Schweiß, Schlamm und Endorphine. Iris Hadbawnik

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Schweiß, Schlamm und Endorphine - Iris Hadbawnik

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Das wusste ich. Also entschied ich mich, zu laufen und die Schmerzen mental zu bekämpfen. Das funktionierte eher schlecht als recht, aber ich biss mich durch. Und bereits wenige Minuten später wurde ich dafür belohnt: Ein unbeschreibliches Glücksgefühl übermannte mich, als ich zwar sichtlich angeschlagen, doch freudestrahlend die Ziellinie überquerte.

      Aber nicht nur das. Ich erlebte nun, wie die anderen Sportler das Ziel erreichten. Manche taumelnd, sichtlich unterkühlt, matschverschmiert und mit Platzwunden an Beinen und am Kopf. Aber keinen der Läufer schien das zu stören. Alle hatten ein breites Lachen auf ihrem Gesicht und strahlten vor Stolz. Hier erlebte ich das erste Mal, dass nicht hoch motivierte Soldaten ins Ziel einliefen, die bis zum Ende um jede Sekunde gegen Kameraden kämpften, sondern Menschen – jung, alt, dick oder dünn –, die bis an ihr Limit gingen, um eine gewaltige Herausforderung zu meistern, aber dabei schlichtweg riesigen Spaß hatten.

      WETTKAMPFLISTE VON RAFFAEL ZELLER (IN AUSZÜGEN)

1997:Superschwergewichtsboxen, Hessische Meisterschaft, Platz 1
2002:Militärischer Fünfkampf CIOR (WM Frankreich), Platz 1
2003:Swiss Raid Commando (Schweiz), Militärischer Vielseitigkeitswettkampf, Platz 8
2007:Tough Guy (England), OCR Finisher
2008:Yukon Arctic Ultra (Kanada), 100 Meilen, Platz 5
2012:Grenadier (Österreich), Militärischer Vielseitigkeitswettkampf, Platz 6
2012:Namib Desert Challenge (Namibia), 228 Kilometer Ultratrail, Platz 7
2013:Blue Nail (Dänemark), Militärischer Vielseitigkeitswettkampf, Platz 6
2014:Viking Heros Challenge OCR (Deutschland), Platz 2
2014:Gelita Trailmarathon (Staffel) (Deutschland), Platz 3
2014:Fulda Challenge (Kanada), Arktischer Zehnkampf, Platz 2
2014:Spartan Race (Super), OCR (Deutschland), Platz 9
2015:Viking Heros Challenge, OCR (Deutschland), Platz 1
2015:Gelita Trailmarathon (Staffel) (Deutschland), Platz 2
2015:Spartan Race (Sprint), OCR (Deutschland), Platz 4
2015:World’s Toughest Mudder, 100 Meilen 24h, OCR (USA), Finisher
2016:Lombardia Raid (Italien), Militärischer Vielseitigkeitswettkampf, Platz 3
2016:Mudiator Hockenheimring, OCR (Deutschland), Platz 4 (Einzelstarter), Platz 1 (Teamwertung)

      In der heutigen Zeit leben wir Menschen wie in einem künstlichen Kokon. Meist kommen wir gar nicht mehr in den Genuss, am eigenen Leib zu spüren, was Herausforderung, was Überwindung, was Natur wirklich bedeutet. Servolenkung, Fahrstühle und Klimaanlagen machen den Menschen bequem und lassen ihn in einer Komfortzone leben, die er nicht gern verlässt. Extremsportarten – und dabei insbesondere Extrem-Hindernisläufe – bilden den idealen (Aus-)Weg, um diese Komfortzone zu verlassen. Sie bringen uns dazu, unsere physischen sowie psychischen Grenzen zu erfahren und das Leben und nicht zuletzt uns selbst wieder intensiver zu spüren. Aber nicht nur das. Auch die Beantwortung der spannenden Frage: »Was ist mein Körper, aber auch mein Geist überhaupt zu leisten imstande, wenn ich etwas wirklich will?«, treibt mich immer wieder an.

      Extrem-Hindernislauf oder Obstacle Course Racing (OCR) ist ein Thema, das mich nun seit mehr als 20 Jahren begleitet. Seit meinem ersten Jahr der Bundeswehrzeit ist es im Prinzip immer präsent. Ob als Teilnehmer beim Militärischen Fünfkampf, bei Militärischen Vielseitigkeitswettkämpfen und kommerziellen Extrem-Hindernisläufen oder als Trainer und Berater von Extrem-Hindernisläufen, bei dem es um die Planung oder den Ablauf eines Events geht. Dass die Faszination OCR in den letzten Jahren auch den deutschen Ausdauersportler ergriffen hat, finde ich persönlich im höchsten Maße spannend. Und obwohl das Thema in aller Munde zu sein scheint, sucht man bisher vergeblich nach deutscher Fachliteratur. Wie bereite ich mich auf einen Extrem-Hindernislauf vor? Welche Hindernisse erwarten mich, und wie kann ich diese effektiv überwinden? Was ist die für mich passende Ausrüstung? Wie kann ich mich mental auf ein Rennen einstimmen, und welche Ernährungsweise ist die optimale? Insbesondere durch meine Arbeit mit Schülern, aber auch mit zahlreichen erwachsenen Sportlern aus Vereinen und Fitnesscentern, die am Beginn ihrer Vorbereitung stehen, begann ich, zu begreifen, wie wichtig es ist, all dies zu hinterfragen. Die passenden Antworten dazu findet ihr in diesem Buch.

      AROO!

       Raffael Zeller, im Januar 2017

      Militärische Vielseitigkeitswettkämpfe sind Wettbewerbe, die in einem realistisch dargestellten militärischen oder zivilen Szenario stattfinden. Es werden sowohl militärische, aber auch Erste-Hilfe-Fähigkeiten zu Land, Luft und Wasser abgeprüft. Zur möglichst realistischen Umsetzung kann der Veranstalter zusätzliche Personen (in der Regel Soldaten) einsetzen, um eine (Feind-)Lagedarstellung abzubilden. Bewusst realistische bis »chaotische« Szenarien sollen hierbei den Stresspegel der Wettkämpfer erhöhen. So müssen die militärischen Gruppen, bestehend aus mindestens zwei bis zehn Mann, soldatentypische oft infanteristische Aufgaben bewältigen. Im Einzelnen wird beispielsweise die Treffsicherheit beim Gefechtsschießen, Orientierung im Gelände, Schnelligkeit und Entschlusskraft bei der Auftragserfüllung sowie das zielstrebige Überwinden von Gelände- oder Gewässerhindernissen abverlangt.

      Raffael Zeller feiert den 4. Platz beim Spartan Race 2015 in München.

      Die Militärischen Vielseitigkeitswettkämpfe gehen meist über mehrere Tage. Sie können etwa in Form einer »Durchschlagübung« über mehrere Nächte ohne Schlaf aufgebaut sein, aber auch als Infiltrationsübung oder Patrouillen-Wettkampf, bei dem auf einer grob festgelegten Marschroute einzelne Stationen angelaufen werden müssen. Die Ausrichtung dieser Wettkämpfe ist überwiegend für aktive Soldaten und Reservisten bestimmt. Hierbei werden die militärischen Grundfertigkeiten jedes Einzelnen, aber auch von Gruppen überprüft und bewertet. Die Wettkampfausrichter, oft ein aktiver Militärverband oder ein Reservistenverband, vergeben nach einem Regelwerk Punkte bei der Erfüllung der einzelnen Aufgabenstellungen. Regierungen und Königshäuser verschiedener Länder stiften als Anreiz für das Erfüllen einzelner Wettkampfformate Abzeichen und Orden für die einzelnen Wettkämpfer.

      SCHLAMM, BLUT, SCHWEISS UND TRÄNEN:

      Am Anfang war die Idee: – oder: Wie alles begann … Gehen wir zurück zu den Wurzeln: Was ist eigentlich ein Extrem-Hindernislauf? Woher kommt der Gedanke? Wer war der Vorreiter der kommerziellen Wettkämpfe, und inwieweit lässt sich das Konzept der Hindernisbahn historisch zurückverfolgen? Aber vor allem interessiert uns die Frage: Wieso fasziniert diese Art von Rennen so viele Menschen weltweit – und insbesondere in Deutschland?

      »Mega!«

      »Brutal!«

      »Der absolute Hammer!«

      Egal, wen man nach dem Zieleinlauf eines Extrem-Hindernislaufs befragt, alle Sportler haben eines gemeinsam: Sie alle sind an ihre eigenen Grenzen gegangen. Körperlich, aber auch mental. Je nach Härte des gefinishten Rennens durchlebten sie die tiefsten Urängste des Menschen: Höhe, Feuer, Stacheldraht, Eiswasser, Elektroschocks und Klaustrophobie. Die Qualen, die sie durchlitten haben, zeigen sich bereits in den Namen der Hindernisse. Sie heißen Everest, Body Bowling, Cliffhanger, Ice

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