Lindenstadt und sächsischer Kleinkram. Jens Rübner
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1930 wird Sierck Mitglied im Leipziger Rotary Club, unter dessen Dach die Eliten der Stadt verkehren, um soziales Engagement von Initiativen in Leipzig und Umgebung zu unterstützen. Ein Jahr später lädt er die Rotarier zum Blick hinter die Kulissen des Alten Theaters ein. Er referiert unter anderem über die Bedeutung der Masken sowie die Auswirkungen der Reichskulturkammer auf das Theaterwesen. Am Nikolaustag 1934 gibt er seinen Austritt bekannt, um den vom Staat geforderten Maßnahmen zur „Judenreinheit“ aller Vereine zuvorzukommen. Die Rotarier wurden schon seit längerer Zeit misstrauisch beargwöhnt und schließlich im Jahr 1937 zur Selbstauflösung gezwungen. Die Zeichen der Zeit erkennend sondiert Sierck bereits intensiv Angebote aus der Theaterlandschaft. Doch letzten Endes kommt ihm, nennen wir es eine Notwendigkeit zugute. Die UFA sucht händeringend nach fähigen Regisseuren und wird auf den jungen Mann aufmerksam. Im Jahr 1934 darf er drei genehmigte billige Kurzfilme drehen und im November 1935 wurde sein Vertrag am Alten Theater gekündigt – Grund: die jüdische Abstammung seiner (zweiten) Ehefrau, der Schauspielerin Hilde Jary; die hatte Sierck vor ihrem Umzug von Bremen nach Leipzig am Schauspielhaus in der Sophienstraße unterbringen können.
Ein Jahr später, 1936, wird sein Film Schlußakkord, ein gekonnt inszeniertes Melodram um einen Dirigenten mit Lil Dagover und Willy Birgel, ein Riesenerfolg. Die Kritik lobt ihn in höchsten Tönen, wie auch seine amüsante Filmoperette das Hofkonzert mit Martha Eggerth und Johannes Heesters, positiven Zuspruch erhält. Im Jahr darauf wird unter seiner Regie eine weitere Berühmtheit am Filmhimmel geboren – die schauspielern und obendrein auch noch eine sinnliche Stimme voller Leidenschaft und Liebe hat.
Standfoto: Zu neuen Ufern
Willi Klitzke, 1937
Das Publikum strömt in Scharen ins Kino – mit den exotischen Melodramen Zu neuen Ufern und La Habanera macht Sierck 1937 die schwedische Schauspielerin und Sängerin Zarah Leander zum Star und zur absoluten Topverdienerin im deutschen Filmgeschäft. Nicht Marlene Dietrich, sondern Sara Stina Hedberg, wie die Leander mit bürgerlichem Namen heißt, ist mit 100.000 Reichsmark der höchstbezahlte weibliche Filmstar des Dritten Reiches.
Trotz allen Erfolgs weiß Sierck, dass der Boden für ihn in Deutschland immer unsicherer wird, da die braune Brut immer mehr an Macht und Einfluss gewinnt. Letztendlich verlässt das Paar 1937 Deutschland und geht zunächst nach Frankreich, um dann in die USA überzusiedeln. So gehörte auch Detlef Sierck, obwohl er kein Jude war, im Gegensatz zu den Filmregisseuren, die einmal Samuel Wilder und Wilhelm Weiller hießen, sich in Amerika aber Billy Wilder und William Wyler nannten – zur Schar jener Theater- und Filmschaffenden, die aufgrund der politischen Verhältnisse in Deutschland ihr Heil in Hollywood suchten.
Detlef Sierck, nennt sich in Hollywood Douglas Sirk und versucht sich zunächst als Drehbuchautor. Erst 1943 gab das Filmstudio MGM ihm den ersten Regieauftrag. Sein erster Film in Hollywood war der Anti-Nazi-Film Hitler’s Madman, der von der Ermordung des Reichsprotektors Reinhard Heydrich und dem Massaker von Lidice handelt. Elf Jahre später erfahren seine beiden Filme Die wunderbare Macht und Was der Himmel erlaubt eine wohlwollende Aufnahme seitens der Kritiker. Der Schauspieler Rock Hudson erbringt unter Sirks Regie seine besten darstellerischen Leistungen. Fortan zählt Hudson zu den populärsten und gefragtesten Hollywood-Darstellern.
1960 zieht sich Sirk aus Gesundheitsgründen ins Privatleben nach Lugano in der Schweiz zurück. 1978 erhält er für sein Lebenswerk den Deutschen Filmpreis und 1985 den Bayerischen Filmpreis. Am 14. Januar 1987 sagt eine große Persönlichkeit für immer Adieu … Obwohl das ja nicht ausnahmslos stimmt, seine Filme kann man ja zum Glück noch sehen. Ebenso wie man die große Stimme einer Zarah Leander noch hören kann.
Im Hintergrund höre ich schon einige tuscheln, was soll dieses Wiedersehen mit den erfolgreichen „schön-schaurigen“ Kinoschnulzen aus den 30er/40er Jahren oder das Reinhören in Evergreens aus Omas und Opas Kinozeiten?
Sie haben Recht, der Abstand zwischen damals und heute ist ein großer, unsere Seh- und Fühlweise ist mit Sicherheit auch eine andere geworden. Fakt ist aber, dass man damals wie heute „Schnulzen“ fürs Gemüt und als Balsam für die Seele braucht, um unseren Gedanken und Gefühlen ein zufriedenes Zuhause zu geben, und sei es auch nur für ein paar Stunden. Wir haben heut gut lachen. Doch dies, bitte sehr, war der Geschmack jener Zeit. Filmsprache, Filmstil und Filmtechnik haben sich gewandelt, gottlob. Nur: Sind wir sicher, dass unsere Enkel nicht über manche Lovestory aus der heutigen Zeit kichern werden?
Es war einmal – nicht nur Märchen beginnen so!
Vor vielen, vielen Jahren … nein, nein keine Bange, hier handelt es sich nicht um ein Märchen, sondern um eine Zeit, die es tatsächlich gab – die DDR (so seinerzeit das gängige Kürzel, fast hat man’s vergessen). Es war die Zeit, als Autos vom Typ Trabant, Wartburg oder Wolga durch die Kohlen-grauen Straßen fuhren. Als die Kennzeichen für den Bezirk Leipzig entweder mit einem S oder einem U begannen. Des Weiteren ist mir in Erinnerung, dass auf keinem Sender dermaßen viele gleichgeschlechtliche Liebesbeweise zusehen waren, wie auf DDR 1 und 2. Die Rede ist natürlich von den sozialistischen Bruderküssen, die in keiner ‚Aktuellen Kamera‘, der Nachrichtensendung des Deutschen Fernsehfunks, dem späteren Fernsehen der DDR fehlen durften. Unschönerweise wurden die Akteure, ihres Zeichens meist im hohen Rentenalter, in diesen Momenten noch dazu ganz nahe herangezoomt. Igitt, war das unästhetisch! Aber andererseits: Wenn man heute Wiederholungen dieser Nachrichtensendungen von damals sieht, kann man vor deren beispiellosem Mut zur Anästhetika nur den Hut ziehen. Aber, vielleicht wussten die Macher auch einfach nur, dass ohnehin kaum jemand zusah.
Jeder erinnert sich an die Zeit, in der für viele DDR-Bürger das 1. und das 2. die einzigen Optionen werk- und feiertäglicher Abendgestaltung waren. Auch wenn in der DDR ein zweites Fernsehprogramm bis 1969 auf sich warten ließ. Schließlich geschah in der Deutschen Demokratischen Republik alles „aus Anlass“ und „zu Ehren“. So begannen auch die regelmäßigen Farbsendungen erst mit der Einführung des zweiten Programms kurz vor dem 20. Jahrestag der DDR zum 3. Oktober 1969.
Da die DDR aber schon damals in der glücklichen Lage war, von vielen zivilisierten Nachbarstaaten umgeben zu sein, gab es mancherorts doch die Möglichkeit, ein paar andere Gesichter (aus dem West-Fernsehen) in der Glotze anzutreffen. Seit 1963 gab es in der BRD auch ein zweites Fernsehprogramm. Doch das ZDF wurde auf UHF ausgestrahlt; dafür waren unsere Geräte aber nicht vorgesehen. Findige Bastler bauten deshalb in der DDR UHF-Konverter mit geschmuggelten Transistoren vom Typ AF 139 ein, die den Empfang dann ermöglichten.
In jedem Fall waren beide Programme an manchen Abenden bemüht, auf der so ärmlich ausgestatteten Senderskala mit ihren zielgruppengerechten Sendungen die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.
So erinnere ich mich an die Kindersendung: „Mach mit, mach's nach, mach's besser“ mit einem Billigtrainingsanzug-Träger namens Adi und von Zeit zu Zeit wechselnden kleinen Mädchen als, wie man heutzutage sagen würde, Co-Moderatorinnen. Als pubertierender Jüngling an das militärpolitische Magazin Radar. Die 30-minütigen Sendungen handelten von der Wehrerziehung und der Militärpolitik der DDR sowie ihren militärischen Bündnispartnern. Offenbar war ich der einzige Zuschauer dieses Magazins. Auf Nachfrage behaupteten bislang alle, und zwar alle Bekannten und Verwandten aus der ehemaligen DDR, von diesem Magazin nie gehört zu haben. Hätte es nie gegeben. Ja, spinne ich? Die Schützenpanzer russischen Fabrikats, die da zum Schutze der Arbeiter und Bauern vor laufender Kamera durch die Märkische Heide donnerten, dass meine jungen sozialistischen Knochen nur so vibrierten - war