Agile Organisation – Methoden, Prozesse und Strukturen im digitalen VUCA-Zeitalter. Группа авторов

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und volatilere Kundenanforderungen gehen einher mit kürzeren Innovations- und Produktlebenszyklen, die Flexibilität im Denken und Handeln der Organisationsmitglieder erfordern.

      Gefragt sind schnelle Reaktion, kreatives, flexibles kundenorientiertes Agieren, ohne die operationale Exzellenz aus den Augen zu verlieren. Dementsprechend spielen die Analyse von Kundenbedürfnissen, das regelmäßige Einholen von Kundenfeedback und die kontinuierliche Anpassung an neue Erkenntnisse über die Kundenwünsche eine sehr große Rolle in agilen Projekt- und Prozessmanagementansätzen (vgl. Kapitel 6). Anforderungen werden in User Stories formuliert, es werden Customer Journeys analysiert und optimiert und in manchen Unternehmen (z. B. AMAZON) steht gar in jedem Meeting ein freier Stuhl als Erinnerung dafür, sich jede Entscheidung auch aus der Perspektive des Kunden zu betrachten. Eine besonders exponierte Stellung kommt der Kundenzentrierung dabei im Rahmen von Design Thinking zu. Das Besondere in agilen Organisationen ist also nicht die Kundenausrichtung an sich, sondern das Maß der Kundenfokussierung.

      Gerade auch in agilen Unternehmen wird gerne mit einfachen Instrumenten zur Messung der Kundenzufriedenheit, wie z. B. dem NPS (Net Promoter Score), gearbeitet. Untersuchungen zeigen, dass die Umsätze bei Unternehmen mit einem vergleichsweise hohen NPS rund 2,5-mal schneller steigen als bei ihren Wettbewerbern.70 Voraussetzung für diesen Erfolg ist jedoch, dass die zugrunde liegenden Wertströme und Unternehmensprozesse auf die Kundenerwartungen ausgerichtet sind und permanent an diese angepasst werden können. Denn all das Messen „nützt nichts, wenn dieses Ergebnis dann im Vorstandsschreibtisch verschwindet.“71

      In agilen Prozessen liefern validierte Informationen über die wirklichen Kundenbedürfnisse die Entscheidungsgrundlage dafür, welche Aufgaben wertschöpfend sind und auf welche Aktivitäten verzichtet werden kann. Hier zeigt sich wiederum die Nähe zu Lean (vgl. Kapitel 2.3), dessen Grundhaltung es ist, kundenorientierte Wertschöpfung ohne Verschwendung zu schaffen. Es gilt der klassische Spruch von PETER DRUCKER: „Nichts ist weniger effizient, als etwas effizienter zu machen, was überhaupt nicht gemacht werden sollte.“

      Organisatorisch gliedern sich die Prozesse folglich meist nach dem sogenannten Kunde-zu-Kunde- bzw. End-to-end-Prinzip, mit einer ganzheitlichen und idealerweise „fallabschließenden“ Vorgangsbearbeitung (vgl. Kapitel 3.2). Die Prozess- und Ergebnisverantwortung wird durch cross-funktional zusammengesetzte Teams möglichst eigenständig wahrgenommen (vgl. Kapitel 4.3). Prozessverantwortliche bzw. Process Owner sind dadurch – ähnlich der Rolle eines Product Owner (vgl. Kapitel 6.3) – in der Lage, die Sicht des Kunden einzunehmen und für die Kundeninteressen einzustehen. Sie können, falls nötig, gegenüber den Prozessbeteiligten als „Anwalt des Kunden“ auftreten und argumentieren – eine mächtige Stimme, für deren Durchsetzung es idealerweise keine hierarchische Macht braucht. Schließlich bestimmt der Kunde über den Prozesserfolg.72 Das ermöglicht einerseits, dass Kundenerwartungen und -feedbacks schnell und flexibel aufgegriffen werden können, erfordert aber andererseits Standards im Sinne eines stabilen Rahmens, damit die Effizienz nicht auf der Strecke bleibt (vgl. Kapitel 4.4).73

      Iterativ-inkrementelles Vorgehen

      Typisch für agile Prozesse ist es, dass die Kundenbedürfnisse nicht einmalig vorab analysiert und dann in einem großen „Wurf“ umgesetzt werden, sondern dass iterativ und inkrementell vorgegangen wird. Denn Studien belegen, dass durchschnittlich 50 % der Anforderungen während eines Projekts geändert werden.74 Besonders in komplexen und dynamischen Situationen ist es gar nicht möglich, die Kundenbedürfnisse vorab komplett und konkret zu ermitteln. Dies liegt u. a. daran, dass die Kunden selbst gar nicht genau wissen, was möglich ist. Auch sind die zu bewältigenden Aufgaben nicht immer eindeutig, und logische Zusammenhänge und Folgebeziehungen unbekannt oder existieren nicht. Anforderungen und die für die Zielerreichung notwendigen Technologien und Verfahrensweisen sind unklar oder ändern sich im Zeitverlauf (vgl. Kapitel 2.4). Intensive Vorabanalysen und langfristige Planung bringen unter solchen Bedingungen nur sehr geringen Nutzen, vielmehr wiegen sie die Entscheider in trügerischer Sicherheit und sind kontraproduktiv. Es gilt: „The trouble is, once that the beautifully elegant plan meets reality, it falls apart.”75 bzw. in den Worten des ehemaligen Boxweltmeisters MIKE TYSON: “Everyone has a plan‚ till they get punched in the mouth.”76

      Unter dynamischen und komplexen Rahmenbedingungen ist daher ein iterativ-inkrementelles Vorgehen die bessere Wahl. Gerade, wenn die gewünschte Lösung noch nicht auf der Hand liegt, plant man besser auf Sicht und konzentriert sich auf solche Anforderungen (bzw. User Stories, vgl. Kapitel 6.3), die wichtig und dringlich sind. Iterativ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich in überschaubaren Intervallen, meist sogenannten Sprints, der gewünschten Zielvorstellung schrittweise angenähert wird. Frühe Ergebnisse werden in kurzen Zyklen verändert und verfeinert, bis das gewünschte Ziel erreicht ist. Gemäß den Erläuterungen in Kapitel 2.4 gilt der Ansatz „probiere, erkenne, reagiere“. Und selbst das angestrebte Ziel bzw. die angedachte Lösung kann sich mit wachsender Erfahrung im Zeitverlauf immer wieder ändern.

      Abb. 17: Iterativ-inkrementelles Vorgehen77

      Das in Abbildung 17 dargestellte inkrementelle Vorgehen zielt darauf, dass am Ende jeder Iteration ein vorzeigbares und überprüfbares Teilergebnis (Inkrement) vorliegt. Ein (Produkt-)Inkrement ist für sich genommen eigenständig, es verfügt über alle notwendigen Funktionalitäten und ist auslieferbar bzw. nutzbar. Gerade in den frühen Phasen einer Entwicklung ist dieses Vorgehen sehr wertvoll, da Kunden und Stakeholder von Beginn an in den Gestaltungsprozess eingebunden werden können und sehr schnell erste Lösungen erhalten, die Erkenntnisse über die weiteren Entwicklungsschritte liefern. Jede weitere Iteration und jedes weitere Inkrement reduziert schrittweise die Unsicherheit und führt letztlich – durch kontinuierliche Optimierung und Weiterentwicklung – zur tatsächlich die Kundenbedürfnisse erfüllenden Lösung.78 Die durch das iterative Vorgehen und regelmäßiges Feedback (vgl. folgender Punkt) realisierte Lösung entspricht typischerweise nicht der ursprünglich einmal geplanten bzw. angedachten Lösung – sondern sollte besser geeignet sein, die tatsächlichen Kundenbedürfnisse und die Unternehmensziele zu erfüllen.

      Ein solches iterativ-inkrementelles Vorgehen (bzw. kleinschrittiges, erprobendes Herantasten79) ist unter VUCA-Bedingungen wirtschaftlich, denn Ergebnisse werden nicht nur schneller geliefert, sondern das Vorgehen selbst, der Prozess, wird permanent angepasst und verbessert. Die iterative Überprüfung des gewünschten Ziels verhindert, dass man sich verzettelt, und die frühe Einbindung der Kunden und deren Feedback ermöglicht es, dass Aufträge und Projekte schneller zum Erfolg führen, da nur solche Funktionen umgesetzt werden, für die der Kunde auch bereit ist zu zahlen (vgl. Lean Startup in Kapitel 6.4).80 Oder um es mit den Worten von STEVE DENNING zu sagen: „Agile is about working smarter, rather than harder. It’s not about doing more work in less time: it’s about generating more value with less work.“81

      Auf diese Weise kann auch die Arbeit am System, die Struktur- und Prozessgestaltung, betrieben werden. So dient beispielsweise das iterativ-inkrementelle

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