Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland

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Extra Krimi Paket Sommer 2021 - A. F. Morland

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langsamer. Früher hatte sie die Stille des Ortes oft bedrückt, manchmal gereizt, weil sie meinte, in der Einsamkeit zu viel von ihrem Leben zu verlieren.

      Keine Sentimentalität!, ermahnte sie sich spöttisch.

      An die meisten Häuser erinnerte sie sich, als sei sie erst gestern fortgegangen, und an der Einmündung des Melissenwegs schluckte sie, schwankte einen Moment, ob sie umkehren sollte, und gab sich einen Ruck. Kneifen war nicht länger erlaubt. Vor dem Haus Nummer 14 holte sie tief Luft und stieß das Gartentörchen auf.

      Eine junge Frau in Jeans und dünnem Hemdchen öffnete. Links klammerte sich ein strohblonder Junge an ihr Bein, rechts ein Mädchen. Die Ähnlichkeit der Gesichter war so verblüffend, dass Karin leise lachte, es mussten Zwillinge sein, auch wenn das Mädchen jetzt schüchtern den Kopf verbarg, während der Junge sie trotzig musterte.

      »Guten Morgen, Frau Alberts, mein Name ist Tepper, Karin Tepper.«

      »Guten Morgen«, erwiderte die junge Frau zurückhaltend.

      »Hätten Sie vielleicht fünf Minuten Zeit für mich?«

      »Um was geht es denn?« Jetzt war ihr Ton so abweisend, dass Karin Tepper begriff: »Keine Sorge, ich will Ihnen nichts verkaufen, keine Versicherung andrehen und Sie auch nicht überreden, einer Sekte beizutreten.«

      »Ja?«

      »Frau Alberts, vor sieben Jahren habe ich in diesem Haus gewohnt, zusammen mit meinem Mann. Ich bin damals weggelaufen, mit einem Freund nach Amerika gezogen und jetzt suche ich meinen Ehemann.«

      Damit hatte sie die junge Mutter verwirrt, sie zwinkerte ungläubig, runzelte die Stirn und kicherte plötzlich; »Das ist ja - Bitte, kommen Sie doch herein.«

      Das Mädchen schielte neugierig auf die Besucherin, der Junge blies die Backen auf, als wolle er etwas Unfreundliches loswerden, aber die Mutter wusste mit ihnen umzugehen: »Los, ihr Racker, eine Viertelstunde lasst ihr mich in Frieden, sonst gibt’s heute Mittag keinen Nachtisch, verstanden?«

      Vor dieser Drohung kapitulierten sie, in höchster Eile wuselten sie nach hinten ins Haus, eine Tür knallte wie ein Kanonenschuss und die Mutter seufzte: »Ein Kind war geplant, zwei sind’s geworden und Arbeit machen sie für drei.«

      »Meine Mutter pflegte immer zu behaupten, lieber einmal Zwillinge als zweimal den ganzen Ärger.«

      »Das sage ich vielleicht auch einmal, wenn ich’s hinter mir habe.«

      Das Haus hatte sich zu Karin Teppers Erleichterung sehr verändert, nicht der Schnitt der Zimmer, aber die Einrichtung. Wolfgang hatte viel Wert auf Stilmöbel gelegt, auf echte Teppiche und die passende Dekoration, ihr war es manchmal wie ein halbes Museum vorgekommen, in dem man sich nur vorsichtig bewegen durfte, doch in diesem Punkt hatte er überhaupt nicht mit sich reden lassen. Jetzt war der große Wohnraum praktisch eingerichtet und überall verriet Kinderspielzeug, wer hier lebte und zurzeit den Ton angab.

      »Gehen wir auf die Veranda? Ich kann Ihnen einen Eistee anbieten.«

      »Das wäre wundervoll.«

      Auch der Garten hatte viel von seiner früheren, steifen Eleganz eingebüßt. Eine große Sandkiste, ein Schaukelgestell, ein aufblasbares Planschbecken, seltsam, jetzt wirkte er einladender, obwohl der Rasen schwer gelitten hatte.

      »Wir haben das Haus erst vor vier Jahren gekauft«, sagte die junge Mutter entschuldigend. »Über einen Notar, den Namen und die Anschrift kann ich Ihnen heraussuchen.«

      »Vielen Dank.«

      »Den Namen Tepper habe ich nie vorher gehört.«

      »Ich weiß nicht, was Wolfgang - mein Mann - nach meinem Weggang gemacht hat.« Während der Bahnfahrt hatte sie eingesehen, dass sie ihre Geschichte oft erzählen musste, und auch mit jenen Einzelheiten, die sie lieber verschwiegen hätte. Die junge Frau sah sie erwartungsvoll an. Sie hatte ein offenes Gesicht und verheimlichte nicht, dass sie auf Karins Geständnis gespannt war.

      »Wir hatten damals Krach, großen Krach. Eine Ehekrise, ich dachte an Scheidung und Wolfgang interessierte sich nur für sein Geschäft. Bis mir ein Mann über den Weg lief, ein Schwede, der in Frankfurt arbeitete. Frisch geschieden und auf dem Sprung, für seine Firma in die Vereinigten Staaten zu ziehen.« Gedankenverloren trank Karin einen Schluck, der Tee war angenehm kalt und säuerlich. »Er hat mich überredet und ich hab mich überreden lassen.«

      Die junge Frau gluckste mitfühlend.

      »Eines Morgens hab ich einen Koffer gepackt und in der Küche einen Brief zurückgelassen. Ich gehe weg.«

      »Ohne Nachsendeadresse?«

      »Ohne alles. Am Nachmittag saßen wir in einem Flugzeug nach Stockholm und von dort sind wir drei Wochen später nach Los Angeles geflogen.«

      »Haben Sie Ihrem Mann nie geschrieben? Oder ihn mal angerufen?« Eine Spur von Missbilligung schwang in ihrer Stimme mit und Karin schüttelte energisch den Kopf: »Nie. Es sollte ein Schnitt werden und es wurde ein Schnitt.« Alles wollte sie nicht beichten, bestimmt nicht einer Fremden, und außerdem wusste sie selbst ja noch nicht, was aus Wolfgangs Schwierigkeiten geworden war, ob er sie gemeistert hatte.

      »Und Ihr - Freund? Der Schwede?«

      »Oh, Martin - er hieß Martin Carlsson - wusste, dass ich verheiratet war. Er hat mir mehr als einmal die Heirat angeboten, aber ich wollte nicht. Keine Scheidung, keine neue Ehe, so ganz hat’s ihm nicht gefallen, aber er hat sich damit abgefunden.«

      »Und was macht er jetzt?«

      »Er ist tot. Vor vier Monaten mit seinem Sportflugzeug abgestürzt.«

      »Das tut mir Leid«, stotterte die junge Frau bestürzt und Karin glaubte ihr das Mitgefühl.

      »Jetzt will ich also reinen Tisch machen. Aber dazu muss ich erst einmal meinen Ehemann finden.«

      »Ja, das verstehe ich - aber viel helfen kann ich Ihnen nicht. Vielleicht kennt der Notar seine Anschrift.«

      »Ja, das ist gut möglich«, stimmte Karin zu und stand auf. »Grüßen Sie Ihre beiden Kinder von mir und richten Sie ihnen doch aus, sie hätten sich den Nachtisch redlich verdient.«

      »Das warten wir erst mal ab«, erwiderte die Mutter düster. »In dem Alter ist so viel Ruhe eher verdächtig. Aber ich weiß mittlerweile, wo die Haupthähne für die Wasserleitungen sind.«

      Es war ihr leichter gefallen, als sie es sich noch in der S-Bahn ausgemalt hatte. Und ein Notar konnte sehr gut eine Anschrift haben, Karin Tepper atmete tief durch und beschloss, an ihrem Plan festzuhalten.

      Das Haus Oleanderweg 9 hatte sie immer bewundert, oft auch mit Neid betrachtet, weil es groß und doch gemütlich war. Oder nicht groß, sondern großzügig, innen wie außen. Gut, Richard verdiente sich dumm und dämlich, trotzdem bedeutete Geld ihm nicht viel, was Wolfgang immer bissig kommentiert hatte: »Der hat auch gut reden.«

      Zu der Zeit hatte sie es schon vermieden, ihm zu widersprechen, ein Wort genügte bereits, einen fürchterlichen Zank auszulösen, aber sie hatte oft gedacht, das Geld komme zu Richard, weil er ihm nicht hinterherlief, während Wolfgang sich für jede Mark zu zerreißen

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