Wassergeld. Harald Schneider
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3. Ein teures Angebot
Wir verabschiedeten uns von Herrn Mangold und gingen, verschmutzt und durchnässt, wie wir waren, zurück zum Auto. Als wir die Kreisstraße erreicht hatten, sahen wir jede Menge Rettungsfahrzeuge, Streifenwagen und sogar einen Wasserwerfer parken. Als ob es hier nicht genügend Wasser gäbe. Entlang der Straße zum Marx’schen Weiher war alle 50 Meter ein Polizeibeamter postiert, der Zustand der Straße wurde anscheinend ständig beobachtet. In angemessenem Tempo fuhren wir zur Dienststelle zurück.
Jutta fand ich in ihrem Büro. Sie wirkte immer noch so frisch, als käme sie gerade aus der Dusche.
»Ich habe mich etwas zurückgezogen«, erklärte sie mir, nachdem sie einen skeptischen Blick auf meine Kleidung geworfen hatte. »Oben im Sozialraum geht es hoch her. Seit die Funkanlagen installiert sind, ist der Geräuschpegel explodiert. Im Moment scheint alles unter Kontrolle. Ein paar Camper machten Ärger und mussten in die Sommerfesthalle zwangsumgesiedelt werden. Die Helden haben Versteckspielen geübt, doch unsere Hunde haben gewonnen.« Sie lächelte. »Wie ist es euch ergangen?«
Bevor ich antworten konnte, kam Gerhard zur Tür herein. Freudestrahlend hielt er eine Kanne Kaffee in der Hand. »Ich habe uns mal schnell einen kleinen Koffeinschocker gebraut. Als Ersatz für die Weihnachtsfeier. Äh, Reiner, sei bitte etwas vorsichtig, er ist mir unter Umständen ein klein wenig stark geraten.«
Ups, diese ungewohnten Worte aus dem Mund meines Kollegen? Da war es vor dem Hintergrund meiner erhofften Lebenserwartung bestimmt sicherer, den Sekundentod dankend abzulehnen. Jutta schenkte sich und Gerhard ein und beide tranken das zähflüssige Schwarz mit Genuss. Ich überlegte, ob ich mir an unserem Kaltgetränkeautomaten eine Cola ziehen sollte. Doch wie ich mein Glück kannte, würde aus dem von Kollegen manipulierten Automaten bestimmt wieder eine dieser eklig schmeckenden Diätlimonaden poltern.
»Die Lage am Deichbruch ist sehr brisant«, erklärte ich Jutta und beschrieb ihr das gerade Erlebte.
Sie nickte eifrig. »Den Sprengstoffspürhund hat dieser Mangold bereits angefordert. Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Die Evakuierung wird wahrscheinlich in dieser Nacht abgeschlossen sein. Was dann passiert, sehen wir morgen früh. Eventuell muss das überflutete Gebiet abgeriegelt werden, um Plünderer abzuhalten. Aber das soll nicht unser Problem sein. Dazu reicht die Schutzpolizei. Theoretisch könntet ihr zwei somit ins Wochenende gehen. Praktisch würde ich mir wünschen, dass ihr morgen früh nochmals reinkommt. Man weiß ja nie, was heute Nacht alles passiert.«
»Du willst uns jetzt heimschicken?«
»Ihr könnt auch gerne dableiben und den Funkverkehr mit anhören. Ob euch das etwas bringt? Zu Hause freuen sich eure Partner auf euch. Na los, auf was wartet ihr noch?«
»Was macht eigentlich KPD? Ist der wieder aufgetaucht?«, wollte ich zum Schluss noch wissen.
»Ja, der war kurz hier. Ich habe gesehen, wie er ein paar Gitterboxen voll Esswaren in sein Büro geschleppt hat. Morgen früh will er zusammen mit dem Landrat eine Pressekonferenz abhalten. Dabei weiß er am wenigsten von allen.«
Wir verabschiedeten uns von Jutta, und Gerhard fuhr mich heim.
*
Stefanie öffnete auf mein Klingeln die Tür. Ich hatte ihr vor meinem abendlichen Einsatz meinen Schlüssel gegeben. Entsetzt starrte sie mich an.
»Um Himmels willen! Wie siehst du denn aus? Ist mit dir alles in Ordnung?«
Ich nickte und versuchte krampfhaft zu lächeln.
»Ziehe deine Klamotten am besten gleich hier im Flur aus, dann versaust du nicht die Wohnung. Und hinterher gehst du sofort unter die Dusche. Wo hast du übrigens deine Krawatte?«
Ich zog den langen und zerknäulten Stofflappen aus meiner Jackentasche und gab ihn meiner Frau.
Sie unterließ jeden Kommentar, anscheinend war sie froh, dass ich heil heimgekommen war. Während ich duschte, machte sie mir ein paar Käsebrote. Ja, es war Vollkornbrot und verklebte meinen Gaumen. Ich erzählte ihr von dem Deichbruch und dass Gerhard und ich Doktor Metzger getroffen haben.
Nach dem Essen freute ich mich auf mein Bett. Doch das musste warten. Stefanie winkte mit einer Flasche Massageöl. Ich tat meine Pflicht als Ehemann und werdender Vater und vergaß selbstverständlich nicht, den leichten Bauchansatz zu massieren. Nein, nicht meinen – den von Stefanie. Der Rest des Abends wird unbeschrieben bleiben.
*
Meine Frau hatte Verständnis dafür, dass ich am nächsten Morgen wegen des Deichbruchs zur Inspektion musste. Es war zwar Samstag, aber immerhin war abzusehen, dass die Besprechung nicht sehr lange dauern würde. Danach wollte ich mit meinem ungeborenen Kind und der wunderschönen Frau, die ihm für neun Monate Obdach gewährte, nach Ludwigshafen zum Weihnachtsmarkt fahren.
Aus der Leitzentrale, die bis gestern unser Sozialraum war, drang nach wie vor babylonisches Stimmenwirrwarr durchs Gebäude. Anscheinend gab es noch viel zu tun.
Jutta sah nicht mehr so gut aus wie vor ein paar Stunden, sie musste die Nacht durchgearbeitet haben. Sie gähnte herzhaft mit weit geöffnetem Mund, als ich ihr Büro betrat.
»Entschuldige, Reiner. Guten Morgen erstmal.«
Jetzt sah ich auch Gerhard, der bereits am Besprechungstisch saß. Vor ihm stand eine Magnumtasse Sekundentod. Mein Kollege sah ebenfalls nicht gerade erholt aus.
»Guten Morgen, ihr beiden. Alles klar mit dir, Jutta?«
Sie gähnte erneut und sah mich mit großen Augen an. »Zwei Stunden konnte ich an meinem Schreibtisch ein kleines Schläfchen halten, mehr war nicht drin.«
Ich wunderte mich, wie man nach dem Genuss von Sekundentod überhaupt schlafen konnte.
»Waren die Camper so hartnäckig? Ist die Anlage evakuiert?«
»Zweimal ja. Fast ein Dutzend mussten wir vorläufig festnehmen, weil sie randaliert haben. Man hätte meinen können, es ginge um Leben und Tod. Dabei waren es nur ihre Campingwagen, die sie retten wollten. Na ja, reden wir von etwas Unerfreulicherem. Gerhard weiß es schon.« Ihre Mundwinkel fielen nach unten, mein Lieblingskollege saß regungslos da.
»Lass mich raten. Die Kreisstraße hat’s erwischt.«
Die zwei schauten mich an, als hätte ich einen Scherz gemacht.
»Dies zu erraten ist kein großes Kunststück«, meinte Jutta ironisch. »Kurz vor 4 Uhr ist das erste Wasser übergeschwappt. Die Campingplatzanlage ist gegenwärtig ziemlich feucht und das Wasser steigt und steigt. Altrip ist nur noch von Rheingönheim aus zu erreichen.«
Gerhard schaute trübsinnig in seine fast leere Tasse.
Jutta berichtete weiter. »Der Campingplatz ist aber nicht unser aktuelles Problem. Wir müssen inzwischen davon ausgehen, dass dem Deichbruch nachgeholfen wurde und das fällt eindeutig in unser Resort.«
»Die Explosionen?«, fiel ich ihr ins Wort.
Sie nickte. »Heute Nacht kam ein E-Mail rein. Hier ist eine Kopie. Wir gehen davon aus, dass es authentisch ist.« Sie überreichte mir ein Blatt Papier.
›Das War Erst Der Anfang. Wenn Unser Angebot Nicht Angenommen