Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland

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Extra Krimi Paket Sommer 2021 - A. F. Morland

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Oder den Prozess? Oder hatte sie den Mann erkannt und wagte nicht, etwas gegen ihn zu unternehmen?

      Rogge drehte sich nach ihr um und ärgerte sich über ihre krumme Haltung. Den Kopf eingezogen, die Schultern nach vorne hängend, als habe sie kein Recht, aufrecht zu gehen und aller Welt ins Gesicht zu sehen.

      Darüber dachte er auch nach, als er abends, mit schmerzenden Füßen und juckenden Waden, sein Abendessen bestellte. »Wo wohnt Ihre Freundin eigentlich?«

      »Monika? - Bei ihren Eltern. In der Brückenstraße.«

      »Ah ja.«

      Nun war Gertrud anders gestrickt als Monika Ziegler, neugierig beugte sie sich vor: »Warum fragen Sie?«

      »Ach, ich war heute auf dem Scherkenhof und auf dem Rückweg ist sie mir begegnet.«

      Wie ein alter Kumpel zwinkerte sie ihm zu: »So, so. Monikas Vater ist Lehrer und seine Tochter mit einem verkrachten Elektriker - o je.«

      Er lachte und bei dem Geräusch richtete sich auf der Bank rechts neben dem Eingang Benno Brockes auf. Er musste schon eine Menge getankt haben, es fiel ihm nicht ganz leicht, Rogge zu fixieren. Seinen Hass verbarg er nicht.

      Unangenehm berührt drehte Rogge seinen Stuhl zur Seite. Was hatte er dem ungehobelten Klotz getan? Eine halbe Stunde später stellte sich Brockes mühsam auf die Beine, winkte dem Wirt schwerfällig zu und taumelte aus dem Bären.

      Gertrud brachte Rogge das zweite Bier und flüsterte empört: »Gut, dass der Kerl gegangen ist. Wissen Sie, was der sich erlaubt hat? - Hat mir Vorwürfe wegen meines Ausschnitts gemacht.«

      Der wies auch bei wohlwollender Beurteilung eine gewisse Großzügigkeit auf, die sie sich leisten konnte. Sie blies viel Luft ab: »Soll er sich doch seine Andrea vornehmen.«

      »Gertrud!«, mahnte Rogge, nicht wirklich schockiert.

      »Ist doch wahr!«

      Im ruhigen Teil der Gaststube hatten der Arzt und sein Begleiter Platz genommen, sie unterhielten sich mit langen, beiden sichtlich peinlichen Pausen. Am Tresen tranken die zwei Alten wieder ihr Bier und schienen in ihre alte Diskussion vertieft; Olli schlief gleich im Stehen ein. Rogge war zu müde aufzustehen; kurz vor der Brückenstraße hatte er sich zu einem anderen Weg entschlossen und war bis nach Karlsau gewandert. Die Karte hatte nicht gelogen, Rogge hatte nur übersehen, dass der Bus am Sonntag nicht fuhr, und hatte den ganzen Weg wieder zurücklaufen müssen. Jetzt protestierte selbst sein Kreuz. Am Ende des dritten Glases entschloss er sich. Noch ein Schluck Bier und er würde die wenigen Meter zum Gästehaus nicht mehr bewältigen.

      IX.

      Draußen war es ungewohnt dunkel, Rogge atmete tief durch und stakste wie ein Storch zur Tür.

      Der Schuss krachte so laut, dass es ihm die Ohren verstopfte und das Gehirn blockierte. Welcher Idiot - Rogge wollte sich umdrehen, verlor dabei das Gleichgewicht und plumpste wie ein nasser Sack auf den Boden. Wahrscheinlich keinen Moment zu früh, ein zweiter Schuss dröhnte, der Hauptkommissar presste sich an den Boden, jetzt wieder hellwach, und rührte sich nicht. Das hatte ihm gegolten.

      Doch nun hörte er nichts mehr. Keine Schritte, kein weiterer Schuss, kein Knirschen von Sand oder Steinchen. Absolute Stille. In der Gaststube schien keiner etwas vernommen zu haben, niemand kam herausgestürzt oder rief.

      Millimeterweise hob Rogge den Kopf. Nichts. Rechts, einen Meter entfernt, wuchs ein dichter Strauch neben dem Weg. Wenn er den erreichte ... - Schneckengleich schob er sich voran, ängstlich bemüht, den Körper nicht weiter als unbedingt nötig anzuheben. Aus dem Küchenfenster des Bären fiel etwas Licht in den Garten, aber hier war es eigentlich zu dunkel für einen Schützen ... und an einen Restlichtverstärker hinter dem Zielfernrohr wollte Rogge nicht denken ... geschafft.

      Nach zwei Minuten beruhigte sich sein Atem. Jetzt hörte er auch das leise Klappern von Tellern aus der Küche. Wer immer auf ihn geballert hatte, gab sich mit den beiden Schüssen zufrieden. Oder er dachte, er habe getroffen, weil Rogge fast zeitgleich mit dem zweiten Schuss hingestürzt war. Nein, Vorsicht war immer noch der bessere Teil der Tapferkeit, den Eingang würde er nicht benutzen. Auf Knien und Ellbogen kroch Rogge bis zur Hausecke und richtete sich erst in ihrem Schutz auf. Bevor er zum Essen gegangen war, hatte er das Fenster zum Lüften seines Zimmers geöffnet, und wer zum Teufel wollte ihm vorschreiben, wie er sein bezahltes Zimmer betrat?

      Trotzdem zog er die Vorhänge vor, bevor er das Licht anknipste.

      Wenigstens hatten Hose und Jacke den zweiten Sturz des Wochenendes heil überstanden. Feuchte Erde, die würde trocknen, das konnte er morgen früh ausbürsten. Danach betrachtete er mit zusammengebissenen Zähnen das Telefon. Sollte er Hilfe holen ... ?

      Rogge wälzte sich lange schlaflos in seinem Bett und dämmerte gerade hinüber, als ihn ein Geräusch hochriss. Merkwürdig gedämpft und doch ganz in der Nähe. Auf dem Flur? Vor seiner Tür?

      Mit angehaltenem Atem horchte er, aber es wiederholte sich nicht, und als er endlich auszuatmen wagte, wusste er, dass er hellwach war und an Einschlafen nicht denken durfte, bis er eine Erklärung für das Geräusch gefunden hatte. Leise zog er sich Hose und Pullover über, schaltete das Licht aus, drehte im Zeitlupentempo den Schlüssel und zog die Zimmertür auf. Der Flur lag im Dunkeln, er trat hinaus und witterte. Wenn die Augen versagten, half manchmal die Nase oder ein siebter Sinn, einen versteckten Menschen zu ahnen. Doch ohne Erfolg, Rogge wollte sich schon wieder umwenden, als ihm ein schwacher Lichtstreifen auffiel, direkt über dem Boden, am Ende des Flures auf seiner Seite. Neue Gäste? Dann war das schwache Rauschen das Wasser, das in einer Dusche lief?

      Verdammt, es würde ihm ja doch keine Ruhe lassen! Wütend auf sich selbst schlich Rogge in sein Zimmer zurück, tastete sich zum Fenster und stieg in den Garten hinaus. Ja, im letzten Zimmer brannte Licht, offenbar waren die Vorhänge vorgezogen, aber jetzt wollte er es wissen. Hauptkommissar Jens Rogge als Voyeur! Doch besser ausgelacht als noch einmal angeschossen!

      Als hätte er es bestellt! Zwischen den beiden Vorhanghälften klaffte ein winziger Spalt, durch den er einen Ausschnitt des Zimmers beobachten konnte, das Fußende des Bettes. Dann bewegte sich das Laken und plötzlich stand ein nackter Mann im Zimmer, der sich abtrocknete. Rogge starrte ihn an wie ein Weltwunder, den Knaben hatte er noch nie gesehen. Wieder bewegte sich das Bettlaken, die Frau richtete sich auf und rutschte im Bett auf den Knien zum Fußende, um den Mann zu umarmen, der schon in seine Unterhose gestiegen war. Die nackte Schönheit kannte er, Frau Wirtin hatte also einen Liebhaber. Was Rogge ihr einerseits gönnte, ihn andererseits wegen ihrer Unvorsichtigkeit verwunderte. Oder konnte sie sicher sein, dass Olli sie hier nicht überraschte? Und wenn ja, warum?

      Unbemerkt erreichte Rogge wieder sein Zimmer und lag im Dunkeln noch wach, bis er verstohlene Schritte und das vorsichtige Knacken der Haustür hörte. Danach schlief er schnell ein.

      Montag, 18. September

      Angi bediente ihn mit unverändert melancholischer Miene, seinen Blick meidend, und Rogge hütete sich, auf den Vorfall anzuspielen. Der Mann war etwas älter gewesen als sie, ein eher schmächtiges Hemd, auf jeden Fall das totale Gegenteil von Olli.

      Wibbeke rollte das Metallkügelchen ratlos hin und her: »Was ist denn das, Herr Rogge?«

      »Eine Kugel.« Im Tageslicht hatte Rogge die Einschlagstelle im Putz neben der Tür zum Gästehaus entdeckt und das Klümpchen vorsichtig herausgepult.

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