ACT leicht gemacht. Russ Harris

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ACT leicht gemacht - Russ Harris

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An welchen Werten möchte sich der Klient orientieren?

      Diese Frage dient der Klärung von Werten: Auf welche Weise möchte die Klientin wachsen und sich entwickeln? Welche persönlichen Stärken und Qualitäten will sie kultivieren? Wie möchte sie sich verhalten? Wie möchte sie mit sich selbst umgehen? Welche Arten von Beziehung möchte sie aufbauen? Wie möchte sie die Menschen behandeln, mit denen sie in Beziehung ist? Wofür möchte sie sich einsetzen? Wofür möchte sie in dieser Krise oder herausfordernden Situation eintreten? Welche Lebensbereiche sind ihr am wichtigsten? Welche Ziele hat sie derzeit, die mit ihren Werten in Einklang stehen?

      Nachdem wir Antworten auf diese Frage gefunden haben, können wir dieses Wissen nutzen, um wertekongruente Ziele festzulegen und den Klienten zu anhaltenden Handlungen zu inspirieren und entsprechend zu begleiten. Falls wir diese Frage nicht beantworten können, wissen wir, dass wir daran arbeiten müssen, Werte zu klären, Ziele zu setzen und Handlungspläne zu entwerfen.

       Was steht ihm dabei im Wege?

      Diese Frage bezieht sich auf psychische Barrieren: Was hindert den Klienten daran, angesichts der Herausforderungen des Lebens effektiv zu handeln? Psychische Barrieren können jeden einzelnen oder alle der sechs Prozesse psychischer Rigidität einschließen, die wir in Kapitel 2 behandelt haben: kognitive Fusion, Erlebnisvermeidung, unflexible Aufmerksamkeit, Werteferne, unzweckmäßiges Handeln und Fusion mit Selbstkonzepten.

      Nicht alle diese Prozesse werden für jede Klientin relevant sein, aber die meisten werden relevant sein, wenigstens in gewissem Maß, bei den meisten Klientinnen.

      Wenn wir die Anamnese eines Klienten erheben, wird ein großer Teil davon darin bestehen, Antworten auf diese zwei Hauptfragen zu bekommen.

      ERHEBUNG DER ANAMNESE

      Die Erhebung der Anamnese ist kein glatter, geordneter, linearer Prozess. Gewöhnlich tun wir das stückchenweise im Laufe des Prozesses, springen vor und zurück und auf Nebenwege und vervollständigen so das Bild des gegenwärtigen Lebens der Klientin, der Probleme, die sie hat, und ihrer relevanten Vorgeschichte. Glücklicherweise müssen wir nicht alle Informationen in einer Sitzung bekommen. Nach Bedarf können wir auch später noch Fragen zur Geschichte des Klienten stellen. Um die Anamneseerhebung zu erleichtern und auch zu beschleunigen, bitte ich meine Klienten, vor der ersten Sitzung einige Arbeitsblätter auszufüllen. (Ich versende die Formulare entweder per Post oder per E-Mail oder bitte die Klientin, 20 Minuten früher zu kommen und sie im Wartezimmer auszufüllen.) Ich gebe ihnen die Arbeitsblätter »Die einzelnen Aspekte des Problems« und entweder »Zielscheibe« oder »Lebenskompass«. Diese Arbeitsblätter finden sich am Schluss dieses Kapitels. Werfen Sie jetzt bitte kurz einen Blick darauf.

      Wollen wir eine generelle Einschätzung der Werte in den verschiedenen Lebensbereichen vornehmen, eignet sich »Zielscheibe« am besten. Dieses Arbeitsblatt sieht vier Lebensbereiche vor: Erwerbsarbeit/Bildung, persönliches Wachstum/Gesundheit, Beziehungen und Freizeit. Wenn der Klient dies zum ersten Mal ausfüllt, bekommen Sie wahrscheinlich eine ziemliche Mischung von Werten, Wünschen, Bedürfnissen und Zielen: ein wunderbarer Anfangspunkt für weitere Erkundungen.

      Das Arbeitsblatt »Die einzelnen Aspekte des Problems« untersucht das Leiden des Klienten anhand der vier Kernprozesse Fusion mit Gedanken, Fusion mit Gefühlen, Erlebnisvermeidung und unzweckmäßiges Handeln. Ich bitte meine Klienten, diese Arbeitsblätter nach bestem Vermögen auszufüllen und zur ersten Sitzung mitzubringen. Ich erkläre ihnen, dass es auch dann sehr hilfreich ist, wenn sie nur ein paar Worte schreiben. Sie können diese Arbeitsblätter aber auch gemeinsam in der ersten Sitzung ausfüllen oder sie Ihren Klienten als »Hausaufgabe« mitgeben.

      Wie viel von der Vorgeschichte erfassen wir?

      Eine Anamnese kann wenige Minuten dauern, sie kann aber auch eine ganze Stunde in Anspruch nehmen, abhängig von der Situation. In dem Buch ACT in Practice (Bach & Moran, 2008) wird zum Beispiel empfohlen, sich eine ganze Sitzung Zeit zu nehmen, um die Vorgeschichte einer Klientin detailliert zu erheben und ihre Themen sorgfältig herauszuarbeiten. Andererseits muss in der Grundversorgung, bei der dem Therapeuten möglicherweise lediglich zwei bis drei Sitzungen zu je 15 oder 30 Minuten zur Verfügung stehen, die Anamnese sehr kurz sein (Robinson, 2008).

      Die Botschaft lautet also auch hier wieder: Passen Sie die ACT Ihrer eigenen Arbeitsweise, Ihrem Stil und Ihrer Klientel an. Für die Anamnese können Sie jedes beliebige standardisierte Anamneseverfahren einsetzen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Viele gängige Fragebögen messen Veränderungen bezüglich der Zahl und der Schwere von Symptomen, also die Form des Symptoms, aber keine Veränderungen bezüglich der psychischen Auswirkungen oder Einflüsse, also der Funktion des Symptoms. In der ACT gilt unser Interesse jedoch der Veränderung der Funktion und nicht der Form. Es ist also zwar nicht unbedingt notwendig, dass Sie ACTspezifische Beurteilungsverfahren wie den AAQ-II, den Akzeptanz- und Handlungs-Fragebogen (Acceptance and ACTion Questionnaire-II; Bond et al., 2011) einsetzen, sie können jedoch sehr hilfreich sein. In diesem Buch werde ich nicht weiter auf solche Messinstrumente eingehen. Bei Bedarf finden Sie eine breite Palette von Fragebögen in englischer Sprache unter www.contextualscience.org zum Download.

      Ich gehe jetzt davon aus, dass Sie schon ein Verfahren für die Anamneseerhebung haben, daher gebe ich Ihnen im Folgenden ein paar Tipps, wie Sie das, was Sie schon tun, an die ACT anpassen können.

      Acht Schlüsselbereiche der Anamnese

      Wenn Sie zur Vorbereitung auf die Arbeit mit der ACT eine Anamnese erheben, gibt es acht Schlüsselbereiche, die zu berücksichtigen sind:

      1. das oder die präsentierten Anliegen

      2. erste Klärung von Werten

      3. aktueller Lebenskontext

      4. relevante Vorgeschichte

      5. psychische Rigidität

      6. motivierende Faktoren

      7. psychische Flexibilität

      8. Ressourcen des Klienten.

      Kurze Anmerkungen zu jedem dieser Punkte.

       1. Das präsentierte Anliegen

      Sie sollten hier im Grunde die Informationen sammeln, die beim Punkt der Entscheidung unten und links stehen: die schwierige Situation oder die schwierigen Situationen, mit der oder mit denen die Klientin konfrontiert ist, die Gedanken und Gefühle, die sie im Griff haben, und ihre selbstzerstörerischen Verhaltensweisen, wenn sie so mit ihnen identifiziert ist. (Und beachten Sie: Sie müssen den Punkt der Entscheidung nicht verwenden; er ist nur ein Hilfsmittel, der der Erleichterung Ihrer Arbeit dient und den Sie nur verwenden, wenn Sie möchten.)

       2. Erste Klärung von Werten

      Als Teil unserer Geschichte sollten wir ein Gefühl für die Werte des Klienten bekommen. Manchmal ist es fast unmöglich, diese Informationen direkt zu bekommen, daher schauen wir in den Kapiteln 19 und 20 an, wie man das machen kann. Ein guter Anfangspunkt ist jedoch die Zielscheibe.

       3. Aktueller Lebenskontext

      Der aktuelle Lebenskontext umfasst Gesundheit, Medikation, Arbeit, die finanzielle Situation, Beziehungen, die soziale Situation, Familie, Kultur, den Lebensstil (das heißt Ernährung, Sport, Rauchen, Drogen und Alkohol), rechtliche oder finanzielle Probleme und so weiter. Wenn wir den aktuellen Lebenskontext betrachten, identifizieren wir äußere Barrieren (im Gegensatz

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