Namen machen Leute. Gabriele Rodríguez
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In dieser Zeit entstanden zahlreiche Familien- oder auch Klannamen. Es war üblich, dass die chinesischen Herrscher ihre Familiennamen an ihre Untertanen weitergaben, um sie an sich zu binden. Dies hatte zur Folge, dass es zahlreiche Menschen mit ein und demselben Familiennamen gab, die allerdings nicht miteinander verwandt waren.
Das Chinesische kennt keinen Begriff für »Name«. »Mingzi« oder »ming« steht für den persönlichen (gegebenen) Namen und »xingshi« für den Familiennamen. Ursprünglich bezeichneten »xing« den Stamm oder die Sippe der Mutter und »shi« eine Untergruppe des Stammes (nach dem Vater, nach einem Ort, einer Region etc.). In der westlichen Zhou-Dynastie gab es nicht mehr als dreißig Bei- oder Familiennamen, von denen die meisten das weibliche Schriftzeichen für »Mutter« beinhalteten.
Eine der ältesten Listen von Familiennamen stammt aus der nördlichen Song-Dynastie (960–1127) und nennt 472 Familiennamen. Das »Buch der Hundert Familiennamen« (»Bai Jia Xing«) war bis in die 1950er-Jahre ein wichtiges Lehr- und Sachbuch. Es enthält nicht nur Personennamen, sondern auch historische und sprachwissenschaftliche Informationen.
Aus dem Lebensalltag
Im deutschen Sprachraum waren es die Germanen, die Namen einführten. Wobei man hier eher von Rufnamen sprechen muss, da die Nachnamen erst viel später dazukamen. Der indogermanische Sprachraum ist ziemlich weitläufig. Altindisch zählt sogar dazu, Altslawisch, Altgriechisch und auch Keltisch und Althochdeutsch. Allen indogermanischen Namen ist eines gemein: Die meisten sind zweigliedrig und leiteten sich aus dem allgemeinen und alltäglichen Wortschatz her. Das waren also keine Fantasiegebilde, wie oft heute, oder gar aus einer anderen Sprache oder Kultur übernommen, sondern ganz normale Wörter für Eigenschaften, Ereignisse, Tiere, Gegenstände aus der Sprache der Menschen, die auch oft gebraucht wurden. »Selten und ungewöhnlich« ist bei der Namensgebung ein Produkt unserer Zeit.
So kombinierten die alten Inder die Wörter für »gut« (»vásu«) und »gegeben« (»dattah«) zum Namen »Vásudattah«. Die Griechen die Wörter für »Volk« (»demo«) und »mächtig« (»sthenes«) zum Namen »Demosthenes«; die Kelten die Worte für »Kampf« (»cato«) und »Herrscher« (»rix«) zum Namen Catorix; die Slawen die Wörter für »herrschen« (»vladi«) und »Frieden« (»mir«) zum Vladimir.
Auch die alten Germanen verfuhren auf diese Weise, vermutlich schon lange vor Christi Geburt. Von germanischen Namen hört man erstmals aus den Aufzeichnungen griechischer und römischer Autoren, wie zum Beispiel Tacitus, der um 100 nach Christus die germanischen Namen Catumer, Catvald und Segimund erwähnte.
Jede Namengebung bei den Germanen war eine Neuschöpfung. Ausdrücke aus dem religiösen und kriegerischen Leben wurden dem Neugeborenen im Namen als Wunsch mit auf den Weg gegeben. Die Namen bestanden in der Regel aus zwei Elementen vor allem aus den Bereichen »Volk« (Volkmar), »Heimat« (Landfried, Roland), »Verwandte«, »Freunde« (Winfried, Hariman), »Besitz« (Udalrich), »Adel«, »Herrscher« (Adelheid, Adalwolf, Waldfried, Walthari), »Krieg«, »Kampf«, »Streit« (Gundhari, Gundhild, Hadumar, Badumar), »Waffen« (Gerhard), »Heidentum«, »Götter« (Albwin, Ingomar, Wandalmar, Swabwald, Gottfried, Thorwin) oder »Eigenschaften« (Baldowin, Hartfried, Fromut, Wignand).
Erstaunlicherweise gibt es heute gar nicht mehr so viele Namen germanischen Ursprungs. Einer der bekanntesten ist von seiner Herkunft sehr transparent: Siegfried, ein zweigliedriger Name, der sich zusammensetzt aus den Elementen »Sieg« und »Frieden«. Wobei die Worte sowohl als erstes wie auch als zweites Glied auftauchen konnten. Richard (der sich aus »reich« und »hart« zusammensetzt) ist heute ebenfalls noch populär und geläufig.
NAMENZITATE
Nomen est omen. Plautus
Ein hohes Kleinod ist der gute Name. Friedrich Schiller
Ein Leben dauert eine Generation lang; ein guter Name dauert fort. Aus Japan
Der einzige Name, der den Menschen wirklich charakterisiert, ist der Spitzname. Unbekannt
Ein guter Name ist mehr wert als Geld. Peter Sirius
Es fehlt in deinem Wortregister – mein werter Name? Nun, da ist er! Wilhelm Busch
Weil er sich einen schlechten Namen gemacht hatte, legte er sich ein gutes Pseudonym zu. Gerd W. Heyse
Zeichen von Kampf und Krieg
Was man dabei erkennt: Viele germanische Namen haben kriegerische Wurzeln und Bestandteile, sie waren ja ein kriegerisches Volk. Und ihren Kindern gaben sie im Namen den Wunsch mit, dass sie tapfere Krieger sein mögen. Die alten Germanen hatten sechs Wörter für Krieg, Kampf oder Streit, die allesamt zu Namensteilen wurden: hild, gund, had, bad, bag und wig. Man fand sie in Namen wie Badumar, Wigbald, Wigand, Hildebrand, Gundmar, Hadubrand oder Baghild. All das sind natürlich längst vergessene Namen, aber auch viele heute noch bekannte germanische Namen tragen das Kriegerische in sich. Zum Beispiel die Hildegard, die sich zusammensetzt aus den althochdeutschen Worten für Kampf (»hilta«) und Schutz (»gard«). Ebenso Hildegund, was frei übersetzt bedeutet »die in der Schlacht Kämpfende«. Oder Gerhard, der den Wurfspeer »Ger« im Namen trägt. Wobei auch der hintere Namensteil heute noch leicht identifizierbar ist, bedeutet doch »hard« nichts anders als »hart«, »stark« oder »fest«. Gerhard ist also der »feste Speer«. Während Namen wie Rüdiger (vor allem dessen Urform Rutger) zeigen, dass der Speer natürlich auch im hinteren Teil des zweigliedrigen Namens vorkommen kann. Rüdiger/ Rutger bedeutet so viel wie »ruhmreicher Speer(werfer)«, denn »rut» leitet sich ab vom germanischen Wort »hroth» bzw. »hruoth« und heißt »Ruhm« oder »Ehre«.
Es war also ein wildes Kombinieren der verschiedenen Worte. Sehr beliebt, und in diesem Namensystem auch leicht möglich, war es, Bestandteile der Namen von Vater und Mutter (oder auch aus den Namen von Großvater, Großmutter, Onkel, Freund, Herrscher) im Namen des Kindes zu kombinieren. Und so hieß die Tochter von Gundharde und Hildebrand dann eben Gundhilde. Nicht ganz klar ist, ob man den Namen schon bei Geburt bekam oder erst später, und ob die Germanen bei der Vergabe des Namens schon darauf achteten, dass er auch passte. Dass der Bernhard eben wirklich »stark wie ein Bär« war, wie sein Name aussagt – und kein mickriger Hänfling. Es gab aber sicher eine Namenweihe, so wie bei vielen Naturvölkern. Ein großes Fest, bei dem das Kind rituell in die Gemeinschaft aufgenommen wurde und seinen Namen verliehen bekam.
Natürlich gab es bei so einem Kriegervolk auch die »Burg« (bedeutet so viel wie »Schutz«), die man heute leicht in Burghard/Burkhard findet. Ein weiteres Wort, das sich oft in Namen findet, ist »trud« was so viel bedeutet wie »Stärke/Kraft« und uns in Gertrud oder Edeltraud begegnet. Den im Kampf erforderlichen »Mut« finden wir natürlich auch sehr oft, zum Beispiel in Hartmut (»der mit dem festen Mut«).
Tierisches
Neben dem Krieg liebten die alten Germanen auch Tiere. Das zeigt sich in weiteren Namenkombinationen. So steckt im Bernhard vorn der »Bär«, während uns im obligaten zweiten Namensteil wieder »hard« begegnet. Natürlich passt hier der Wolfgang, der bedeutet tatsächlich genau das, was man heute noch liest: der Mann, der geht wie ein Wolf. Auch andere Tiere finden sich: der Rabe als »ram« (und dazu noch der Wolf) zum Beispiel in Wolfram. Oder auch der Adler (»Aran«) war, wie im heute fast vergessenen Namen Arnfried, ein ebenfalls von den Germanen sehr verehrtes Tier. Ebenfalls in diese Reihe passen der Eberhard (was frei übersetzt so viel bedeutet, wie »stark wie ein Eber«).
Auch in den Namen Hengist (Hengst), Hiruz/Herzo (Hirsch), Welfhard/Welfo (junger Hund, junges Tier), Berowelp (kleiner Bär), Hunibald (junger Bär),