Lindenstadt und sächsischer Kleinkram. Jens Rübner
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In die Rubrik: „Auf die Barrikaden, nieder mit den Herrschenden“ würde ich die Sendung Der Schwarze Kanal einstufen. Auch hier muss ich oft der einzige Zuschauer gewesen sein. Zumindest ist es möglich, dass die Quote im Westen höher war als die im Osten. Der als Hardliner geltende von Schnitzler hatte den Spitznamen Sudel - Ede. Karl-Eduard von Schnitzler war meine erste politische Hassfigur, noch vor dem Stasi-Chef Erich Mielke und lange vor Franz Josef Strauß. Warum? – überlegen, lesen Sie selbst (nach).
Aber der Höhepunkt, der alle Welten, Zeiten, Systeme umgreift und vereint und in ein mildtätiges Licht taucht, wird bis in die Ewigkeit – Die Olsenbande bleiben. Da will ich gar keine Anekdoten von erzählen, das sollen andere tun. Die Olsenbande ist ein unsterbliches Stück Kino- und Fernsehgeschichte Ost und wird nie wieder so hell erstrahlen wie damals, eingefasst zwischen ‚Aktueller Kamera‘ und Berichten aus der Fußball-Oberliga. Viele Folgen habe ich davon mehrmals gesehen. Was haben wir uns amüsiert und wie haben wir ‚gemeinsam‘ gelacht. „Das dumme Schwein“, „Direktor Bang-Johansen“, „Dynamit-Harry“ oder Sexy-„Yvonne“. „Ich habe einen Plan …“ Dieser Satz ist legendär und braucht keine weiteren Anekdoten.
Eine der größten Flaschen des Jahrhunderts
Die „Tausend Tele-Tipps“ kommen ins Gedächtnis, mit dem kleinen Himmelsboten Arthur, dem Engel, der mit seinem aufgespannten Schirmchen einschwebte, bevor sich die Damen mit den hochdrapierten Turmfrisuren versammelten, um mit den neusten Errungenschaften aus Technik und Wissenschaft im Haushalt zu glänzen. Fischkoch Kroboth und Fernsehkoch Drummer glänzten vor dem Kamera-Auge mit ihrer Kochkunst und ihren Rezepten. Und einige Werbeschlagwörter klingen heute noch im Ohr, wie „Nimm ein Ei mehr!“, „Fisch auf jeden Tisch!“ oder „Koche mit Liebe, würze mit Bino (eine maggiähnliche Speisewürze)!“ Manfred Krug zitierte ihn gar in der Titelmusik des DEFA-Films Auf der Sonnenseite – 1962: „Geh doch mal ins Kino, da verfliegt die Wut. Koche mit Liebe, würze mit Bino! Hin und wieder tut ein DEFA-Lustspiel gut.“ WERBUNG – die man in der DDR REKLAME nannte.
Bino war eine Marke für flüssige Speisewürze und Brühwürfel in der DDR. Bino-Würze und Brühwürfel hatten in Ostdeutschland einen ähnlichen Bekanntheitsgrad wie ihre Vorbilder von Maggi, die in der DDR nicht erhältlich waren, zumindest offiziell nicht. Besonders Bino in der Flasche wurde durch gezielte Reklame zum Erfolg, jedenfalls in der kleinen DDR. Auch wenn die BILD-Zeitung damals im Westen Abfälle aus der Igelitt-Produktion, deren Weichmacher krebserregend waren, darin vermutete. (Womit das Blatt nach heutigen Erkenntnissen sogar Recht hatte). Der Beliebtheit der Bino-Würze oder dem Suppenwürfel tat dies keinen Abbruch, wurde diese Würze doch viele Jahrzehnte heiß umworben und auch gern genommen. Zugegeben, der Bürger, der keine Westverwandtschaft hatte beziehungsweise später nicht über D-Mark oder Forumschecks verfügte, um im Intershop einkaufen zu gehen, hatte ja keine Alternativen. Von älteren ‚Semestern‘ ließ ich mir berichten, dass sie sich sogar an Bino-Reklame in Form einer überdimensionalen großen Bino-Flasche in den 50er Jahren auf dem Leipziger Marktplatz erinnern. Bino war übrigens die Abkürzung des Elektrochemischen Kombinates Bitterfeld- Nord, in dem die Speisewürze hergestellt wurde. Was tatsächlich alles drin war, wusste man nicht oder besser gesagt, man wollte es nicht wirklich wissen. Im Volksmund sprach man von Hornspänen und gemahlenen Klauennägeln – Pfui Teufel, hätte jetzt meine Oma gesagt!
Erinnern Sie sich an weitere Kultflaschen aus dem W E S T E N oder gar an Flaschen, die in beiden deutschen damals noch getrennten Staaten erfolgreich waren? Ich höre Sinalco, Odol und Underberg. „Odol gibt frischen Atem.“ Ein Mundwasser, das der Sachse, der Dresdner Unternehmer Karl August Linger, 1892 auf den Markt brachte.
Sie alle sind Flaschen, die über 100 Jahre alt sind und trotz ihres hohen Alters ewig jung und in aller Munde geblieben sind. Denn wenn ein Produkt durch die Form, seine Qualität und seine Eigenheit so eingeführt wurde, dass jedes Kind auf Anhieb weiß, wessen Name, wessen Fabrikat sich dahinter verbirgt, dann hat der Designer, der Erfinder, seine Hausaufgaben sehr gut gemacht. Von einer besonderen möchte ich hier erzählen, zu der auch ich persönlich eine gewisse Beziehung habe. Drei Hinweise gebe ich Ihnen: Sie ist klein, ihre Verpackung ist außergewöhnlich und in der Gastronomie bestellt man sie mit einer typischen Fingerbewegung. Richtig, es ist der UNDERBERG – das grüne Geheimnis! Dieser Kräuterschnaps, Leute vom Fach sprechen von einem natürlichen Kräuter-Digestif, machte die Familie beziehungsweise das heutige Familienunternehmen zu angesehenen, beträchtlichen Unternehmern. Die „Underbergs“ sind verschwiegene Leute, die ihre Rezepturen nie preisgeben. Sie nehmen sie mit ins Grab beziehungsweise geben sie an die nächste Generation weiter. Schließlich sind es Familienrezepte – Familiengeheimnisse, die bewahrt und über Generationen gehütet werden müssen. Demzufolge sind sie auch in keinem Netzwerk der Welt zu finden. Die gut gemachten Internetseiten von www.underberg.com, die originellen Werbefilme und in diesem speziellen Falle gar eine Melodie, die jeder mitpfeifen kann, tragen zu weiteren positiven Effekten bei.
Der Apotheker Hubert Underberg gründet bereits 1846 im niederrheinischen Rheinberg unter dem Motto „Semper idem" (immer gleich – in seiner Qualität) das Unternehmen, das noch heute im Familienbesitz ist. Er war „Kammerlieferant seiner Majestät des Kaisers von Österreich und Apostolischen Königs von Ungarn“. Somit war die Firma H. Underberg-Albrecht eine der ersten deutschen Firmen, welcher diese seltene Auszeichnung zuerkannt wurde. Das heutige kleine 20 ml-Fläschchen im Strohpapier, mit der die meisten die Marke Underberg in Verbindung bringen, wurde jedoch erst 1949 von Emil Underberg, dem Enkel des Firmengründers, erfunden und trat (s)einen triumphalen Siegeszug um die Welt an. Gut gefertigte Werbung – Kinowerbung - sowie bekannte Sympathieträger aus Film und Fernsehen, die diese Marke ins rechte Licht setzten, sorgten dafür, dass dieses Produkt noch populärer und erfolgreicher wurde. Im April 2009 schrieb der freie Journalist Sven Heitkamp in der Leipziger Volkszeitung: „Damit sich dieser Slogan auch im Bewusstsein der Menschen verankern konnte, kreisten in den 1950er Jahren Luftschiffe und Hubschrauber mit Werbebanner über Deutschland und den Nachbarländern. Des Weiteren wurden zu dieser Zeit Gutscheine an sechs Millionen Haushalte verschickt, die dazu aufriefen, eine Portionsflasche Underberg beim Gastwirt oder Kaufmann einzulösen.“
Das oft kopierte Getränk, das seit zig Jahrzehnten als Allheilmittel gegen das Unwohlsein gilt und das zum internationalen Verkaufsschlager wurde, das man trinken, besser gesagt maßvoll genießen sollte. Wie steht es so treffend auf den Webseiten der Firma Underberg: „Underberg ist mehr als ein Bitter oder Amaro. Underberg ist hundertprozentige Natur ohne Farbstoffe oder Zusätze. Underberg ist kein Kräuterlikör, denn er enthält keinen zugesetzten Zucker. Underberg ist durch seine wissenschaftlich erwiesene Wirkung eine Kategorie für sich.“ (Underberg Webseiten – Zugriff erfolgte am 4.3.2013)
Anfang der 70er Jahre folgte der nächste Paukenschlag oder sollte man besser sagen, eine geniale Idee der Marketing-Strategen – die Einbindung einer der bekanntesten Film-Melodien, wurde zum Erkennungszeichen der Underberg-Marke.
Wussten Sie eigentlich, dass die Geschichte dieser Melodie bis ins Jahr 1914 zurück reicht? In diesem Jahr komponierte der britische Kapellmeister Kenneth J. Alford den eingängigen Marsch. Wirklich bekannt wurde er allerdings erst durch den Film Die Brücke am Kwai aus dem Jahr 1957. Und 1958 war The River Kwai