ACT leicht gemacht. Russ Harris
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• Ultrakurzzeittherapie: Eine veröffentlichte Studie zur ACT-Therapie bei chronischer Schizophrenie umfasste gerade einmal drei bzw. vier einstündige Sitzungen. Durch diese extrem kurze Intervention reduzierten sich die Quoten der Wiedereinlieferungen in die Klinik um fast 50 Prozent (Bach & Hayes, 2002). (Selbstverständlich haben diese sehr kurzen ACT-Interventionen nicht zur Folge, dass die Klienten danach ein völlig achtsames, wertegeleitetes Leben führen und nie mehr irgendwelche Probleme haben. Es ist eher so, dass wir die Kernaspekte der ACT – präsent sein, sich öffnen und tun, was wichtig ist – relativ rasch und mit spürbarem Nutzen vermitteln können. Anschließend wird die Klientin zu ihrer eigenen ACT-Therapeutin und das Leben liefert ihr alle möglichen Probleme und Herausforderungen, die ihr Gelegenheit bieten, ihre Fähigkeiten weiter zu verbessern.)
In einigen Büchern über ACT wird vorgeschlagen, sich zunächst auf zwölf Sitzungen zu einigen. Das ist aber keine magische Zahl; Sie können die Anzahl der Sitzungen natürlich jederzeit an die Bedürfnisse Ihrer Klienten anpassen. In Australien, wo ich lebe und praktiziere, sind die Menschen zum Beispiel nicht so offen für Therapie wie in den Vereinigten Staaten; daher vereinbare ich gewöhnlich zunächst nur sechs Sitzungen.
An dieser Stelle sagen wir der Klientin auch, dass eine Therapie kein Spaziergang ist, sondern Höhen und Tiefen mit sich bringt. Sie können das beispielsweise so formulieren: »Mir ist noch wichtig zu sagen, dass eine Therapie nicht immer glatt läuft. Manchmal machen Sie einen regelrechten Sprung nach vorn und manchmal fallen Sie einen großen Schritt zurück. Gewöhnlich empfehle ich anfangs also sechs Sitzungen – und danach können wir überlegen, wie es geht, und schauen, ob Sie mehr brauchen. Und Sie sind der ›Verhandlungsführer‹, nicht ich. Sie beurteilen, ob wir vorankommen. Tatsächlich benötigen manche Klientinnen keine vollen sechs Sitzungen, andere kommen damit nicht aus. Es ist wirklich ganz verschieden. Wären Sie also bereit, sich erst einmal auf sechs Sitzungen festzulegen?«
WIE DIREKTIV IST ACT?
Wenn wir mit ACT arbeiten, können wir so direktiv oder nichtdirektiv sein, wie wir wollen. Es hängt von den Fähigkeiten des Klienten und den Erfordernissen der Situation ab. Bei Klientinnen, die schlecht mitarbeiten, die viele Probleme und beträchtliche Mängel an Kompetenzen zur Bewältigung ihres Lebens haben, werden wir gewöhnlich ziemlich direktiv sein müssen: Wir müssen zu Beginn jeder Sitzung einen klaren Plan festlegen und den Klienten so oft wie nötig zu ihm zurücklenken, um dafür zu sorgen, dass er in der Sitzung aktiv neue Fertigkeiten lernt, Werte klärt, Ziele für sich formuliert und Handlungspläne herstellt. Bei selbstmotivierten Klientinnen, die gut mitarbeiten, können wir viel weniger direktiv sein. Wir können also dosieren, wie direktiv wir in jeder Sitzung sind, um uns den Bedürfnissen jedes einzelnen Klienten, den wir vor uns haben, anzupassen. Es ist jedoch unmöglich, vollkommen nicht-direktiv zu sein, wenn wir Klientinnen Achtsamkeitskompetenzen vermitteln. Wir müssen sie anleiten, ihnen Vorschläge machen und Feedback geben, damit sie ihre neuen Fertigkeiten lernen und anwenden können.
AUFGABEN
Wenn Sie ein bisschen wie ich sind, kennen Sie auch die Neigung, Lehrbücher zu lesen und zu hoffen, dass Sie alles »in sich aufnehmen«, sodass Sie es spontan im Therapieraum anwenden können. Wenn das nur so wäre! Sie kommen nicht darum herum: Sie werden ACT nicht allein durch Lesen eines Buches lernen. Also hoffe ich, dass Sie die Aufgaben in diesem Abschnitt wirklich ernst genommen und gemacht haben. Für dieses Kapitel ist Ihre Aufgabe einfach Folgendes:
• Lesen Sie alle Interventionen des Therapeuten, die Sie oben finden. Lesen Sie sie laut, als wären Sie eine Schauspielerin, die den Text für ein Stück probt. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, gehen Sie sie wenigsten im Kopf durch.
• Wenn Sie ein Skript nach dem anderen so lesen, modifizieren Sie es: Übertragen Sie es in Ihre eigenen Worte.
Ideal wäre, wenn Sie dies ein paarmal machen, bis Ihnen die Worte der Interventionen so leicht von der Zunge gehen, dass Sie die Hauptpunkte, wenn Sie wollten, für Kolleginnen, Therapeuten, mit denen Sie zusammenarbeiten, oder für Leute, die Sie beim Finale der Schachweltmeisterschaft treffen, schnell zusammenfassen könnten. Ich kann die Wichtigkeit hiervon nicht übertreiben: Wenn Sie dies nicht außerhalb der Sitzung üben, werden Sie sich wahrscheinlich nicht daran erinnern, wenn Sie in der Sitzung sind.
WAS SIE MITNEHMEN KÖNNEN
Die Hauptsache, die Sie aus diesem Kapitel mitnehmen, ist dies: Bereiten Sie Ihre Sitzungen effektiv vor. Es ist wie ein Fundament, das Sie für das Haus legen, das Sie bauen wollen. Wenn das Fundament nicht richtig gelegt ist, können Sie mit einer Menge Probleme bei dem Prozess des Bauens rechnen. Informierte Zustimmung ist ein essenzieller Teil dieses Fundaments: Sie können es sich nicht leisten, sie zu übergehen. Und das gilt auch dafür, dass eine starke Gemeinsamkeit aufgebaut wird – sehen Sie Ihre Klientinnen also als Regenbögen und nicht als Hemmnis.
6 Was ist das Problem?
MIT DEN AUGEN VON ACT
Neulinge bei der ACT finden es oft schwierig, Probleme eines Klienten durch die Optik der sechs Kernprozesse zu sehen. Um ihnen dabei zu helfen, schauen wir noch einmal kurz den Punkt der Entscheidung an, wie er unten abgebildet ist. Darin wird die Essenz der meisten therapeutischen Themen aus einer ACT-Perspektive zusammengefasst.
Unten und auf der linken Seite des Diagramms sind die Hauptzüge fast aller therapeutischen Themen und psychiatrischen Störungen zusammengefasst:
A. Die Klientin hat schwierige Situationen zu bewältigen (das können alle möglichen gesundheitlichen Probleme, Probleme mit einer Beziehung, mit dem Gesetz, im Zusammenleben in der Familie, Probleme finanzieller oder medizinischer Art sein, Probleme, die mit dem Lebensstil zu tun haben, oder berufliche Probleme) und hat eine Vielfalt schwieriger Gedanken und Gefühle. (Zur Erinnerung: »Gedanken und Gefühle« stehen für alle privaten Erfahrungen, darunter Emotionen, dringende Bedürfnisse, Impulse und physische Sinnesempfindungen).
B. Wenn der Klient unflexibel auf seine Gedanken und Gefühle reagiert, mit Fusion und/oder Vermeiden (»in ihren Griff gerät«), verhält er sich auf eine selbstschädigende Weise, die nicht mit seinen Werten kongruent ist und die sein Leben auf lange Sicht schlechter macht (»Wegbewegungen«).
Die rechte Seite des Diagramms erinnert uns daran, dass das Ergebnis, das wir von der Arbeit mit der ACT erwarten, ein achtsames (»nicht verstricktes«), wertebasiertes Leben (»Hinbewegungen«) ist. Wir möchten, mit anderen Worten, »Kompetenzen im Lösen aus dem Griff von etwas« (Defusion, Akzeptanz, Selbst als Kontext, flexible Aufmerksamkeit) entwickeln und wertegeleitet und engagiert handeln (Hinbewegungen), um ein Leben zu führen, das so reich, erfüllt und sinnvoll wie möglich ist.
Wenn wir die Anamnese erheben, finden Klientinnen es im Allgemeinen viel leichter, ihr Leiden und ihre Kämpfe (unten und linker Pfeil) zu beschreiben, als zu beschreiben, was sie tun wollen, um ein reiches und sinnvolles Leben aufzubauen (rechter Pfeil). Damit wir als Therapeuten jedoch effektiv sein können, brauchen wir Informationen über beides. Zum Glück gibt es alle möglichen Hilfsmittel und Techniken, um Menschen zu helfen, ihre Werte und Ziele zu klären, wie wir in Kapitel 19 sehen werden.
Es gibt zwei Hauptfragen, die uns erlauben, jedes Thema oder Problem aus einer ACT-Perspektive schnell zu konzeptualisieren:
1. An welchen Werten möchte sich die Klientin orientieren?
2. Was steht ihr dabei im Wege?
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