Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland

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Extra Krimi Paket Sommer 2021 - A. F. Morland

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und mit diesen Stellen wäre er in zwanzig Minuten fertig gewesen.

      Für die Existenz dieser Liga gab es nur drei dürftige, halbwegs sichere Beweise: die Auswertung der mitgeschnittenen Telefongespräche, die Berichte ihres V-Mannes, die Aussage eines Mitarbeiters, der zufällig Zeuge einer Auseinandersetzung in einem Drei-Sterne-Restaurant geworden war. Die V-Mann-Rapporte legte er vorerst zur Seite. Nach den Transkripten der vom BND aufgezeichneten Telefongespräche existierte eine Gruppe, ein loser Zirkel, der sich den Namen Liga gegeben hatte, aber abgesehen von der Tatsache, dass seine Mitglieder etwas mit Import und Export, Wirtschaft und Finanzen, Industrie und Forschung zu tun hatten, waren Größe, Organisation und Zielsetzung völlig vage geblieben. Für die sieben namentlich identifizierten Mitglieder hatten sie eine vergleichende Recherche nach Gemeinsamkeiten angestellt: Schule, Universität, studentische Verbindungen, Ausbildung, Sportclubs, Hobbys, Vereine. Das Ergebnis fiel negativ aus. Auch die so genannten Lebenskreise überschnitten sich nicht so, dass wie bei der Mengenlehre eine allen gemeinsame Schnittmenge übrig blieb.

      Genauso unergiebig war die Literaturrecherche ausgefallen. Aus den unendlichen Mengen von Artikeln, Broschüren, Flugblättern, Zirkularen, die mit Fleiß und hohem Aufwand gesammelt wurden, ließ sich keine Organisation extrahieren. Das musste nichts zu bedeuten haben, vorsichtige Menschen mieden schriftliche Aussagen, erst recht, wenn sie zwar gemeinsame Interessen verfolgten, aber keine einheitliche ideologische Basis besaßen. Ihr Ohrenzeuge hatte, wenn man kritisch las, nur einen wichtigen Satz beigesteuert, den erregten Vorwurf eines Unternehmers: »Wenn ich gewusst hätte, auf was ich mich da einlasse, hätte ich nie einen Finger für diese verdammte Liga gerührt.«

      Den Sprecher hatten sie ausfindig gemacht und nach allen Regeln der Kunst durchleuchtet. Er hatte Schulden, er betrog das Finanzamt und seine Frau, er zahlte Schmiergelder an das Wasserwirtschaftsamt. Alles in allem hässliche Flecken auf der weißen Weste, aber weder größer noch schwärzer als bei vielen anderen auch, die nicht unter dem Verdacht standen, einer verfassungsfeindlichen Organisation anzugehören und gezielt gegen das Waffenkontroll- und das Außenwirtschaftsgesetz zu verstoßen.

      Blieb also nur der V-Mann. Wenn man seinen Berichten Vertrauen schenken konnte, hatte er sich unter Berufung auf die Liga in einen Kreis eingeschlichen, dem tatsächlich ungesetzliche Aktivitäten nachzuweisen war, wobei offen blieb, welches Ziel die Mitglieder wirklich verfolgten: Füllten sie sich nur die eigenen Taschen oder finanzierten sie eine politische Idee?

      Jockel Pertz lehnte sich zurück. Mehr als einmal hatte er sich den ketzerischen Gedanken verboten: Gab es die Liga überhaupt? Die Tonbänder hatte er nie gehört, sondern nur die Abschriften gelesen. Mit dem Mitarbeiter war er nie zusammengetroffen, um sich selbst einen Eindruck von seiner Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Blieb der V-Mann, dessen Tipps lange Zeit zu etwa neunzig Prozent gestimmt hatten - in diesem Gewerbe eine ungewöhnlich hohe Trefferrate. Vielleicht zu hoch, um nicht vorsichtig zu werden. Der Trick war beliebt: Ein Doppelagent festigte seinen Ruf durch anfänglich hervorragende Informationen; im Laufe der Zeit nahm die Zahl der richtigen Informationen ab, die der gezielten Falschinformationen zu. Was hier allerdings nicht zutraf. Die Zahl der Informationen war bei konstanter Trefferquote kontinuierlich gesunken. Zu dieser Aussage hatte Pertz das Trio Ellwein, Gönter und Weinert regelrecht zwingen müssen und selbst jetzt war Pertz sich nicht sicher, ob sie ihn nicht belogen hatten, und zwar aus einem allen gemeinsamen, wenn auch voreinander verschwiegenen Motiv: Sie ahnten das Ende der Aktion und hatten die Kooperation in Gedanken bereits aufgekündigt, behielten deshalb all jene Erkenntnisse für sich, die in Zukunft für ihre »Mutter«-Dienststellen wichtig werden konnten.

      Wie sich überhaupt gezeigt hatte, dass der Egoismus der Dienste und Ämter eine wirklich vertrauensvolle Zusammenarbeit erschwerte.

      Nun gut! Pertz rieb sich die Augen. Die Liga existierte, aber sie hatten den Kontakt verloren. Wiederum zwei mögliche Erklärungen: Der Laden hatte sich so gut getarnt, dass nach dem Ausfall des V-Mannes die Abschottung perfekt funktionierte. Oder die Gruppe hatte sich aufgelöst, weil sie nach dem ersten Einbruch in ihren inneren Kreis misstrauisch, übervorsichtig geworden war.

      Nebenan hatte die Frau sich an den Flügel gesetzt und Pertz ließ sich eine halbe Minute ablenken. Schubert, ein Impromptu. Warum sie bei ihrem Talent die Ausbildung abgebrochen hatte, verstand er bis heute nicht. Eine Verschwendung von Begabung und Mühe, diese Überlegung bedrückte ihn immer wieder.

      Viele der Entscheidungen, die Pertz treffen musste, fielen nach Aktenlage und manchmal fühlte er sich dabei wie ein Mann in einem großen, völlig finsteren Saal mit vielen Ausgängen. Hatte der andere bereits lautlos den Raum verlassen? Oder lehnte er immer noch irgendwo an der Wand und wartete mit endloser Geduld ab, was geschehen würde? Selbst Erfahrung führte da nicht viel weiter, es blieb immer eine Mischung aus wenigen Fakten, Intuition und Erinnerung an viele Niederlagen und einige wenige Erfolge. Das Trio Ellwein, Gönter und Weinert hatte sich, jeder einzeln, strikt geweigert, ihm bei dieser Entscheidung zu helfen. Seine Intuition sagte Pertz, dass sich der Kreis aufgelöst hatte. Entweder waren alle Spuren bereits verwischt — oder die letzte gemeinsame Aktivität bestand zurzeit darin, gefährliche Zeugen auszuschalten und mögliche Beweise zu vernichten. So oder so - es lohnte keine Mühe mehr.

      Sorgfältig räumte er die Akten in den kleinen Tresor. Wie immer litt er unter dem Zwiespalt von Erleichterung darüber, dass er sich durchgerungen hatte, und nagendem Zweifel, er könnte etwas übersehen haben.

      Petra hörte auf, als er ins Zimmer kam und vor dem Flügel stehen blieb.

      »Du siehst unglücklich aus, Jockel«, flüsterte sie zärtlich.

      »Unglücklich? - Nein. Unglücklich bin ich nicht. Unruhig.«

      »Warum? Meinetwegen?«

      Er lächelte trübe, während sie aufstand und die Träger ihres Hängerkleids über die Schultern streifte. Zwei Jahre hatte er sich gegen sie gewehrt, weil er nicht begriff, was sie an ihm fand, und sich zugleich trotz des beruflichen Misstrauens mit allen Fasern nach ihr sehnte.

      Sie hakte den BH auf und er zog sie an sich. Weil er ein zärtlicher Liebhaber war, schlief sie gerne mit ihm und schämte sich manchmal, dass sie ihn ausspionierte. Aber dafür wurde sie gut bezahlt, und wozu ihre Informationen dienten, wollte sie gar nicht wissen.

      Samstag, 30. September

      Das Telefon riss Rogge aus dem tiefsten Schlaf, wütend grabbelte er nach dem Wecker: Viertel nach drei. Welcher Idiot im Präsidium hatte da wieder nicht auf die Liste geschaut?

      »Ja?«, grollte er los.

      »Herr Rogge? Hier ist Inge Weber. Oder Charlotte Zinneck.«

      Zuerst verstand er gar nichts, und das nicht nur, weil die heisere Stimme flüsterte. Noch benommen vom Schlafdusel traute er seinen Ohren nicht. »Wer?«

      »Charlotte Zinneck.«

      Das war nicht wahr! Das konnte nicht sein!

      »Hören Sie mich?«

      »Ja«, krächzte er, die Stimme dick belegt.

      »Ich brauche Hilfe.«

      »Was?«

      »Bitte! Die sind hinter mir her.«

      »Wer ist ... wo sind Sie?«

      »In einem Motel. Am Bellhorner See.«

      »Das kenne ich.«

      »In

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