Namen machen Leute. Gabriele Rodríguez
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SO SOLLST DU SEIN!
Namen wurden auch aus Charaktereigenschaften abgeleitet. Das Adjektiv »edel« (oder »adel«) taucht relativ oft auf, bekannt in Namen wie Edelgard, Edeltraut, Adelbert. Und es heißt genau das – edel. Und ein in einem anderen Kapitel noch näher behandelter Tabuname (siehe Seite 75 ff.) ist eine althochdeutsche Wortkombination aus zwei damals gebräuchlichen Worten: Abgeleitet von »adal« (»edel« oder »vornehm«) und »wolf« entstand der Adalwolf, der später zum Adolf wurde.
Beispiele für tierische Namen
Eingliedrig, zweigliedrig, dreigliedrig
Diese beiden Bestandteile waren jeweils relativ frei kombinierbar. Also gab und gibt es die Hildegund, aber auch die Gundhild. Den Siegfried und den Gerhard, aber auch den Gerfried und den Sieghard. Und so weiter. Wobei die Germanen ebenfalls schon Anwandlungen heutiger Helikoptereltern zeigten. Denn ging es anfangs bei der Kombination beider Bestandteile noch rein nach der Bedeutung und dem Sinn, setzte sich auch hier schon bald der Modename durch. Man ging nicht mehr nach der Bedeutung, sondern nach der Klangfärbung und dem persönlichen Geschmack. Gundhild ist so ein früher Modename, bei dem die reine Bedeutung schon zweitrangig war. Denn sowohl »gund« als auch »hilt« bedeuten ja Kampf. Und zweimal Kampf, das hätten selbst die frühen Germanen nicht kombiniert.
Einsilbige Namen waren damals sehr selten, es gab sie aber: Karl und Ernst etwa, oder verkürzte Formen wie Bruno, Berno oder Arno. Zudem entstanden zahlreiche Lall- und Koseformen wie zum Beispiel »Poppo« für Volkmar, »Ludo« für Liudolf, »Anno« für Arnfried oder »Wolfo/Woffo« für Wolfgang.
Die ersten Quellen für germanische Namen finden sich im 1. Jahrhundert nach Christus. Also relativ spät. Da waren die Römer und Griechen und eben die Chinesen schon viel weiter. Die Römer hatten schon weit vor den Germanen Familiennamen, ja sogar eine dreigliedrige Struktur. Der römische Name bestand aus einem Pränomen, einem Gentilnomen und einem Cognomen. Oder einfacher gesagt: aus einem Vornamen, einem Familiennamen und einem Spitznamen. Das lässt sich an einem der berühmtesten Römer veranschaulichen – Julius Caesar. Der hieß ja eigentlich Gaius Julius Caesar. Wobei Gaius der Vorname im heutigen Sinne war. Julius war dagegen der Familienname, denn er entstammte dem Geschlecht der Julier.
Caesar ist also der Spitzname von Julius Gaius und soll angeblich auf das lateinische »caedere« zurückgehen, was so viel bedeutet wie »ausschneiden«. Es wurde als »der aus dem Mutterleib Geschnittene« interpretiert, also der per Kaiserschnitt Entbundene. Allerdings gab es diesen in unserem Sinne damals noch nicht. Aber noch heute heißt der Kaiserschnitt im Spanischen »cesárea«. Interessant ist, dass der Name Caesar als Herrschaftstitel im Römischen Reich aufkam und die Bezeichnung »Kaiser« davon abgeleitet wurde.
HINZ UND KUNZ
Nur die männlichen Adligen hatten drei Namen, einfache Bauern, Sklaven oder Frauen spielten in der damaligen Gesellschaft keine Rolle und hatten nur einen Namen. Das war später auch im deutschen Sprachraum nicht anders. Der Adelige hatte einen langen und mehrteiligen Namen, hieß dann eben »Konstantin vom Rabenstein«, während der einfache Bauer einen einzigen Namen hatte und dann auch oft nur eine Kose- oder Kurzform. Wie eben »Hinz« oder »Kunz«, statt Heinrich und Konrad, die eigentliche Form beider Namen. So entstand die Redewendung: Weil so viele Menschen Heinrich oder Konrad hießen, wurde beider Koseform schnell zum Synonym für die »breite Masse«.
Leit- und Familiennamen
Der Name war auch immer ein Statussymbol. Wobei sich hier bei einfachen Bürgern Zweit- bzw. Familiennamen durchsetzten, schon aus Gründen der Unterscheidbarkeit. Wo viele »Hinzens« lebten, da war es nötig, zu wissen, welcher denn nun gemeint war. Heinrich der Lang(e), Heinrich der Kurz(e), Heinrich der Metzger, Heinrich der Müller oder Heinrich, der Besitzer des kleinen Ladens (Winkler).
Das aber passierte erst seit dem 12. Jahrhundert nach und nach. Während es in Italien oder Spanien bereits im 8. oder 9. Jahrhundert Familiennamen gab, dauerte es im deutschen Sprachraum etwas länger. Später wurden diese Beinamen dann vererbt, und ab dem 14. Jahrhundert spricht man schon von Familiennamen, die vom Vater auf den Sohn übergingen.
Beim Adel wird es zuerst üblich, den Rufnamen weiterzuvererben. Es entsteht ein sogenannter Leitname: Beispiele sind Karl und Ludwig bei den Karolingern, Otto bei den sächsischen Kaisern, Poppo bei den Hennebergern, Friedrich bei den staufischen Adligen oder Balduin bei den Grafen von Flandern.
Hier einige weitere Beispiel für Leitnamen:
Welfen und Staufer (1120–1252): Heinrich, Friedrich, Otto, Wilhelm, Philipp, Gertrud, Lothar, Judith, Agnes, Mechthild, Wulfhild
Askanier (1123–1267): Otto, Hermann, Dietrich, Adalbert, Heinrich, Siegfried, Albrecht, Johann, Bernhard, Mechthild, Elisabeth, Sophia
Ludowinger (1131–1247): Ludwig, Heinrich, Friedrich, Hermann, Konrad, Dietrich, Sophia, Gertrud, Irmgard, Jutta, Elisabeth, Agnes
Wettiner (1156–1291): Heinrich, Konrad, Dietrich, Friedrich, Albrecht, Adelheid, Dedo, Gertrud, Sophia, Agnes, Oda
Zurück zu den Germanen. Die waren, wie gesagt, sehr kriegerisch veranlagt, und das brachte es mit sich, dass sie sich auch territorial ausbreiteten. Im 6. Jahrhundert war die Hälfte der Rufnamen in Frankreich germanischen Ursprungs. Aber auch auf der iberischen Halbinsel breiteten sie sich aus. Das hat Spuren hinterlassen – ganz erstaunliche Spuren in der heutigen Weltsprache Spanisch und damit auch in der Namengebung. Zunächst einmal haben die alten Germanen eines ihrer Lieblingswörter eingeführt. Das spanische Wort »guerra« für Krieg stammt vom germanischen »werra« (steckt noch im heutigen »wehren«) ab.
Auch viele bekannte spanische Namen haben eindeutig germanischen Ursprung. Fangen wir bei meinem Namen an, den ich durch die Heirat mit Herrn Rodríguez bekommen habe. Rodríguez ist der »Sohn des Rodrigo«, und der wiederum hat seinen Ursprung im … Roderich. Da sind sie wieder, die zwei Bestandteile des germanischen Namens: »rod« heißt so viel wie »Ruhm« und »rich« nichts anderes als »reich«. Rodrigo, der Ruhmreiche. Der Name gelangte auf die iberische Halbinsel, weil der Westgotenkönig Roderich diese im 5. Jahrhundert eroberte. Und nach ihm wurden dort viele Kinder benannt. Überhaupt waren natürlich Herrschernamen immer sehr beliebt. Auch viele andere spanische Namen haben einen germanischen Ursprung, eigentlich alle, die zum Beispiel auf »-ez« enden. Und das sind viele: Sanchez, Alvarez, Rodríguez, Ramírez, González, Fernandez. Fernandez ist der Sohn von Fernando, und der stammt von »unserem« Ferdinand ab. Denn »nand« (»nanth«) bedeutete so viel wie »kühn« (das Kriegerische ist halt immer da) und »frith«, woraus sich »ferdi« entwickelte, in etwa »Schutz, Sicherheit«. Der Gonzalez ist analog dazu der Sohn des Gonzalo, und der wiederum geht auf den germanischen Gundisalvus zurück. Und auch hier wieder: das Element »gund« für Krieg. Allein diese drei Namen decken den Großteil der spanisch sprechenden Bevölkerung ab. Wenn die wüssten, dass sie einen germanischen Namen haben …
Interessant ist, dass der heute nahezu vergessene Name Bringfried oder Bringfriede, den man eindeutig in diese Zeit der alten Germanen verorten würde, erst vor gut Hundert Jahren während des Ersten Weltkriegs entstand – und genau das ausdrückte: die Sehnsucht der Menschen nach Frieden, die man dem Kind schon im Vornamen mit auf den Weg geben wollte.
Das Comeback im Heute
Seit einigen Jahren gibt es eine Rückbesinnung auf die zuvor selten gewordenen altdeutsch-germanischen Namen. Sie werden seit etwa zehn Jahren wieder verstärkt vergeben. Besonders männliche Vornamen, und das nicht nur