, so funktioniert das viel besser! Meine Güte, das macht einen Riesenunterschied!“ Und zufrieden zog sie von hinnen. An dem Tag hatten Mike und ich herzlich darüber gelacht, doch im Moment hatte ich keinerlei Sinn für Humor. Dieses Mädchen war Nummer zwei in der Schlange meiner Opfer oder Nummer drei, wenn man Mike als Nummer eins zählte.
„Soll ich die Milch jetzt bezahlen, oder was?“ fuhr ich sie an.
„Nicht alles“, sagte sie und strich sich eine der baumelnden Locken aus den Augen, die vor Freude darüber, ihren Generalstabsplan in Aktion zu sehen, hell leuchteten. „Wenn Sie sich erinnern, Mrs. Robinson, ich hatte ja gesagt, dass Leute, bei denen ich samstags kassiere, rückwirkend von Dienstag bis Dienstag bezahlen, und da Sie ja bis zum letzten Montag weg waren, bekomme ich nur das Milchgeld für einen Tag von Ihnen. Natürlich können Sie es auch mit dem Milchgeld bis nächsten Mittwoch verrechnen; dann komme ich erst Ende nächster Woche kassieren.“
Ich starrte sie an. Unglaublich! Das Bemerkenswerte an dieser neuzeitlichen Milchlieferantin war, dass sie offensichtlich sogar verstand, was sie da sagte. Irgendwo in ihren Worten verbarg sich ein logisches System, das einem Verstand wie dem meinen für alle Zeit verschlossen bleiben würde, für sie jedoch den klarsten Sinn ergab. Eine Art Ehrfurcht erfüllte mich. Vielleicht wäre das Mädchen mit einer mürrischen Abweisung davongekommen, wäre da nicht Mark gewesen, der sich ausgerechnet diesen Augenblick aussuchte, um frisch geduscht und tropfnass, aber immer noch leicht komatös hinter mir die Treppe herunterzustolpern, seine Blöße ziemlich unzureichend mit einem lächerlich kleinen Handtuch bedeckend, in der Hand eines jener furchtbaren lappigen, abgedroschenen Witzbücher, die im Badezimmer nach und nach immer mehr Feuchtigkeit aufsaugen, bis sie schließlich zu einem Block erstarren und hinüber sind. Ohne jede Scham blieb er in der Diele stehen, voll im Blick der Außenwelt vor unserer offenen Haustür, und las laut aus jenem Füllhorn des Schundes vor.
„Kennst du den mit dem Fußballspieler, der an Verstopfung litt? Er machte sich frei und drückte einen ins Tor.“
Mark warf den Kopf zurück und schüttelte sich dermaßen vor Lachen über diesen schwachsinnigen so genannten Witz, dass das Handtuch seinen Fingern entglitt und zu Boden fiel. Es ist natürlich eine bloße Vermutung, aber ich schätze, für einen ewigen Moment vergaß unsere Milchlieferantin sogar ihr neues System, während sie mit offenem Mund meinen nackten Sohn anstarrte. Dann raffte der große Komödiant hastig das Handtuch vom Boden auf und zog sich in die sichere Küche zurück. Eine nur zu vertraute, nach Mark riechende Welle heißer Wut stieg mir in die Nase auf, während ich mich wieder dem verlegenen Mädchen auf der Türschwelle zuwandte.
„Ich fürchte, Sie haben mich mit dem Geld völlig verwirrt. Warum kommen Sie nicht einfach nächsten Samstag, sagen uns, was wir zu zahlen haben, und wir zahlen es. Okay?“
Und damit schlug ich ihr die Tür vor der Nase zu. Manchmal hasse ich mich selbst.
Dies war jedoch nicht der Moment für Selbstreflexion. Im Augenblick hasste ich Mark weitaus mehr als mich selbst, und das sollte er sogleich in anschaulichen Einzelheiten zu hören bekommen. Immer noch die Hand auf der Türklinke, kniff ich die Augen fest zu und atmete drei- oder viermal tief durch die Nase, um meiner Wut die mordlüsterne Spitze zu nehmen. Eine meiner geheimsten Ängste war es, dass mich der wilde Zorn eines Tages dazu verleiten würde, ein Zimmer, eine Beziehung oder gar eine Person vollkommen zu verwüsten, nur um unmissverständlich deutlich zu machen, wie sauer ich war!
Eine Stimme erklang aus der Küche in heiterer Ahnungslosigkeit über das Nahen des Hurrikans Kathy.
„Mum, könntest du eine Flasche von der Milch für mein Müsli mitbringen?“
Könnte ich …? Aber klar doch!
Als ich in die Küche kam, saß Marks unzureichend behandtuchte Gestalt an dem Ende des Küchentisches, das der Diele am nächsten war, vor einer großen gläsernen Salatschüssel, die ein Miniatur-Gebirge aus fünf Ballen Shredded Wheat enthielt, gekrönt von einem zusätzlichen, Mount-Everest-ähnlichen Gipfel aus Zucker. Während er darauf wartete, dass ich mit der fehlenden Zutat kam, klopfte er mit einem riesigen Servierlöffel einen fröhlichen Rhythmus auf dem Tisch. Aus irgendeinem Grund hatte der Anblick dieser völlig ungeeigneten Schüssel mit zu viel Inhalt und dieses lächerlich großen Löffels auf mich die Wirkung, dass meine Verärgerung um einen weiteren Strich auf der Skala anstieg. Ich lehnte mich gegen die Spüle und verschränkte die Arme.
„Warum nimmst du dir eine Salatschüssel und diesen Löffel da, wo wir doch jede Menge Geschirr in der richtigen Größe haben?“
„Ist alles in der Spülmaschine. Wo ist die Milch?“
„Und warum hast du es dir dann nicht aus der Spülmaschine geholt?“
Wortlose Pause.
„Na komm schon! Warum hast du nicht einfach die Spülmaschine ausgeräumt und alles wegsortiert, wie ich es so ungefähr an jedem Morgen meines Lebens tue? Warum holst du dir diesen bescheuerten Riesen-Servierlöffel aus der Schublade, anstatt dir einen normalen zu nehmen wie jeder andere auch? Nein, gib dir keine Mühe, mir zu antworten. Ich sage dir, warum: Es ist dir einfach zu mühsam, darum. Es hat zu viel Ähnlichkeit mit Arbeit, stimmt's? Und außerdem könnten ja andere Leute etwas davon haben, und das wollen wir ja auf gar keinen Fall! Bloß nicht etwas tun, was einem anderen nützen könnte, stimmt's? Wie blöd von mir, daran überhaupt zu denken!“
Mark hatte aufgehört, mit seinem Löffel herumzutrommeln, und stierte reglos auf das andere Ende des Tisches. Schließlich, nachdem er tief Luft geholt und sie durch die geschürzten Lippen geräuschvoll hatte entströmen lassen, stand er auf, immer noch das Handtuch um seine Hüften klammernd, und wandte sich in Richtung Diele.
„Dann hole ich mir die Milch eben selber.“
„Gar nichts holst du dir selber. Findest du nicht, dass die Welt für heute schon genug von dir gesehen hat? Nein, du setzt dich wieder auf diesen Stuhl und hörst mir zu!“
Mark kämpfte einen Moment lang innerlich mit sich, dann ließ er sich schwer zurück auf den Stuhl fallen und stützte sein Kinn auf die Hände.
„Was ist denn hier los?“
Mike trug meinen Morgenmantel und seinen eigenen Genervt-aber-zuhörbereit-Gesichtsausdruck, als er in der Küche erschien, offenbar angezogen von dem Grummeln des nahenden Donnerwetters.
Ich