Da ist mehr, noch so viel mehr .... Andrea Volkelt

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Da ist mehr, noch so viel mehr ... - Andrea Volkelt

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Sigi kaum Camping-Erfahrung hatte, schlug er vor, den Campingbus meines Bruders auszuleihen und damit auf Elba zu fahren. Immer wieder hatte ich ihm von der Insel vorgeschwärmt.

      Ich war hellauf begeistert. Natürlich war alles etwas stressig, ich musste planen, einkaufen, organisieren, die Fähre buchen und damals auch noch Deutsche Mark in Lire tauschen. Umso schöner war es, endlich zu starten. Wir fuhren kurz nach Mitternacht los, damit wir in aller Früh am Hafen in Piombino sein konnten. Von dort schifften wir zur Insel rüber. An Deck genossen wir es, einfach nur dazustehen und uns den Wind um die Nase wehen zu lassen. Auf der Insel fanden wir schnell einen Campingplatz, auf dem wir unser kleines Lager errichteten. An einem Abend steuerten wir zu Fuß auf eine Bucht zu, bepackt mit einem typisch italienischen Picknick: Tomaten, kalte Vorspeise, Brötchen und Rotwein. Wir fanden ein schönes, gemütliches Plätzchen oberhalb der Bucht, auf einem Felsen, der sich mit seiner breiten und flachen Oberfläche hervorragend eignete. Von dort aus hatten wir einen wunderbaren Blick auf das Meer und gleichzeitig auf die unter uns liegende Bucht. Also breiteten wir unsere Decke aus und bestückten diese mit den mitgebrachten Sachen für unser Picknick. Das Meer unter uns leuchtete noch azurblau, die Sonne stand schon tief und wollte langsam im Wasser versinken. Nach ein paar Bissen und einem guten Glas Rotwein wurde Sigi mit einem Mal ernst und ich bemerkte, dass er etwas auf dem Herzen hatte.

      Sofort spannten sich meine Muskeln an. »Was ist denn?«, fragte ich besorgt.

      Er räusperte sich und meinte: »Warte kurz, ich muss nachdenken, wie ich anfange.«

      Oh mein Gott, war das der richtige Zeitpunkt für schlechte Nachrichten? Ich hatte keine Ahnung und konnte mir keinen Reim darauf machen. Er fasste in seine Hosentasche, nahm etwas heraus, was sofort in seiner Hand verschwand.

      »Komm, trinken wir noch einen Schluck.«

      Ich nahm einen großen Schluck und sah ihm fortwährend in die Augen. Da war ein besonderer Glanz.

      »Nachdem wir nun doch schon eine gewisse Zeit lang miteinander wohnen und uns lieben, würde ich dich gerne heiraten. Möchtest du meine Frau werden, liebe Andrea?«

      Mein Herz hüpfte, ich schluckte, sprang auf, umarmte ihn und fing an zu weinen. Ich brachte gerade noch ein leises »Ja, sehr gerne« heraus.

      Nach ein paar Minuten in seinen Armen drückte er mich sanft weg und hielt mir seine Faust entgegen, die er langsam öffnete. Eine kleine Schatulle. Ich öffnete sie und darin lagen zwei Ringe. Er steckte mir den Kleineren an den Finger. Er passte!

      In diesem Moment jubelte es um uns herum. Über die ganze Bucht hinaus erklangen Freudenschreie. Das war fast ein bisschen unheimlich. Für uns klang es, als wäre es unser Applaus. Wir freuten uns darüber. Aber was parallel geschah: Es war Fußballweltmeisterschaft und just in diesem Moment war ein Tor für Italien gefallen. Die überaus fußballbegeisterten Italiener jubelten nicht schlecht. Wir saßen auf dem Felsen und lauschten, sahen hinunter zu den Strandbars. Aus sämtlichen Kneipen schallte es und die lauten Klänge rollten das Felsgestein herauf wie in einem Stadion. Sensationell. Die Freude der Italiener traf sich mit unserem Glück. Dieser Moment war für die Ewigkeit.

      Schließlich fragte ich Sigi: »Wie hast du das geschafft? Die Ringe passen, der Zeitpunkt ist perfekt und dann noch diese Aussicht?«

      Sigi verriet mir, dass er es lange geplant hatte, mich in diesem Urlaub zu fragen. Deshalb auch die Insel Elba, weil ich die so gerne mochte. Zu Hause noch hatte er beobachtet, welche Ringe ich an welchem Finger trug, stibitzte sich eines Tages einen und fuhr in die Stadt, um Verlobungsringe zu kaufen. Rechtzeitig vor unserem Urlaub waren sie fertig. Sigi holte sie ab und verstaute sie heimlich in seinem Gepäck. Ich hatte absolut nichts gemerkt und keine Ahnung von seinem Vorhaben gehabt. Es war so rührend, ich zerschmolz richtig in dieser liebevollen Geste. Ich lehnte an seiner rechten Schulter und zusammen genossen wir den Ausblick, wie sich gerade die Sonne verabschiedete, die letzten Sonnenstrahlen über die Oberfläche des Meeres streiften und den Himmel rot leuchten ließen. Ohne weitere Worte saßen wir eng aneinander, bis uns die Dunkelheit umhüllte. Langsam packten wir zusammen und machten uns auf den Weg zu unserem Campingbus. Die restliche Zeit unseres Urlaubs war ich nur noch auf Wolke sieben. Mit dem Ring am Finger und einem wunderbaren Mann an meiner Seite.

      Wieder zu Hause angekommen, überraschten uns zwei Freundinnen mit einer Flasche Sekt. »Wie war der Urlaub? Gibt es vielleicht etwas Neues?«

      Tanja beichtete, sie habe Sigi zugesprochen, als er ihr verunsichert seine Idee mit dem Kauf der Ringe mitgeteilt hatte.

      »Das war definitiv eine sehr gute Idee«, bestätigte ich.

      Die Hochzeit rückte näher. Am Vorabend übernachtete ich bei meinen Eltern. Ich wollte Sigi mit meinem weißen Kleid überraschen. Pünktlich holte er mich am nächsten Tag in Begleitung unseres Chauffeurs, meinem Bruder, ab. Er läutete und meine Mutter öffnete ihm die Tür. Vorher musste sie noch die Play-Taste meines CD-Players drücken, aus dem nun ein besonderes Lied über das Glück und die Liebe erklang. Langsam und sehr bedacht schritt ich die Treppe vom ersten Stock herunter, Sigi strahlte mich glücklich an und breitete die Arme aus, um mich in Empfang zu nehmen.

      Ich blinzelte meine Tränen weg. »So, nun lass uns das Fest beginnen«, sagte ich und wir fuhren los.

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