ACT leicht gemacht. Russ Harris
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WAS SIE MITNEHMEN KÖNNEN
ACT ist eine Verhaltenstherapie, die Werte und Achtsamkeits-Kompetenzen kreativ nutzt, um Menschen zu helfen, ein reiches und sinnvolles Leben aufzubauen. Sie beruht auf sechs Kernprozessen: Werte, engagiertes Handeln und die vier Achtsamkeitsprozesse Defusion, Akzeptanz, Selbst als Kontext und Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment. Diese kann man zu drei größeren Prozessen zusammenfassen: präsent sein, sich öffnen und tun, was wichtig ist. Technisch gesprochen ist das Ziel der ACT, Menschen zu helfen, psychische Flexibilität zu entwickeln: die Fähigkeit, uns auf das zu fokussieren und uns in dem zu engagieren, was wir tun, uns für unsere Gedanken und Gefühle zu öffnen und ihnen Raum zu geben und geleitet von unseren Werten effektiv zu handeln.
2 Sich verstricken
WAS VERSTEHEN WIR UNTER »VERSTAND«?
Das ist zu schwer. Das kann ich nicht. Ich wünschte, es wäre ein Therapeut hier, der mir sagt, was ich tun soll. Vielleicht bin ich für diese Art von Arbeit ja gar nicht geeignet. Ich bin so blöd.
Spricht Ihr Verstand je so zu Ihnen? Meiner schon. Und der Verstand aller Therapeutinnen, die ich je gekannt habe, spricht genauso. Und was für andere wenig nützlichen Dinge macht Ihr Verstand? Vergleicht er Sie beispielsweise unbarmherzig mit anderen? Kritisiert er Ihre Bemühungen oder sagt Ihnen, dass Sie das, was Sie gern tun möchten, nicht tun können? Holt er unangenehme Erinnerungen aus der Vergangenheit hoch? Kritisiert er Ihr jetziges Leben und beschwört Lebensentwürfe herauf, mit denen Sie so viel glücklicher wären? Malt er angstvolle Szenarien über die Zukunft an die Wand und warnt Sie vor all dem, was schiefgehen könnte?
Falls ja, dann ist Ihr Verstand offensichtlich ganz normal. Nein, das ist kein Druckfehler. In der ACT gehen wir von der Annahme aus, dass die normalen psychischen Prozesse eines normalen menschlichen Verstandes leicht destruktiv werden und früher oder später psychisches Leiden verursachen. Und wir vermuten, dass die Ursache all dieses Leidens in der menschlichen Sprache selbst zu suchen ist.
Sprache und Verstand
Die menschliche Sprache ist ein hochkomplexes System von Symbolen, das Worte, Bilder, Geräusche, Mimik und Gesten umfasst. Wir Menschen nutzen Sprache auf zweierlei Weise: offen und verdeckt. Offen sind Sprechen, Mimik, Gesten, Schreiben, Malen, Bildhauerei, Singen, Tanzen, Schauspielerei und dergleichen. Verdeckt sind unter anderem sorgenvolles Denken, Vorstellen, Tagträumen, Planen, Visualisieren, Analysieren, Fantasieren.
Das Wort »Verstand« bezieht sich auf ein unglaublich komplexes System interaktiver kognitiver Prozesse, wie zum Beispiel Analysieren, Vergleichen, Bewerten, Planen, Erinnern, Visualisieren und vieles mehr. Allen diesen komplexen Prozessen liegt das ausgeklügelte System an Symbolen zugrunde, das wir menschliche Sprache nennen. In der ACT benutzen wir den Begriff »Verstand« daher als eine Umschreibung für »menschliche Sprache«.
Der Verstand ist ein zweischneidiges Schwert
Der menschliche Verstand ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der guten Seite hilft er uns, Abbildungen und Modelle der Welt zu entwerfen, Prognosen zu erstellen und die Zukunft zu planen, Wissen weiterzugeben, aus Erfahrungen zu lernen, sich Dinge vorzustellen und zu erschaffen, die es nie zuvor gegeben hat, Regeln aufzustellen, an denen wir uns orientieren können und die uns helfen, uns als Gemeinschaft weiterzuentwickeln, mit Menschen zu kommunizieren, die weit entfernt leben, und von Menschen zu lernen, die nicht mehr leben.
Auf der Schattenseite können wir den Geist dazu nutzen, zu lügen, zu manipulieren und zu täuschen, zu verleumden, zu beschimpfen und Unwissenheit zu verbreiten, Hass, Vorurteile und Gewalt zu schüren, Massenvernichtungswaffen herzustellen und die Umwelt zu verschmutzen, an schmerzlichen Erlebnissen aus der Vergangenheit festzuhalten und diese wieder und wieder zu »durchleben«, uns selbst Angst zu machen, indem wir uns eine unangenehme Zukunft vorstellen, uns und andere zu vergleichen, zu verurteilen, zu kritisieren und zu verachten und uns Regeln aufzuerlegen, die einschränkend oder destruktiv wirken können.
Diese »dunkle Seite« des Verstandes ist vollkommen normal und natürlich und eine Quelle von Leiden für einfach jede und jeden. Und wenn wir es wagen, die dunkle Seite zu erforschen (Sie merken, ich bin ein Fan von Krieg der Sterne), begegnen wir bald den heimlichen Geschwistern psychischen Leidens: kognitiver Fusion und Erlebnisvermeidung.
KOGNITIVE FUSION
Kognitive Fusion – normalerweise zu Fusion verkürzt – bedeutet im Grunde, dass unsere Kognitionen unser Verhalten (offen oder verborgen) auf eine Weise beherrschen, die selbstschädigend oder problematisch ist. Mit anderen Worten, unsere Kognitionen haben einen negativen Einfluss auf unsere Handlungen und auf unser Gewahrsein.
Schwierige Terminologie
In der ACT bezieht sich der Begriff »Kognition« auf alle Kategorien von Denken – einschließlich Überzeugungen und was man glaubt, Vorstellungen, innere Haltungen, Annahmen, Fantasien, Erinnerungen, Bilder und Schemata – sowie auf Aspekte von Gefühlen und Emotionen. Viele Therapiemodelle treffen eine künstliche Unterscheidung von Kognition und Emotion, als wären sie getrennte Entitäten. Aber wenn wir eine Emotion untersuchen – Traurigkeit, Wut, Schuldgefühle, Angst, Liebe, Freude, was auch immer –, finden wir, dass die Erfahrung in Kognition »gesättigt« ist; da gibt es einen Reichtum an Bildern, Gedanken, Vorstellungen, Bedeutungen, Eindrücken oder Erinnerungen in einer »Mischung« mit allen möglichen physischen Impulsen, dringenden Bedürfnissen und Sinnesempfindungen im Körper. Dies ist der Grund, weshalb Sie mich häufig von Fusion mit »Gedanken und Gefühlen« sprechen hören.
Gegenüber Klienten verwende ich den Begriff »Fusion« nur, wenn sie ihn vor der Therapie schon gekannt haben. Vor allem spreche ich davon, »in den Griff von etwas zu geraten« – ein nützlicher Ausdruck, der sowohl Fusion als auch Erlebnisvermeidung abdeckt. Wir können darüber sprechen, wie unsere Gedanken und Gefühle uns »in den Griff bekommen«: sie besetzen unsere Aufmerksamkeit, halten uns zum Narren und bringen uns von der Spur ab.
Zwei Hauptformen, wie sich Fusion zeigt
Kognitive Fusion zeigt sich auf zweierlei Weise:
1. Unsere Kognitionen dominieren auf problematische Weise unsere physischen Handlungen. Als Reaktion auf unsere Kognitionen sagen und tun wir Dinge, die für den Aufbau des Lebens, das wir leben möchten, ineffektiv sind. Zum Beispiel sage ich als Reaktion auf den Gedanken Niemand mag mich ein wichtiges Treffen mit Freundinnen ab.
2. Unsere Kognitionen dominieren auf problematische Weise unser Bewusstsein. Mit anderen Worten, wir werden in unsere Kognitionen »hineingezogen« oder »verlieren« uns in ihnen, sodass unser Bewusstsein reduziert ist, und wir nicht mehr auf eine zweckmäßige Weise aufmerksam sind. Zum Beispiel »verwickle« ich mich so sehr in Sorgen oder Grübeln, dass ich mit meiner Aufmerksamkeit nicht bei den wichtigen Aufgaben bleiben kann, die ich bei der Arbeit erfüllen muss, und fange an, eine Menge Fehler zu machen.
Es herrscht in der ACT Einigkeit darüber, dass der Begriff »Fusion« nur verwendet werden sollte, wenn der Prozess zu problematischem, selbstschädigendem Verhalten führt. Mit anderen Worten, wenn unser offenes oder verborgenes Verhalten als Reaktion auf unsere Kognitionen in einem Ausmaß eng, rigide und unflexibel wird, das ineffektiv und selbstschädigend ist (z. B. das Leben auf lange Sicht schlechter macht, Gesundheit und Wohlbefinden schadet und uns von unseren Werten abbringt), würden wir den Begriff »Fusion« verwenden. Wenn das nicht der Fall ist, würden wir das nicht tun.
Wenn ich zum Beispiel auf eine Weise »in meinen Gedanken verloren« bin,