Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland

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Extra Krimi Paket Sommer 2021 - A. F. Morland

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herausgeholt hatte als er. Darunter hatte auch ihre Freundschaft mit Richard und Vera gelitten, Wolfgang fühlte sich immer als der Unterlegene. Zum Schluss lehnte er jede Begegnung mit dem befreundeten Paar ab und Karin war allein hingegangen, entspannte sich und vergaß gleichwohl nicht einen Moment, dass ihr Mann ihr Vorwürfe machen würde, weil sie Richard und Vera nicht aufgeben wollte.

      Nach dem zweiten Klingeln wurde geöffnet, die große, schlanke Frau mit den langen dunkelgrauen Haaren musterte sie aufmerksam.

      »Guten Tag«, sagte Karin leise.

      »Guten ... nein, das ist ... Karin!«

      Ihre Stimme zitterte: »Ja, ich bin’s, Vera.«

      »Karin Tepper. Ein Wunder ist geschehen. Du hast dich sehr verändert, aber nein, ich habe dich sofort wieder erkannt.« Vera trat einen Schritt vor und umarmte sie, beide hatten Mühe, die Tränen zurückzuhalten.

      »Kind, Karin, dass ich dich noch einmal wieder sehe!«

      »Das Kind ist schon einundvierzig Jahre alt.«

      »Und ich bin fünfundsechzig und könnte immer noch deine Mutter sein. Herein mit dir! Mein Gott, so eine Überraschung. Wenn ich das Richard erzähle ...«

      Die Tränen flossen schließlich doch, als in der Diele ein alter Boxer mit eisengrauem Maul schwerfällig aufstand und auf sie zuwankte.

      »Emmo!«, stammelte Karin und der Hund legte den Kopf schief, als müsse er dem Tonfall nachlauschen, bevor er ihre Hand beschnupperte und wie ein Blasebalg schnaufte. Dann jaulte er auf und leckte ihre Hand.

      »Er ist blind geworden«, erklärte Vera. »Aber er hat dich wieder erkannt.«

      Karin kniete nieder, um den alten Kämpen zu umarmen, der sich an sie presste und nicht verstand, warum die Freundin weinte. Was hatten sie früher miteinander gerauft oder um Stöcke gekämpft, lieber ließ der Hund sich in die Höhe heben und herumschwenken als den Biss zu lockern. Nachdem sie ihn in den Swimmingpool geworfen hatte, sann der Boxer auf Rache; mehr als einmal hatte sie nicht an ihn gedacht und vor dem Pool gestanden, den Rücken der Veranda zugekehrt, bis ein lebendiges Geschoss gegen ihre Schulterblätter prallte und sie ins Wasser schleuderte. Danach verzog er sich blitzschnell, mit seinem Schwanzstummel wedelnd und über das ganze Gesicht lachend. Selbst Richard schaffte es nicht mehr, ihm diese Attacken abzugewöhnen, aber Emmo war ein kluger Hund und achtete darauf, dass auch Wasser im Becken war, wenn er zum großen Sprung ansetzte.

      »Emmo! Wenn du wüsstest, wie sehr ich dich vermisst habe!«

      »Er dich auch. Komm, so viel Überraschung ist einen Sherry wert.«

      »Ist Richard da?«

      »Nein, er treibt sich auf dem Golfplatz herum, und weil er ein altmodischer Mensch ist, weigert er sich, ein Handy mitzunehmen. Immer noch Sherry muy seco?«

      »Immer noch, Vera.«

      Der alten Freundin musste Karin ihre Geschichte ausführlich erzählen und Vera nickte zustimmend. Von Wolfgang Tepper hatte sie nie viel gehalten, das aber erst ausgesprochen, als die Ehe bereits in die Brüche gegangen war. Ob sie Karins Entscheidung, Hals über Kopf mit einem anderen Mann auszureißen, wirklich billigte, ließ sie sich nicht anmerken, sie war eine so kluge wie taktvolle Frau, die weder predigte noch tadelte, erst recht nicht vorschnell verurteilte.

      »Nein, wo Wolfgang heute steckt, wissen wir auch nicht«, bedauerte sie. »Es gab noch einen unschönen Auftritt, drei oder vier Tage, nachdem er deinen Brief gefunden hatte. Da erschien er hier, ziemlich betrunken, und warf uns vor, wir hätten dich auf gehetzt, wir seien schuld an dem Bruch, wir hätten jede Versöhnung hintertrieben, nun ja, du kennst ihn ja. Seine Fähigkeit, anderen die Verantwortung für sein Scheitern zuzuschieben, hatte unter seinem Alkoholpegel nicht gelitten.«

      »Und danach?«

      »Von ihm direkt haben wir nichts mehr gehört. Aber Richard traf dann zwei oder drei Monate später einen Nachbarn und der erzählte ihm, dass Wolfgang das Haus verkauft habe und weggezogen sei. Ohne sich von seinen Nachbarn zu verabschieden.«

      »Das sieht ihm ähnlich.«

      »Ja, es hat uns nicht - verwundert.« Vera konnte unnachahmlich sticheln und Karin lachte leise. Emmo lag zu ihren Füßen und knurrte milde, wenn sie mit dem Streicheln aufhörte.

      »Du weißt, dass Wolfgang damals in geschäftlichen Schwierigkeiten steckte?«

      »Das ist die Untertreibung des Tages, liebe Karin.«

      Es hätte sie nicht überraschen dürfen, Vera erfuhr immer alles, was sich in der Nachbarschaft und in ihrem Bekanntenkreis abspielte. Das Angenehme - oder auch Irreführende - war, dass sie nicht immer zu erkennen gab, was sie wusste.

      »Ja, entschuldige. Wolfgang war pleite, nachdem er sich verspekuliert hatte, und der Staatsanwalt interessierte sich für ihn.«

      »Das war schon damals kein Geheimnis.«

      »Von seinen Geschäften habe ich nie etwas verstanden. Oder begriffen.«

      »Das glaube ich dir sofort. Bei seiner Art von Geschäften empfahl es sich, die Zahl der Mitwisser klein zu halten.« Das kam sehr trocken heraus und Karin musterte ihre alte Freundin unschlüssig. Bei aller Freundlichkeit verfocht Vera sehr feste Grundsätze von Anstand und Moral, und wer die verletzte, verspielte ihre Freundschaft. Wie Wolfgang, den sogar der Staatsanwalt verdächtigt hatte, einen gigantischen Betrug inszeniert zu haben.

      »Warst du schon auf dem Einwohnermeldeamt?« Vera wollte das Thema wechseln und Karin ging erleichtert darauf ein.

      »Nein, ich bin erst gestern gelandet und heute gleich zu unserem alten Haus gelaufen.«

      »Die Nachbarn haben also auch keine Ahnung, wo Wolfgang abgeblieben ist«, sagte Vera lebhaft. »So, und nun will ich mehr über Martin Carlsson hören.«

      Zwei Stunden später brach Karin auf, Emmo fiepte jämmerlich. Richard war noch nicht zurückgekommen, deshalb musste sie ihre Hoteladresse hinterlassen und zahlreiche Eide schwören, dass sie nicht wieder spurlos untertauchen würde.

      In der S-Bahn starrte sie aus dem Fenster, ohne etwas zu sehen. Vera und Richard hatten ihr damals angeboten, zu ihnen zu ziehen, bis die Scheidung ausgesprochen war. Das Angebot hatte Karin geholfen, sich zu entschließen, weil sie sich darauf verlassen durfte, im schlimmsten Fall ein Dach über dem Kopf zu haben und nicht allein zu bleiben. Doch Martin hatte nicht viele Worte aufwenden müssen, um sie zur Flucht zu überreden. Ein Schnitt sollte es werden und dazu gehörte ein anderer Platz als dieser saubere, ruhige Taunus-Ort, in dem sie alles an Wolfgang und ihre eigenen Fehler erinnerte.

      Abends rief Richard im Hotel an: »Wie Vera schon sagte, ein Wunder, und zwar eines der netteren Art. Du hockst doch nicht etwa den ganzen Abend auf deinem Zimmer?«

      »Nein, du Unverbesserlicher«, log sie. »Noch zwei Minuten, um das Gesicht anzustreichen, dann wartet eine alte Freundin zum Essen auf mich.«

      »Wehe, du kommst nicht bald noch mal vorbei. Der arme Emmo schnüffelt im ganzen Haus nach dir.«

      »Bald, Richard, ich hab’s Vera doch versprochen.« Das Wochenende brauchte sie noch für sich, doch das wollte sie den alten Freunden

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