Mission Zauberwald. Eva Gerth
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„Aber ich möchte gar nicht zum weißen Nashorn, sondern zur Eidechse. Sie soll mir sagen können, wie ich wieder nach Hause komme“, erklärt Amanda aufgelöst dem Buschfink.
„Also willst du uns nicht von den bösen Onkas befreien?“, fragt der kleine Bino traurig und fängt an zu schluchzen.
„Sie will doch nur nach Hause, was hat das mit den bösen Onkas zu tun?“, meldet sich nun Glitzy zu Wort.
„Das ist eine etwas längere Geschichte, aber wenn du uns nicht helfen willst, auch gut. Irgendwann kommt bestimmt das richtige Kind, um uns zu befreien.“ Trotzig hebt Bino sein kleines Vogelköpfchen und schaut Amanda in die Augen. „Nichtsdestotrotz helfe ich dir, die Eidechse Susan zu finden, weil du für mich gesungen hast. Das hat schon sehr lange niemand mehr getan“, resigniert der Vogel. „Ich weiß nicht genau, wo die Eidechse wohnt, aber ich kenne den pinkfarbenen Steinpilz, der weiß es gewiss. Ich habe gehört, dass Susan des Öfteren zum Steinpilz geht, um sich mit ihm zu unterhalten, die beiden verstehen sich prima. Darum sollten wir zuerst einmal zum Pilz gehen beziehungsweise fliegen. Okidoki?“
„Okidoki!“, rufen Glitzy und Amanda wie aus einem Mund.
„Nicht so laut, habt ihr denn nicht die Onkas hier herumspionieren gesehen?“
„Doch, doch, aber die sind schon wieder weg. Ich habe Amanda mit einem Geruchszauber beschützt.“
„Super, na, dann mal los.“
Und so machen sich die drei unterschiedlichen Gefährten auf den Weg, um den pinkfarbenen Steinpilz zu suchen.
Edwin
Am Stadtrand von Münster, zirka dreißig Kilometer von Reckenfeld entfernt, steht ein alter Kotten mit einem Haupthaus und zwei Ställen, die von einer großen Wiese umrandet werden. Die Wiese wiederum grenzt von zwei Seiten an einen alten Wald. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass das Haus und die Ställe nur an den Vorderseiten neu weiß gestrichen wurden. Die Wände nach hinten raus sind stark verschmutzt. Die Besitzer des Kotten haben wohl noch keine Zeit oder kein Geld aufgebracht, um die Gebäude vollends zu erneuern.
Hier lebt seit vier Jahren das Ehepaar Hasenstolz mit dem elfjährigen Sohn Edwin, das sich damit einen langen Traum erfüllt hat. Edwin fühlt sich hier pudelwohl, da er nach der Schule und seinen Hausaufgaben immer schnell im Wald sein kann. Er ist begeistert von der Natur und versucht, so viel Zeit wie möglich im Wald oder auf der Wiese zu verbringen. Edwin trägt am liebsten seine ausgewaschene Jeans mit dem grünen T-Shirt, das inzwischen auch schon ziemlich verwaschen aussieht. Er aber findet, dass es am besten zu seinen glatten, braunen Haaren passt. Edwins Mutter möchte ihn ständig zum Friseur schicken, um eine anständige Frisur aus seinen Haaren machen zu lassen. Da spielt Edwin aber nicht mit. Seine Haare sind jetzt fast schon wieder kinnlang, aber seiner Meinung nach könnten sie noch etwas länger werden.
Edwin kann den ganzen Tag damit verbringen, die Tiere und Pflanzen mithilfe seines Bestimmungsbuches, das er zu seinem letzten Geburtstag von seinen Eltern geschenkt bekommen hat, zu bestimmen. Er hat sich zum Ziel gesetzt, alle Tiere und Pflanzen im Wald und auf der Wiese zu kennen.
Auch heute hat er sein Mittagessen heruntergeschlungen und sich mit seinen Hausaufgaben beeilt, da er einen Versuch für ein Biologieprojekt der Schule durchführen muss. Er soll herausfinden, wie viel Gras eine Schnecke pro Tag frisst. Dazu will er heute fünf bis sechs Schnecken einsammeln. Das könnte sich allerdings als schwierig erweisen, da es schon seit einigen Tagen nicht mehr geregnet hat. Daher hat er sich überlegt, im Wald nach Schnecken zu suchen, da es dort immer etwas feuchter ist als auf der Wiese. Und jeder weiß, dass man Schnecken am besten dort findet, wo es feucht ist.
Voller Tatendrang packt er seinen kleinen Rucksack mit einer Flasche Wasser und ein paar Keksen und eilt dann zur Hintertür, wo ihn seine Mutter abfängt. Er kann gerade noch die Plastikdose, die er am Abend vorher aus dem Küchenschrank stibitzt und in deren Plastikdeckel er mit einem Schraubenzieher einige Luftlöcher gemacht hat, in dem Rucksack verstecken. Sie soll als Transportbox für die Schnecken dienen. Wenn das seine Mutter mitkriegt, gibt es hundertprozentig Ärger.
„Wo willst du denn so schnell hin?“
„Oh, Mama. Du weißt doch, dass ich für mein Bioprojekt noch ein paar Schnecken sammeln muss“, meint Edwin genervt und verdreht die Augen. Dabei sieht er immer so süß aus, dass seine Mutter gleich lächeln muss.
„Ach ja, aber vergiss nicht wieder die Zeit. Du weißt, dass du bis zum Abendessen wieder da sein musst.“
„Ja, ja. Ich werde schon pünktlich sein. Ich nehme doch meine Uhr mit.“
„Wie viele Schnecken musst du eigentlich sammeln?“
„Ach, ich denke, fünf oder sechs sollten reichen. Ich brauche aber auch dementsprechend viele Holzkästchen, damit ich den Versuch genau protokollieren kann.“
„Ich glaube, ein paar Schuhkartons habe ich noch, wenn die auch gehen. Die kannst du gerne nehmen.“
„Ich denke, das wäre okay. Dann bis später, Mama.“
„Ja, bis später, Edwin.“
Und so macht Edwin sich auf den Weg zum Waldrand, um seine Schnecken zu sammeln.
So wie Amanda vergisst auch er alles um sich herum, sobald er den Waldrand erreicht, und schlendert gedankenverloren den schmalen Waldweg entlang. Nach einiger Zeit fällt ihm wieder ein, dass er ja noch Schnecken sammeln muss. Er schaut unablässig auf der Suche nach ihnen auf den Boden.
„Verdammt, jetzt laufe ich schon eine ganze Zeit durch den Wald, ohne eine einzige Schnecke gefunden zu haben“, redet er leise vor sich hin und bleibt stehen. Enttäuscht schaut er sich um und merkt, dass der Wald sich verändert hat. „Nanu, das sieht hier aber komisch aus. Ich gehe diesen Weg doch immer. Die Blumen riechen auch anders und sehen viel schöner aus. Die Farben sind viel intensiver, es sieht auf einmal alles wunderschön aus.“
Da hört er plötzlich ein sehr merkwürdiges Geräusch. Ein piepsiges Stimmchen kommt aus einem Gebüsch und ruft immerzu: „Los, weg, los, schnell weg von hier. Sie kommen schon wieder. Pass auf! Sie kommen, oh nein, sie werden dich gleich erwischen. Nein, nicht schon wieder, pass doch auf!“
„Was ist denn das?“, fragt sich Edwin und will der Sache auf den Grund gehen. Er schleicht sich geduckt und ganz leise zu dem Gebüsch, aus dem er die Stimme gehört hat.
Da hört er schon wieder diese piepsige Stimme: „Oh nein, oh nein. Jetzt ist es um sie geschehen, was mache ich denn jetzt? Warum musste sie auch so weit vorfliegen? Oh nein, oh nein.“
Edwin schaut sich um, kann aber keinen Menschen entdecken. „Hallo, hallo, wer ist da? Ist da jemand?“, ruft er.
„Nicht so laut. Oh, Hilfe, was bist du denn für einer? Etwa einer von der Onkabande, willst du mich auch in diesen kalten Kerker sperren?“
„Nein, wie kommst du denn darauf? Wer spricht da überhaupt? Komm heraus! Was soll das Ganze? Bin ich hier bei der Versteckten Kamera? Und warum kann so ein kleines Ding wie du überhaupt sprechen?“
Als Edwin die kleine Libelle entdeckt, ist er zuerst ziemlich sprachlos, denn Libellen können nicht sprechen.
„Du bist nicht von der Onkabande?“
„Nein,