Totensteige. Christine Lehmann

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Totensteige - Christine Lehmann

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style="font-size:15px;">      »Nein, habe ich nicht, Richard! Sonst hätte ich längst damit geprahlt, dass ich wüsste, wie er es gemacht hat. Verdächtigt Meisner mich etwa?«

      »Nein. Im Gegenteil, ihrer Überzeugung nach haben sich deine Fotos als wertvoller erwiesen, als es zunächst aussah. Sie zeigen, so verwackelt sie sind, die Lage des Toten. Er liegt genau senkrecht zur Tür. Und mit Hilfe der Blutspuren lässt sich belegen, dass der Körper erst drei bis vier Tage nach dem Tod seitlich verschoben wurde, nämlich als die Polizei die Tür öffnete.«

      »Woran ist Rosenfeld eigentlich gestorben? In der Zeitung habe ich darüber nichts gelesen.«

      »Das ist Täterwissen.«

      Tabu. »Weiß es denn der Tatverdächtige auch?«, fragte ich.

      Und wieder geschah etwas Seltsames: Richard drehte sich zu mir um und sagte: »Wenn du mir versprichst, dass das, was ich dir jetzt sage, nicht diesen Raum verlässt …«

      Ich nickte.

      »Rosenfelds Leiche wies eine doppelte Drosselmarke am Hals auf. Demnach wurde er von hinten mit einem Elektrokabel gewürgt, wobei der Täter zwei Mal ansetzte. Aber es fehlen Petechien und andere Anzeichen, dass Rosenfeld zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war.«

      »Ups!«

      »Rosenfelds Organismus hat auf den Gewaltakt nicht mehr reagiert. Der Todeszeitpunkt lässt sich auf zwischen 13 Uhr 30, dem Zeitpunkt, wo Dr. Barzani und sofort danach die Sekretärin das Institut verlassen haben, und ungefähr 22 Uhr 30 eingrenzen. Rosenfeld hatte etwas Alkohol im Blut, und er hat etwa eine halbe Stunde vor seinem Tod ein Käsebrötchen gegessen, woraus man schließen könnte, dass er am Spätnachmittag oder Abend noch lebte.«

      »Wo stammt das Käsebrötchen her?«

      »Gewöhnlich wurde die Sekretärin zu einem nahegelegenen Imbissbäcker geschickt, um einzukaufen. Das Screening auf Betäubungsmittel, Drogen, Medikamente und Gifte hat nichts ergeben. Aber natürlich gibt es etliche Substanzen, die nicht mehr nachweisbar sind, wenn eine Leiche sechzig Stunden lang herumliegt.«

      »Das heißt, man weiß gar nicht, woran Rosenfeld gestorben ist?«

      Richard nickte. »Laut Gutachten war er, abgesehen von typischen Alterserscheinungen und Arthrose in den Knien, organisch gesund, soweit man das bei dem Zerstörungsgrad der … der Organe feststellen konnte.«

      Ich stellte mir vor, wie das Team in der Rechtsmedizin die rausgeschnittenen und zerhäckselten Organe begutachtet hatte. »Vielleicht hat er einen Herzinfarkt erlitten. Das Herz fehlt immer noch, oder?«

      »Ja. Aber ein Infarkt war es nicht, sagt das forensische Gutachten. Trotz des fortgeschrittenen Zerfallsprozesses hätte sich im Blutserum ein Bioindikator dafür noch nachweisen lassen müssen.«

      »Und Katzenjacob sagt nichts dazu?«

      »Nein. Er hat sich nach seiner Festnahme zu ein paar Fragen geäußert und sagt jetzt nichts mehr.«

      »Es könnte also sein, dass er den Professor gar nicht getötet, sondern lediglich nachträglich bearbeitet hat. Oder ist das auch nicht sicher?«

      »Doch. Er war nachweislich in Rosenfelds Büro und hat sich an der Leiche zu schaffen gemacht. Das hat er auch eingeräumt, ohne ins Detail zu gehen. Er hatte Rosenfelds Blut an den Schuhen, die neuwertig waren und die er darum nicht mit den anderen Kleidern entsorgt hat.«

      »Gefunden hat man sie bisher nicht?«

      »Nein. Aber man hat seine DNS und Farbspuren an signifikanten Stellen im Raum und an der Leiche gefunden. Und er hat auf dem Sessel sitzend, der im Büro steht, masturbiert. Man hat sein Sperma sichergestellt.«

      »Reizend. Wie nennt man diese Art der Perversion?«

      »Nekrophilie.«

      »Hat er gesagt, dass er Rosenfeld erdrosselt hat?«

      »Nein. Das Kabel stammte übrigens von einem der Computer in Rosenfelds Büro. Der Täter hat es beim Verlassen des Tatorts nicht mitgeführt. Es lag dort. Und es hat Anhaftungen von Katzenjacobs DNS aufgewiesen.«

      »Na dann … ach nein. Rosenfeld war ja schon tot. Gab es Spuren eines Kampfs?«

      »Nein.«

      »Sind wir überhaupt sicher, dass Rosenfeld in seinem Büro verstorben ist?«

      »Ja, der Auftrag von …«, Ekel schüttelte Richard, »… Körperflüssigkeiten auf dem Büroboden weist darauf hin. Demnach lag er zunächst diagonal und mit dem Kopf zur Tür auf dem Bauch, wurde von hinten mit der Schlinge gewürgt und dann in die Lage gebracht, in der du ihn fotografiert hast.«

      Ja, die Kriminaltechnik war heutzutage schon sehr gut.

      »Katzenjacobs Anwalt«, sagte Richard, »wird es der Anklage jedenfalls sehr schwer machen zu beweisen, dass der Beschuldigte derjenige ist, der Rosenfeld getötet hat, auch wenn man nachweisen kann, dass er ihn post mortem stranguliert und die Leiche … manipuliert hat. Die Störung der Totenruhe – und hier geht es zweifellos um einen schweren Fall – wird nach ­Paragraph 168 StGB mit einer Freiheitsstrafe von nur bis zu drei Jahren bestraft.«

      »Oha!«

      Irgendwo im Gebäude wurde eine Tür zugeworfen. Richard zuckte zusammen. Er griff nach dem USB-Stick, packte aber nicht zu, ließ die Hand schweben. Die Schritte gingen draußen vorbei, und Richard nahm seine Hand wieder zu sich. Dämmerung hatte das Fenster zugezogen.

      »Was ist los?«, fragte ich.

      Er zögerte. »Lisa …«

      »Ja.«

      Er schaute mich an, todesmutig. »Glaubst du an diese Sachen?«

      »An was?«

      »Gespenster, Telekinese …? Du hast erzählt, du hättest einen Test in diesem Institut gemacht und man habe eine PK-Begabung festgestellt.«

      Ich musste lachen. »Das ist eher ein statistischer Trick. Da geht es um Abweichungen von der Normalverteilung von ein paar null Komma null irgendwas Prozent. Ich bin weit davon entfernt, per Geisteskraft Gegenstände zu bewegen. Dass jemand so was kann, ist auch noch nie wissenschaftlich untermauert worden, sagt die Doktorin Barzani.«

      Richard holte tief Luft. »An dem Tag, als der Gefangenentransport mit Juri Katzenjacob auf den Hinterhof des Ermittlungs­gerichts fahren wollte, da … ging das Tor nicht auf. Irgendwas hat geklemmt. Später funktionierte es wieder. Einen Defekt hat man nicht feststellen können. Außerdem hat die Überwachungskamera nichts aufgezeichnet. Nichts.« Er schaute mir unglücklich in die Augen. Die eherne Rationalität seines Verstands bekam Risse. Ich konnte zuschauen.

      »So was kommt vor«, sagte ich. »Ein nicht zufälliges Zusammentreffen von aus einer leichten Instabilität des Systems resultierenden Sonderfällen. Wenn Juri Katzenjacob ein Telepath ist, dann hat er den Transporter aufhalten wollen, damit seine Befreiung gelingt. Wahrscheinlich hat er auch diesen rätselhaften Gegenstand an der Tür weggezaubert, damit wir nicht herausfinden, wie er nach der Tat herausgekommen ist.«

      Richard simulierte ein Lachen.

      »Oder

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