Wassergeld. Harald Schneider

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Wassergeld - Harald Schneider

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Kontrast konnte nicht deutlicher sein. Eine Rheinbreite trennte ein Naturparadies von einem potenziellen Chemiegau.

      Gerhard und ich fanden die Fahrt spektakulär. Aus dieser Perspektive wirkte der Rhein, zumal er Hochwasser hatte, gefährlich und unberechenbar. Nach kurzer Zeit kamen wir auch schon zu der Stelle, von wo aus normalerweise die Altriper Rheinfähre nach Mannheim ablegte. Bei dem momentanen Pegelstand musste sie aber eine Zwangspause einlegen und war am Ufer verankert.

      »Jetzt passen Sie mal auf«, ertönte Strommeiers Stimme. »Auf der rechten Seite sehen Sie in wenigen Sekunden den offenen Durchgang zum Otterstadter Altrhein. Beachten Sie die starke Strömung und die Strudel, die aufgrund des Deichbruchs noch ausgeprägter sind als sonst.«

      Im gleichen Moment wurde das Boot auch schon heftig durchgeschüttelt. Der Schiffsführer bog in einer Rechtskurve in den Altrheinarm ab. Mit offenem Mund betrachteten wir die Misere. Das Restaurant Rheinblick, dort, wo Gerhard und ich letzte Nacht geparkt hatten, war das einzige sichtbare markante Bauwerk. Der Rheindeich zum Marx’schen Weiher wirkte wie ein verlorenes und lang gezogenes Häufchen Erde. Deutlich konnten wir die Ausmaße der drei Deichbrüche erkennen. Jeder Durchgang war mindestens 20 Meter breit und noch immer strömte Wasser in rasantem Tempo nach. Von dem Bagger, den wir vor ein paar Stunden halb versunken gesehen hatten, war nur noch die in die Luft gestreckte Baggerschaufel zu erkennen. Weitere technische Geräte waren nicht mehr vor Ort. Zwei oder drei Beobachter der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen konnten wir auf den Resten des Deichs ausmachen.

      Bernd Schliefensang hatte sich zu uns gesellt. »So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Gut, an der Mosel hatten wir auch andere Verhältnisse. Aber trotzdem: Hier kann man deutlich sehen, wie mächtig Wasser ist. Es kann Monate dauern, bis das Hinterland wieder benutzbar sein wird.«

      »Da kann ich gut verstehen, dass immer mehr Camper ihre Mietverträge kündigen«, waren die ersten Worte des blassen Studenten, seit wir auf dem Boot waren. »Die Kreisverwaltung als Eigentümer des Naherholungsgebietes prüft seit geraumer Zeit, ob sich das Gebiet noch wirtschaftlich genug betreiben lässt. Und jetzt, wo der Polder kommt, wird die Angst vor dem Wasser in den Köpfen der Leute nicht geringer.«

      »Woher wissen Sie so genau Bescheid, Herr Becker?«, fragte ich ihn leicht verwundert.

      »Sie lesen zu wenig Zeitung, Herr Kommissar. Ich habe über das Naherholungsgebiet Rheinauen eine Artikelserie in der Tageszeitung platzieren können. Ist noch nicht so lange her. Übrigens, der Betrieb und die Verwaltung der Campinggebiete obliegen seit den 60er-Jahren dem Verein ›Erholungsgebiet in den Rheinauen e. V.‹.«

      »Mit dem Betrieb wird’s wohl so schnell nichts mehr werden«, lästerte Gerhard, den der Anblick ebenso wie mich schwer beeindruckte.

      »Es ist ja nicht nur die Campinganlage«, plauderte der Student weiter. »Auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen in der ganzen Umgebung sind betroffen. Denken Sie nur an den Polder. Ich weiß aus sicherer Hand, dass sich die Grundstückspreise in der Altriper Gegend im freien Fall befinden. Es gibt zurzeit ein wesentlich höheres Angebot als Nachfrage. Die Bauern können froh sein, überhaupt noch etwas für ihr potenzielles Seegrundstück zu bekommen. Wenn der Polder kommt, vermutet man eine weitere Steigung des Grundwassers. Irgendwann wird es nicht mehr möglich sein, die Felder landwirtschaftlich zu nutzen. Für die Kreisverwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises könnte es eine Alternative sein, die ganze Campingplatzanlage an einen Investor zu verkaufen, der dann das alleinige Risiko trägt. Das sind aber noch interne Überlegungen, da auch die kreisfreien Städte Ludwigshafen, Speyer und Mannheim Mitglieder des Vereins sind. Aber intern ist es so, dass für strategische Entscheidungen der Landkreis das alleinige Sagen hat. Schließlich liegt das Gelände auf seinem Hoheitsgebiet.«

      4. Eine perfekte Geldübergabe

      Herr Strommeier hatte die ganze Zeit fotografiert. Er zeigte uns noch ein paar Details, bevor wir zurückfuhren.

      Als wir wieder an Land waren, stand der angeforderte Hubschrauber bereits auf dem Parkplatz vor dem Gebäude der Wasserschutzpolizei. Anhand der Kennung ›D-HAYI‹ wusste ich, dass er zur rheinland-pfälzischen Hubschrauberstaffel ›Sperber‹ gehörte, die in Winningen bei Koblenz an der Mosel stationiert war. Ich war jedes Mal von seiner Größe fasziniert, wenn ich vor einem Hubschrauber stand.

      Während Strommeier und Schliefensang sich verabschiedeten und ins Gebäude gingen, kam ein Beamter auf mich zu.

      »Guten Tag, Sie müssen Reiner Palzki und Gerhard Steinbeißer sein. Mein Name ist Conrad Bienenfels, ich bin der Pilot. Die Funkanlage wird gerade eingestellt, in einer halben Stunde wird die Metallkiste gebracht. Wenn alles montiert ist, werden wir auf dem Parkplatz einen kleinen Test machen. Nicht, dass im Einsatz etwas schiefgeht.«

      Ich dankte ihm für die Informationen und ließ ihn weiterarbeiten.

      Dietmar Becker stand etwas abseits, bekam aber trotzdem alles mit.

      »So, und was machen Sie den Rest des Tages?«, begann ich meinen Rauswerferdialog.

      Er stotterte vor sich hin, ohne einen verständlichen Satz hervorzubringen.

      »Sie haben doch sicher Verständnis dafür, dass wir Sie bei unserem Einsatz nicht mitfliegen lassen dürfen?«

      »Ja, ja«, kam es endlich aus seinem Mund. »Die Frequenzen dürfen Sie mir nicht sagen, oder?«

      »Herr Becker, ich bin froh, dass ich halbwegs weiß, was eine Frequenz ist. Erstens habe ich keine Ahnung, welche Frequenz benutzt wird, dafür haben wir schließlich Fachleute, zum Zweiten dürfte ich Ihnen diese nicht geben. Sie werden es im Radio hören, wenn wir die Gauner geschnappt haben. Und kommen Sie ja nicht auf die Idee, über die Geschichte einen Krimi schreiben zu wollen. Das funktioniert nämlich nicht, weil wir keinen Toten haben. Einen Krimi ohne Leiche wird kein Verlag drucken wollen.«

      Nach einem kurzen Zögern verließ uns der Student.

      Mir fiel im gleichen Moment etwas existenziell Wichtiges ein. »Du, Gerhard, ich müsste dringend Stefanie anrufen und Hunger habe ich auch.«

      Gerhard schaute mich an, als wäre ich ein kleines Kind. »Dann ruf sie doch an. Wo liegt da das Problem?«

      Ohne ihm zu antworten, ging ich zu meinem Wagen. Nach kurzer Suche fand ich das Handy in meinem Handschuhfach. Ich schaltete es ein, und – oh Wunder – es besaß noch genügend Restenergie, um eine Verbindung zustande zu bringen. Leider nahm Stefanie nicht ab. Wo sie wohl sein mochte? Ich musste sie dringend dazu überreden, sich endlich einmal ein Handy zuzulegen. Solch eine segensreiche Erfindung sollte heutzutage eigentlich jeder bei sich haben. »Was ist mit dir, Gerhard? Willst du deine Alexandra anrufen?« Ich hielt ihm stolz mein Handy hin.

      »Katharina. Sie heißt Katharina. Ne, du, die ist um die Zeit arbeiten.«

      »Deine Freundin arbeitet am Samstag? Wo ist sie denn beschäftigt?«

      Gerhard zuckte mit den Schultern. »So genau habe ich sie das noch nicht gefragt. Was ist, wollen wir schnell etwas essen gehen? Als wir herfuhren, habe ich ein paar Meter weiter vorne an der Straße einen Imbiss gesehen.«

      Dort, wo die Hafenstraße und die Parkstraße in einem spitzen Winkel aufeinandertrafen, befand sich ein einstöckiges Gebäude, das aus der Vogelperspektive wie ein niedergelegter Torbogen aussah. Das Halbrund bestand aus den für einen Kiosk typischen Fensterscheiben. Ich bestellte mir eine Currywurst, einen Cheeseburger, eine große Portion Pommes mit Mayo sowie eine Flasche Cola Light zur gesundheitlichen Abrundung

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