Ulzanas Krieg. Karl H. Schlesier
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Sein Pferd war erschöpft und schweißgebadet. „Sie kommen”, sagte Zele.
„Wo ist Galeana?”, fragte Josanie.
Zele glitt vom Rücken des Pferdes. Er nahm die Decke ab, die ihm als Sattel gedient hatte, und löste den Doppelknoten des Zaumzeugs über dem Unterkiefer der Stute. Er tätschelte ihr Hinterteil, und sie ging auf steifen Beinen zum Bach. „Galeana ist noch dort hinten.” Er wies mit dem Daumen rückwärts. „Wir waren etwa eine halbe Meile vor ihnen.”
„Wie weit weg sind sie jetzt?”, fragte Chihuahua.
„Wenn sie weiter so vorankommen, werden sie im Morgengrauen hier sein. Sie sind müde, aber sie kommen.”
„Wie viele?”, wollte Josanie wissen.
„Sechzig, siebzig. Vielleicht mehr. Sie haben einen Maultiertross dabei.”
„Wie viele Scouts?”
„Vielleicht zehn. Sie sind direkt vor den Soldaten. Könnten von den White Mountain-Apachen sein. Ich glaube nicht, dass sie zu unseren Leuten gehören.”
Nana war ebenfalls aus seinem Camp gekommen. „Sie kommen”, wiederholte Josanie. „Sie werden in zwei Stunden hier sein, vielleicht früher.”
Nana nickte. „Wir werden bald aufbrechen. Wir müssen uns kurz mit Mangus und den anderen treffen.”
Am Himmel wanderte der weiße Mond gemächlich gen Westen und ließ die Schatten in der Schlucht länger werden. Die Menschen an den Feuerstellen standen auf und spürten, dass etwas vorging. Josanie befahl einem der Männer leise, die anderen Gruppenführer zu holen.
Sie ließen sich an Chihuahuas Feuer nieder, Chihuahua und sein Bruder Josanie Seite an Seite, dann Nana, Naiche, Geronimo und Mangus. Hinter ihnen bildeten die Männer aus ihren Gruppen einen engen Kreis. Chihuahuas Blick suchte Zele und mit dem Rucken seines Kinns erteilte er ihm das Wort.
„Ich bin gerade angekommen”, sagte Zele. „Sie sind dicht hinter uns. Vielleicht zwei Trupps Kavallerie. Ein Maultiertross. Wahrscheinlich zehn Scouts. Galeana und ich denken, dass es White Mountain-Leute sind. Ein weißer Mann ist bei ihnen, Gatewood. Sie bleiben in der Nähe der Soldaten. Sie sind die ganze Nacht durchgeritten.”
Schweigen. Dann sprach Mangus: „Ich gehe nach Süden, in die Sierra Madre. Wir werden nördlich der Grenze niemals in Sicherheit sein. Sie werden uns überall jagen.”
„Wir haben schon beschlossen, dasselbe zu tun”, sagte Naiche. Er nickte Geronimo zu, der neben ihm saß. „Wir sollten alle dorthin gehen. Uns trennen und dort in den Blauen Bergen, wieder treffen. Einander beistehen. Dort zusammen bleiben.”
Wieder Schweigen.
Dann sagte Nana langsam: „Ich will meine alte Heimat wiedersehen, die Black Range. Mich dürstet danach. Mein Herz sehnt sich nach ihr. Ich weiß, dass ich dort nicht bleiben kann, aber ich möchte wenigstens für eine Weile dorthin gehen.” Er machte eine Pause. „Wir gehen nach Norden, den San Francisco Fluss hinauf. Ich habe ein gutes Vorratslager in den Bergen östlich der Straße nach Silver City. Dort will ich ein paar Sachen holen.”
„In Mexiko kannst du mehr bekommen”, erwiderte Geronimo.
„Wir gehen mit Nana”, sagte Chihuahua. „Dann zu den Bergen am Quellfluss des Gila. Dort warten wir ab, was passiert. Das da oben ist unser Land, wo wir geboren wurden.” Er berührte den Arm seines Bruders und blickte über das Feuer hinweg in Geronimos Augen. „Auch du”, sagte er. „Auch du wurdest dort geboren.”
Geronimo nickte. Er öffnete seine Hände in einer hilflosen Geste. Sie wirkten wie die Flügel eines Vogels, der verzweifelt flattert. „Das ist wahr”, sagte er. „Aber dort ist es nicht sicher. Sie werden euch finden. Nicht die Soldaten, sondern die Apachen-Scouts. Kommt mit uns.”
Sie saßen schweigend da. Der dunkle Kreis der Männer stand ebenfalls regungslos. Alle hatten zugehört. Jetzt war es an der Zeit zu sprechen, aber niemand sagte etwas.
Endlich sagte Chihuahua: „Also ist es beschlossen.” Er blickte in die Gesichter der Männer, die sich für den Weg nach Süden entschieden hatten. „Wenn wir später nachkommen, wo in der Sierra Madre werden wir euch finden?”
„In den Bergen östlich von Nacori Chico”, sagte Naiche. „Wenn wir uns von dort entfernen, werden wir euch Zeichen hinterlassen, euch sagen, wohin wir gegangen sind.”
Wieder sprach Nana: „Mein Herz ist schwer”, sagte er. Und nach einer Pause: „Wir müssen hier weg. Vielleicht treffen wir euch dort.”
Sie verließen den Canyon in derselben Anordnung, wie sie gelagert hatten. Die drei nach Süden ziehenden Gruppen übernahmen die Führung, Nana und Chihuahua folgten. Sie ließen die Pferde im Schritt gehen, bis sie die Ebenen des Gila erreichten. Als sie sich stromaufwärts wandten, trieben sie die Tiere zu einem langsamen, raumgreifenden Galopp an.
Josanie wies mit acht Kriegern seiner eigenen und Nanas Gruppe den Weg. Nana und einige Männer ritten mit den Frauen und Kindern, während Chihuahua mit einer Handvoll weiterer Männer die Nachhut bildete. Bei Tagesanbruch durchquerten sie die weite Flussebene an der Mündung des San Francisco Flusses, platschten durch das kalte Wasser des Stroms, das zwischen Kiesbänken dahin floss. Als sie den Weg nach Hot Springs erreichten, bemerkte schließlich einer der Männer, die die Nachhut bildeten, einen einzelnen Reiter weit hinter ihnen.
Sie verlangsamten ihre Pferde bis zum Schritt und ließen Galeana herankommen. Sein Pferd war mit Schaum bedeckt. Über einem blauen Kalikohemd hing ein Feldstecher an seiner Brust, und er trug eine .44-40er Winchester an einem Rohlederriemen auf dem Rücken. Sein Gesicht, auf dem ein weißer Streifen über den Nasenrücken bis zu den Wangenknochen verlief, wirkte müde, die Augen glitzerten in tiefen Höhlen. Seit zwei Tagen hatte er nicht geschlafen. Er wurde ernst gegrüßt und schloss sich den anderen an.
„Ich brauche ein frisches Pferd”, sagte er. „Sie sind fünfzehn Meilen hinter mir, aber sie werden uns nicht einholen. Ihre Pferde sind auch erschöpft. Sie können kaum noch laufen.”
Als die Reiter an der Spitze schließlich in der welligen Ebene die Straße nach Safford erreichten, brachte Josanie sein Pferd zum Stehen und stieß einen Ruf aus. Die Gruppen vor ihm blickten zurück und hielten an. Er hob seinen Arm, und die Männer dort erwiderten den Gruß. Dann drehten sie sich um und ritten weiter, nach Südosten in Richtung des Gila, auf den langen Weg nach Mexiko.
Josanie und seine Begleiter zügelten ihre Pferde und schauten den anderen nach, wie sie einen Höhenzug überquerten und plötzlich verschwunden waren. Als die Sonne über den Rand des Gebirges im Osten spähte, lag die Ebene wieder unberührt da. Josanie schwenkte sein Pferd nach Norden, und die letzten beiden Gruppen folgten ihm auf der Straße nach Clifton. Eine Eisenbahnlinie musste überquert, eine Telegrafenleitung gekappt und mindestens zwei Ranches wegen frischer Pferde heimgesucht werden. Josanie und seine Begleiter trieben 18 Tiere zusammen, ließen ihre eigenen entkräfteten Pferde zurück und zogen weiter, vorbei an der verrußten Bergbaustadt und ihren dreckigen Abraumhalden oberhalb des Flusses. Die Männer schlüpften in das Flussbett des San Francisco, das sich tief in die Berge gegraben hatte. Als sie in einer Biegung