Das neue Weltbild des Physikers Burkhard Heim. Illobrand von Ludwiger
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Im Jahre 1948 wird sein Vater Heinrich aus russischer Gefangenschaft im Lager Sachsenhausen entlassen und kümmert sich von nun an ausschließlich um ihn. Er begleitet Burkhard in die Universität und schreibt für ihn die Vorlesungen mit. Nachmittags setzt er sich mit Burkhard von 2 bis 7 Uhr zusammen, liest ihm vor und schreibt alle Gedanken seines Sohnes in dicke Konto-Bücher. Es werden schließlich mehr als 8000 Seiten.
Im Laufe der Zeit erkennt Burkhard Heim, dass ihm das Fach Chemie keine geistigen Abenteuer mehr bereiten kann, die er - nun als vollkommener Theoretiker wider Willen - sucht. 1949 beginnt er mit dem Studium der Theoretischen Physik.
Im Jahre 1950 heiratet Burkhard Heim die ehemalige Opernsängerin Gerda Straube und zieht mit ihr nach Göttingen.
Sein Diplom-Physiker-Examen legt er 1954 bei den Physikern Becker und von Weizsäcker und bei dem Mathematiker Lyra in Göttingen ab. Anschließend wird er Mitglied in der Arbeitsgruppe von Carl-Friedrich v. Weizsäcker im Max-Planck-Institut für Astrophysik in Göttingen, wo er sich mit Supernova-Sternexplosionen beschäftigt.
Bald aber schon muss er schmerzlich feststellen, dass ihm ein Arbeiten im Team unmöglich ist. Den Rechnungen an der Tafel kann er nicht folgen, und die Gespräche versteht er kaum. Immer [16]muss ihm jemand aus Fachzeitschriften vorlesen. Schweren Herzens verläßt Heim das MPI und setzt seine Arbeiten notgedrungen zu Hause fort, wo ihm sein Vater und seine Frau Augen, Ohren und Hände ersetzen.
Das rechte Auge ist total erblindet, während Heim mit dem linken Auge noch schemenhaft etwas sehen kann. Wenn er sich eine Brille mit einer starken Linse aufsetzt, kann er Schriftzeichen an einer Tafel erkennen und mit einem Stück Kreide sogar mit seinem Spaltenarm an der Tafel schreiben.
Als Burkhard Heim 40 Jahre alt ist, besuchen ihn Schriftsteller und Studenten in Göttingen und fragen ihn auch, wie er sein eigenes Schicksal beurteilen würde. Überraschenderweise zeigt sich Heim mit seinem Schicksal ganz zufrieden:
„Ich habe den Eindruck, dass alles was geschieht, von vornherein seine Richtigkeit hat, und dass ich am eigentlichen Plan, der hinter allem steht, nicht viel ändern sollte. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass das was auf mich zu kommt, seine Richtigkeit hat und für die Gegebenheiten, die nun mal da sind, sowieso das Optimum ist. Manches mag mir vielleicht schlimm erscheinen, ist es in Wirklichkeit aber überhaupt nicht, weil eben alles seine Richtigkeit hat. Ich sage mir: Ich habe eine bestimmte Aufgabe, zweifellos. Denn es hat einen Sinn, dass ich überhaupt als Mensch existiere. Ich habe also die Aufgabe, eine bestimmte Sinngebung zu erfüllen. Das ist der Sinn meines ganzen Daseins überhaupt. Dieser Sinn ist zu erfüllen. Das ist das Wesentliche. Alles, was ich zur Erfüllung dieser Sinngebung brauche, das kriege ich sowieso. Denn wenn ich das nicht bekommen würde, dann wäre es sinnlos, dass ich überhaupt da bin.“
Herr Klockmann aus Hamburg meint, dass dies doch reichlich fatalistisch klänge. Aber Heim widerspricht ihm:
„Nein! Das finde ich überhaupt nicht. Denn es ist ja so, dass ich durchaus das Bewusstsein bejahe, dass ich einen Sinn habe. Wichtig ist für mich, zu erfahren, wo dieser Sinn liegt. Und darauf muss man hinarbeiten.
[17]Natürlich fällt einem gar nichts in den Schoss. Ich muss immer versuchen, mit Spannung und Energie dahinter her zu sein, wie ich diese Sinnerfüllung besser erreichen kann. Das fällt mir nicht zu; ich kann mich nicht hinsetzen und alle Viere von mir strecken und sagen: ‚Wird schon werden’. Das ist klar, dass das nicht geht!
Wenn ich es täte, und wenn ich völlig fatalistisch wäre, dann würde ich ja im Grunde genommen diese Sinnerfüllung hintertreiben. Ich werde aber von mir aus alles tun, um sie zu erreichen.“
„Ich habe mich bereits 25 mal operieren lassen und werde mich auch noch weiterhin operieren lassen. Das ist jedes Mal eine ziemlich harte Sache, vor allem, wenn man keine Schmerzen hat, aber weiß, was einem bevorsteht. Da muss man sich schon einen ganz schönen Tritt ins Kreuz geben, ehe man überhaupt in die Klinik geht. Aber ich bin davon überzeugt, dass das alles seine Richtigkeit hat. Der Ausgang aller dieser Unternehmungen ist garantiert so, dass ich meiner eigentlichen Aufgabe nachkommen kann.
Das, was nötig ist, kommt sowieso… Wenn ich mein eigenes Leben betrachte, so muss ich sagen, dass alles seinen Sinn hatte. Es kam alles zur rechten Zeit.“
Wäre das Unglück nicht geschehen, folgerte Heim, so wäre er Chemiker geblieben, oder weil er im Kriege als Pilot ausgebildet worden war, zur zivilen Fliegerei gegangen. So aber wurde er zu einem erfolgreichen Physiker, dem es gelungen war, die beiden vorherrschenden Kräfte im Universum, nämlich Elektromagnetismus und Gravitation zu vereinigen und daraus technologische Konsequenzen abzuleiten.
Heim sprach darüber 1952 auf dem Internationalen Astronautischen Kongress in Stuttgart. Aber er publizierte diese Arbeiten nicht, da sich ein neuer Raumfahrtantrieb als möglich erwiesen hatte.
[18]Die praktischen Konsequenzen konnten noch nicht abgeschätzt werden.
Sein Vortrag Anfang November 1957 in Frankfurt erweckte damals großes Aufsehen.
„Steht den Deutschen ein neues ’Weltbild der Physik’ bevor?“ fragte die Neue Illustrierte in der Titel-Überschrift, und weiter „Seine Kollegen nennen ihn ein Genie. Was er in Frankfurt berichtete kommt einer Sensation gleich. Wird er recht behalten?“
Und die Illustrierte Stern zitierte einen international berühmten Physik-Professor mit folgenden Worten über Burkhard Heim: „dessen Gedanken seien von umwälzender Kühnheit, von einer Verwegenheit des Geistes, wie sie in vergangenen Jahrhunderten Weltbilder gestürzt hat.“
Eine angesehene flugwissenschaftliche Zeitschrift in Großbritannien urteilte über Heims Arbeit als „eine Theorie, die Einstein weit hinter sich lässt.“
Jean Cocteau setzte ein Bild „des inneren Auges von Heim“ in sein 6 mal 8 Meter großes Gemälde über die großen Physiker für die Brüsseler Kunstakademie an die Spitze des Bildes, neben die Wissenschaftler Kopernikus, Newton, Einstein, Lee und Yang. Amerikaner machten Heim lukrative Angebote, wenn er für sie arbeiten würde. Beamte vom Verfassungsschutz überwachten Heim und schützten ihn vor Spionen aus dem Osten.
Auch im Ausland sprach sich herum, dass in Frankfurt über ein neues Antriebskonzept für die Raumfahrt vorgetragen worden war. Die Raumfahrt-Wissenschaftler v. Braun und der Russe Sedow erkundigten sich bei Heim über den neuen Antrieb. Alle Welt wartete auf die Veröffentlichungen der Heimschen Theorie, die dieser nur 1952 und 1957 auf Kongressen über Astronautik vorgestellt hatte.
Bild rief im November 1957 zu Spenden für Heim auf.
Was Heim mit seinen Vorträgen erreichen wollte, war die öffentliche Aufmerksamkeit, um Fördermittel für seine Forschungen zu bekommen. Diese Hoffnung erfüllte sich zum Teil. Bild und Stern und der Direktor der Luft- und Raumfahrtfirma Bölkow [19]unterstützten Heim finanziell soweit, dass er einige Zeit lang einen Mitarbeiter beschäftigen konnte.
Womit Heim aber nicht gerechnet hatte, das waren die Angriffe, denen er sich nun von der Zunft der „reinen Theoretischen Physiker“ ausgesetzt sah. Bis auf wenige Ausnahmen wurde ihm das Auftreten in der Öffentlichkeit verübelt, weil er seine Theorie nicht zuerst auf einem soliden Physikerkongress vorgetragen und seine Untersuchungen in einer Fachzeitschrift publiziert hatte.