Das achtsame Gehirn. Daniel Siegel

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Das achtsame Gehirn - Daniel Siegel

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dem wachsenden Feld achtsamkeitsbasierter klinischer Interventionen zu untersuchen. Was mir bei der näheren Beschäftigung mit diesem Bereich aufgefallen ist, war, dass sich die Messergebnisse für dessen klinische Anwendungen und die Messergebnisse meines eigenen Forschungsbereichs, des Bindungsverhaltens, bei dem es um das Studium der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern ging, teilweise zu decken schienen.

      Diese Überschneidung in Bezug darauf, wie Wohlbefinden und Resilienz durch eine sichere Bindung und die Praxis achtsamen Gewahrseins gefördert wurden, war faszinierend. Diese Ähnlichkeit stimmte außerdem mit den Funktionen einer bestimmten integrativen Region des Gehirns, den mittleren Aspekten des Präfrontalkortex, überein. Ich war wie gefesselt von dieser Konvergenz und wollte unbedingt mehr über das faszinierende Feld der Achtsamkeit wissen. Das Ergebnis der Reise, diese Ideen experimentell und begrifflich zu erforschen, ist dieses Buch über das achtsame Gehirn.

      Dieses Buch ist für Menschen gedacht, die sich dafür interessieren, mehr über den Geist zu erfahren und darüber, wie man ihn bei sich selbst und bei anderen stärker entwickeln kann. Diese Ideen könnten besonders nützlich für diejenigen sein, die anderen dabei helfen, voranzukommen und zu wachsen, für Erzieher, Lehrer und Kliniker bis hin zu Mediatoren und Führungspersönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft. Jeder dieser Menschen kann, unabhängig von seiner sozialen Rolle, entscheidend dazu beitragen, das Wohlergehen in der menschlichen Gesellschaft zu fördern.

      Mit dieser aufregenden Sichtweise, Ideen aus der Welt der Beziehungen, der Welt des Gehirns und der Welt des Geistes zu integrieren, bin ich in das unmittelbare Erleben der Tiefen des Geistes eingetaucht. Ich lade Sie ein, mich zu begleiten, während wir das Wesen des achtsamen Gewahrseins erforschen, das sich Moment für Moment in dieser den Geist öffnenden Entdeckungsreise entfaltet hat.

      Teil I

      Geist, Gehirn und Bewusstsein

      Kapitel 1

      Achtsames Gewahrsein

      Sich der Fülle unserer Erfahrungen gewahr zu sein lässt uns für die geistige Welt in unserem Inneren wach werden, und wir tauchen vollständig in unser Leben ein. In diesem Buch geht es darum, wie die Art und Weise, wie wir im gegenwärtigen Moment aufmerksam sind, das Funktionieren von Körper und Gehirn, unser subjektives psychisches Erleben, einschließlich unserer Gefühle und Gedanken, sowie unsere zwischenmenschlichen Beziehungen unmittelbar verbessern kann.

      Wir gehen davon aus, dass sich diese uralte, nützliche Form des Gewahrseins den sozialen Schaltkreis im Gehirn zunutze machen kann, damit wir mit seiner Hilfe eine „eingestimmte“ Beziehung in unserem eigenen Geist entwickeln können. Zur Prüfung dieser Annahme werden wir uns den Forschungen über unser soziales Leben zuwenden; wir werden bestimmte Regionen im Gehirn (einschließlich des Spiegelneuronensystems und der damit zusammenhängenden Schaltkreise) untersuchen, die an dieser Einstimmung beteiligt und möglicherweise aktiv sein könnten, wenn wir mit unseren intentionalen Einstellungen in Resonanz sind.

      Der Begriff achtsames Gehirn wird in diesem Ansatz verwendet, um die Vorstellung auszudrücken, dass unser Gewahrsein, unser achtsames „Aufmerksamkeit-Schenken“ oder „Uns-um-etwas-Kümmern“ eng mit der Beziehung zwischen unserem Geist und unserem Gehirn verbunden ist. Der Achtsamkeitsbegriff, den wir hier erforschen werden, umschließt eine ganze Reihe von Definitionen, von üblichen Alltagsvorstellungen wie „etwas im Gedächtnis behalten“ oder „die Neigung haben, gewahr zu sein“ bis hin zu den spezifischen pädagogischen, klinischen und wissenschaftlichen Definitionen. Vor dem Hintergrund dieser breiten allgemeinen und gebräuchlichen Definition werde ich einen Überblick über die neuen wissenschaftlichen Entwicklungen geben, die sich hinsichtlich der spezifischeren Formen der Achtsamkeit und eigener subjektiver Augenblickserfahrung ergeben haben.

      Viele Menschen empfinden diesen „gesellschaftlichen Wirbelsturm“ als persönlich zutiefst unbefriedigend. Wir können uns anpassen, auf den Druck, etwas tun zu müssen, reagieren, doch häufig können wir uns in einer so frenetischen Welt nicht entfalten. Auf der persönlichen Ebene brennen Menschen in modernen Kulturen häufig darauf, eine neue Seinsweise zu erlernen, die ihnen helfen kann, aufzublühen. Die Achtsamkeit in ihrer allgemeinsten Form bietet einen Weg des Gewahrseins an, der der Beginn eines vitaleren Lebens sein kann: Wir werden auf uns selbst eingestimmt.

      In einem Buchbeitrag führt Paul Grossman (im Druck) aus, dass „der umgangssprachliche Gebrauch des Begriffs ‚Achtsamkeit‘ häufig die Konnotation des Achtens, Aufpassens oder Eingedenkseins in einem eindeutig bewertenden Kontext hat: Ein Vater oder eine Mutter sagt zum Kind: ‚Achte auf dein Benehmen‘ oder ‚pass auf, was du sagst‘, was impliziert, darauf zu achten, dass man sich auf eine Weise verhält, wie sie von der Kultur vorgeschrieben wird. ‚Er achtete auf die schlechten Straßenbedingungen und fuhr deshalb langsam‘ – ‚Was ist denn der Mensch, dass du seiner gedenkst…?‘ (Psalmen, 8.5) – ‚Ich verspreche, auf deine Ermahnungen zu achten‘ – ‚Er achtete immer auf seine Verantwortung als Familienvater‘. All diese Formulierungen spiegeln wider, dass die Betonung des Begriffs ‚Achtsamkeit‘ darauf liegt, dass man einer Sache genaue Beachtung schenken sollte, um sich nicht mit den Folgen unachtsamen Verhaltens auseinander setzen zu müssen.“

      Eine nützliche und von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen befürwortete Definition des Geistes lautet: „ein Prozess, der den Fluss von Energie und Informationen regelt“.

      Unser menschlicher Geist ist sowohl verkörpert, in dem Sinne, dass er einen Fluss von Energie und Informationen beinhaltet, der sich innerhalb des Körpers und des Gehirns vollzieht, als auch relational (beziehungsbezogen), womit jene Dimension des Geistes angesprochen wird, die sich auf den Fluss von Energie und Informationen zwischen Menschen bezieht – zum Beispiel diejenige vom Autor zu seinen Lesern. Jetzt im Augenblick formt dieser Fluss von mir zu Ihnen, während ich diese Worte an Sie schreibe und Sie sie lesen, unseren jeweiligen Geist, Ihren und meinen. Selbst während ich mir vorstelle, wer Sie sein könnten und wie Ihre Reaktion möglicherweise aussehen könnte, verändere ich den Energie- und Informationsfluss in meinem Gehirn und meinem Körper als Gesamtsystem. Und indem Sie diese Worte in sich aufnehmen, verkörpert Ihr Geist diesen Energie- und Informationsfluss ebenfalls.

      Bei Achtsamkeit in ihrem allgemeinsten Sinne geht es darum, aus einem Leben, das sozusagen auf Automatik geschaltet war, aufzuwachen und für den Reiz des Neuen in unseren Alltagserfahrungen empfänglich zu werden. Durch das achtsame Gewahrsein dringt der Energie- und Informationsfluss, der unser Geist ist, in unsere bewusste Aufmerksamkeit ein, und wir können auf der einen Seite seinen Inhalt würdigen und auf der anderen lernen, seinen Fluss

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