Der mondhelle Pfad. Petra Wagner
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Читать онлайн книгу Der mondhelle Pfad - Petra Wagner страница 26
Die strich ihm über das Haar und als sie den Blick wieder hob, sah sie Conall aus dem äußeren Tor treten. Auch er schien es eilig zu haben und Viviane dachte schon, es wäre im Dorf etwas passiert. Doch dann erreichte er die Wegbiegung und sie konnte ihren ältesten Bruder von vorne sehen.
„Warum kommt Conall auch mit einem Korb?“
„Keine Ahnung! Aber es scheint wichtig zu sein, so schnell wie er rennt“, stellte Lavinia fest und Robin fügte noch hinzu: „Papa war vorhin noch nicht zu Hause, als wir losgelaufen sind.“
Conall verlangsamte seinen ausgreifenden Schritt und kam grinsend vor den Reitern zum Stehen.
„Da seid ihr ja endlich! Seht mal, wir haben Johannisbeeren mitgebracht! Sind ganz süß! Probiert mal!“
Conall reichte seinen Korb zu Viviane hoch und die streckte ihn Robin, Hanibu und Lavinia hin. Jeder nahm sich einen Stängel Beeren, erst dann griff Viviane hinein.
„Ja, Conall, die sind wirklich fast genauso süß wie die Himbeeren von Robin und Lavinia.“
Conall sah wenig begeistert in den Himbeerkorb seines Sohnes und deutete eifrig auf seinen eigenen.
„Großmutter Mara macht gerade Marmelade. Die hier haben wir euch extra übrig gelassen.“
„Aha. Wer ist denn wir, Conall?“
„Na ich, Tarian, Medan und Loranthus.“
Viviane kniff die Augen zusammen und visierte ihren ältesten Bruder mit schräg gelegtem Kopf an.
„Was soll ich euch geben, Conall.“
Conall versuchte, mit der freien Hand zu wedeln, obwohl der dazugehörige Arm noch nicht funktionstüchtig war und verzog vor Schmerz prompt ein wenig das Gesicht.
„Nichts! Rein gar nichts!“
Viviane hob eine Augenbraue, und Conalls Handfläche klappte sofort nach außen in eine beschwichtigende Geste, die auch ein wenig misslang.
„Na gut, na gut! Wir wollten dich fragen, ob du uns mal auf deinen neuen Pferden reiten lässt. Wenn die den ganzen Tag auf der Weide stehen, fressen sie bald unser ganzes Gras weg. Da haben wir gedacht, wir könnten mal ein bisschen durch die Gegend reiten und ihnen ein schönes Plätzchen suchen. Jeden Tag ein anderes wäre … praktisch? So lange … bis ihr euch … häuslich niedergelassen habt?“
Viviane sah ihn nachdenklich an, klopfte auf den Korb und schnalzte mit der Zunge.
„Das wird aber nicht reichen. Conall …“
„Na gut, na gut! Ich mach dir noch einen schönen Lederranzen dazu, mit passenden Schlaufen für dein Handwerkszeug und weichen Riemen, damit du ihn bequem auf dem Rücken tragen kannst.“
Er deutete hoffnungsvoll auf ihre Arzttasche, die fast aus allen Nähten platzte; wahrscheinlich ein Geschenk von irgendeinem Halbgott der Ärzteschaft, der zwar nähen konnte, aber kein derbes Rindsleder bearbeiten und erst recht nicht kunstvoll. Selbst Viviane schien das schon aufgefallen zu sein, so erfreut wie sie aussah.
„Gute Idee. Denk aber dran, dass alles in Tüchern eingewickelt ist, wenn du die Schlaufen ausmisst, und ich will noch ein paar Extras! Wird also ein großer Ranzen. Aber das wird immer noch nicht reichen. Conall …“
Conall seufzte.
„Ich habe noch ein schönes Täschchen für deine Tin Whistle gemacht – sogar punziert mit dem Knoten von Taliesin.“
„Oh, da freue ich mich aber! So ein Täschchen wie Robin hat?“
Conall nickte hoffnungsvoll.
„Und Tarian macht dir noch eine neue Wiege, denn die alte braucht ja Mutter selbst.“
„Einfach oder mit Verzierungen?“
Conall strahlte.
„Natürlich mit! Welcher Handwerker würde sich diese Gelegenheit entgehen lassen!? Er wollte Cernunnos im Relief darstellen, wie er majestätisch durch den Wald schreitet.“
Viviane winkte ab und zog eine Grimasse.
„Wie konnte es auch anders sein?! Na, dann will ich mich mal nicht so haben. Nehmt sie ruhig. Wenn ihr wollt, können wir zusammen reiten. Wir müssen ohnehin noch zur Quellgöttin. Tinne hat ihr Töchterchen viel zu früh bekommen. Wir wollen Sünna bitten, dass sie am Leben bleibt und gesund aufwächst.“
„Ach, Viviane! Ruh’ dich mal aus! Es wäre eine Ehre für uns, die Nachgeburt zu Sünna zu bringen und für Germans Kind zu bitten. Wie soll die Kleine denn heißen?“
„Germania.“
„Da würde sich German aber freuen. Ich sag schnell den anderen Bescheid.“
Conall musste blinzeln, faselte etwas von „was ins Auge bekommen“ und streckte seine Hand aus, damit ihm Viviane das kleine Päckchen hinein legen konnte, während er sich die Augen rieb. Kaum hatte er die Finger um den Lederlappen geschlossen, drehte er sich um und ging eilig Richtung Tor davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Viviane schnalzte mit der Zunge, doch sie ließ die Pferde mit Absicht langsam gehen. Bis zur Dorfumfriedung war es nicht mehr weit und sie wollte Conall nicht noch einmal über den Weg laufen. Lavinia und Robin kicherten. Viviane sah sie erstaunt an.
„Was ist denn los, ihr beiden?“
Robin grinste schelmisch.
„Na, wie du mit Papa gehandelt hast! Selbst Mama könnte das nicht besser!“
„Ja, genau!“, gluckste Lavinia. „Es war wie auf dem Markt. Du hast einen sehr guten Handel abgeschlossen.“
Viviane prustete los.
„Ja, das habe ich wirklich, Lavinia. Aber eigentlich wollte ich Conall doch nur sagen, dass ich alleine schon neunzehn Pferde mitgebracht habe, Silvanus’ nicht mitgerechnet. Da reichen Conall, Tarian, Medan und Loranthus nicht aus, um sie in Bewegung zu halten. Und wenn sie die restlichen Pferde hinten dran binden, könnten sie sich unterwegs verheddern.“
Jetzt kicherten alle und Lavinia zwinkerte Hanibu zu.
„Hanibu könnte sie als Karawanenführer ausbilden. Ihr Großvater ist das nämlich in ihrer Heimat. Und die Kamele dort können ganz viel Wasser trinken und deshalb dauert es ganz lange, bevor sie loslaufen. Und ihre Dörfer sind bei Oasen. Dort gibt es Brunnen, wie auf den Burgen. Das hat sie uns erzählt.“
Robin klatschte begeistert in die Hände.
„Oasen und Kamele will ich mir später einmal ansehen, wenn ich groß bin. Hanibu nehme ich mit und sie wird dann mein Karawanenführer.“
Viviane sah Hanibu verschmitzt an und lenkte Arion zum Gatter.
„Da musst du als Erstes lernen, wie du ein Pferd zäumst, Weltreisender Robin. Denn das bekommst du ja, wie versprochen,