Denkwerkzeuge der Höchstleister. Gerhard Wohland
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Der in
dynamischer Umgebung entscheidende Bereich des Könnens bleibt immer noch ausgeblendet. Den meisten Unternehmen fehlt es aber nicht an Wissen, sondern an Können. Deshalb enden Projekte zum Wissensmanagement oft in teuren Havarien. Hier wird erklärt, warum.6.1 Wissen und Wahrheit
Wer Wissen hat, so kann man in Schule und Seminar hören, weiß Bescheid. Eine Landkarte, der Satz des Pythagoras oder ein Kochrezept sind Elemente von
Wissen. Tatsächlich ist Wissen aber nie unbestreitbar gegeben. Seine Verbindlichkeit entsteht nur dadurch, dass niemand widerspricht. Wissen wird durch Kommunikation erzeugt oder bestritten oder genauer: „konstruiert“. Schon der Wortsinn des deutschen Begriffs „Tatsache“ und des englischen „fact“ (von lat. facere - machen, tun) erinnert daran. Und weil es durch Kommunikation gemacht ist, reicht es auch nicht weiter als diese. Jenseits dieser kommunikativen Reichweite muss mit Widerspruch gerechnet werden. Dann wird aus Wissen eine Meinung unter vielen.Das ist nicht nur in der
Wirtschaft so. Auch für Teilchenphysiker, Ärzte oder Nationalökonomen ist die kommunikative Reichweite beschränkt. Auch sie können sich nicht alle einigen, was als gesichertes Wissen gelten darf. Wissen ist nur innerhalb seiner kommunikativen Reichweite als Wissen übertragbar. Das ist nicht immer einfach, aber mit etwas Fleiß und Disziplin immer möglich. Dafür gibt es Schulen, Seminare oder Bücher. Der wissende Lehrer erklärt dem unwissenden Schüler, was der Fall ist. Dann weiß es auch der Schüler. Damit der Schüler aus dem Wissen des Lehrers keine Meinung macht, braucht der Lehrer Autorität oder besser Macht. Sie sehen: Wissen braucht Gefolgschaft dringender, als gute Argumente.6.2 Können und Talent
Können ist die Fähigkeit einer Person, problemlösende
Gefühle zu erzeugen. Ein Radfahrer kippt nicht um, weil sein Körper ständig die Gefühle erzeugt, mit denen er sich „richtig“ verhalten kann. Der Verstand kann das Verhalten beobachten, aber nicht verstehen. Wenn ein passendes Talent vorhanden ist, entsteht Können durch Üben.Der Könner kann sein Können nicht auf einen anderen übertragen. Wer es auch können will, muss schon selber üben, und weil er ein anderer ist, wird er dabei auf andere Schwierigkeiten stoßen als sein Vorbild.
Die Grundlage von Können ist Talent. Es gibt häufige Talente und seltene. Radfahren kann irgendwann fast jeder. Aber sechs Bälle gleichzeitig jonglieren, ein
Team an seine Leistungsgrenze führen oder Industrieanlagen verkaufen, das können nur wenige.Alle Menschen haben Talente, aber nicht alle die gleichen. Die meisten Talente einer Person werden nie herausgefordert und bleiben verborgen. Wenn Talente benötigt werden, sind Menschen nicht austauschbar. Wenn ein Talent geht, auf dessen Können es ankam, kann man es nicht einfach ersetzen. Dann muss die Arbeit anders gemacht werden. In traditionellen
Unternehmen ist diese Abhängigkeit von einzelnen Personen unangenehm. Höchstleister ähneln mehr einem Fußballteam. Da wundert sich keiner, wenn der Trainer Spielsystem und Mannschaft umbaut, wenn ein wichtiger Spieler kommt oder geht.Können entsteht also ganz anders als Wissen. Der Schüler muss es selbst herstellen. Wenn der
Meister ein Talent ahnt, provoziert er zum Üben und spendet Trost bei den unvermeidlichen Niederlagen. Der Meister kann nur zeigen, was möglich ist, aber nicht, wie es geht. Er überträgt kein Können.Ein Könner ist jemand, dem etwas leichtfällt, was anderen schwerfällt. Die meisten Könner halten das, was sie können, für einfach. Sie wundern sich, dass es nicht alle so machen.
Da Können auf Talent und Gefühlen basiert, lässt es sich nicht formal beschreiben oder messen. Auch mit Skill-Profilen, Zeugnissen oder Zertifikaten wird nur Wissen beschrieben. Das Können einer Person lässt sich nur erahnen - von einem Könner.
6.3 Kompetenz
Wissen und Können ist nur im Zusammenwirken nützlich. Die Einheit dieser
Unterscheidung nennen wir Kompetenz. Die Kompetenz hat also einen blauen (Wissen) und einen roten (Können) Anteil.Wissen ohne passendes Problem ist unnütz wie ein falscher Stadtplan. In einem Meer von Wissen das Passende zu finden und den Rest zu „vergessen“, ist selbst kein Wissen, sondern Können. Erst der Könner korreliert Problem (Frage) und passendes Wissen (Antwort). Ohne Können ist Wissen nichts Wert und umgekehrt.
Dieses Können kann heute als Lernumgebung für lernende Software benutzt werden. Wenn kein Bewusstsein nötig ist, können diese Systeme die unbewussten Operationen des Gehirns nachahmen. Ergebnis ist ein System, dass zwei freie Texte als Frage und Antwort korrelieren und alle anderen Texte (Wissen) ausblenden kann.
Wir nennen dieses Verfahren „Technisierung von Alltagskönnen“ (TAK)1 und den Kompetenzbereich„neue Künstliche Intelligenz“ (
nKI). Leider wird diese innovative Technik mit dem veralteten Begriff „Wissensmanagement“ benannt und damit meist missverstanden.6.4 Können als Wettbewerbsvorteil
Auch wenn die Dynamik dominiert, ist Wissen unverzichtbar. Denn nie ist alles
Überraschung. Dort, wo die Wirklichkeit lange genug