Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland

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Extra Krimi Paket Sommer 2021 - A. F. Morland

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in Kassel ... An dem Abend habe ich ihn zur Rede gestellt. Er wollte mich wieder hinhalten, auf unser nächstes Quartier in Dresden vertrösten, aber meine Geduld war - erschöpft. Aufgebraucht. Eine Minute Bedenkzeit oder ich verlasse das Haus für immer.«

      »Warum ausgerechnet an dem Abend?«

      »Weil ich ihn noch nie so erlebt hatte, etwas erdrückte ihn fast vor Angst. Und da machte es klick, jetzt oder nie - verstehen Sie das?«

      »Doch, ja.«

      »Und er hat ausgepackt. Gleich die richtig schweren Hämmer geschwungen. Er heiße nicht Hans Zinneck, sondern Wolfgang Tepper, Außerdem wisse er gar nicht, ob er rechtmäßig mit mir verheiratet sei. Denn vor gut sechs Jahren sei seine Frau aus heiterem Himmel abgehauen und seitdem habe er nichts mehr von ihr gehört. Gut möglich also, dass sie noch lebte und er immer noch mit ihr verheiratet sei.«

      »Das ist stark«, murmelte Rogge konsterniert und sie lachte bitter auf: »Es kommt noch dicker, Herr Rogge. Er war auch kein Angestellter einer internationalen Investmentfirma, sondern V-Mann des Bundesnachrichtendienstes.«

      »Sie fantasieren!«, platzte Rogge heraus.

      »Nein, nein. Also ein V-Mann und zur Tarnung wäre er in einer Firma angestellt, die dem BND gehörte.«

      »Das ist nicht Ihr Ernst!«

      »Die hätten ihn nach Frankreich, nach Cannes geschickt, um in eine Organisation einzudringen, die sich Liga nannte. So genau hab ich’s nicht verstanden, ich war wie vor den Kopf geschlagen, aber das habe ich behalten: eine politische Organisation namens Liga, mit rechtsradikalen, antidemokratischen Zielen und hinter dem ideologischen Schmonzes verbarg sich eine Gruppe, die illegale Geschäfte rund um den Globus betrieb. Die Leute in Cannes verschoben Waffen und militärische Fabriken nach Nordafrika, für Libyen und andere Länder, die Washington heute Schurkenstaaten nennt.«

      »Er hat Sie verschaukelt!«

      Seinen Einwand beachtete sie nicht. »Angeblich hatte er eine große Aktion der Gruppe hochgehen lassen und dann kalte Füße bekommen, weil einige Ligisten misstrauisch geworden seien, deswegen begannen wir unser Zigeunerleben.«

      »Das ist doch hochkarätiger Schwachsinn. Wenn er wirklich für den BND gearbeitet hätte, hätte der Dienst ihn doch geschützt.«

      »Nein. Den hatte er nämlich beschissen, bei diesem Waffengeschäft, da hat er kräftig abgesahnt, in die eigene Tasche, rund sieben Millionen Mark.«

      »Sie haben den Namen Tepper richtig verstanden? Er hieß in Wahrheit nicht zufällig Baron von Münchhausen?«

      Darüber konnte sie nicht lachen. »Und jetzt fürchtete er, dass uns beide an den Hacken klebten, die Ligisten und der BND. Die einen wollten einen Verräter, die anderen einen Betrüger und möglichen Überläufer liquidieren.«

      Angesichts ihres Gesichtsausdrucks gefror ihm das höhnische Lachen auf den Lippen. Nein, sie belog ihn nicht, sie gab getreulich wieder, was Wolfgang Tepper alias Hans Zinneck ihr an dem Abend gestanden hatte, und sie konnte auch heute noch nicht unterscheiden, was Wahrheit, was Lüge und was Aufschneiderei gewesen war. Wie auch immer - für sie war an dem Abend eine Welt zusammengebrochen.

      »Wie ging’s weiter?«

      »Er hat noch viel gestammelt und gebeichtet, aber ich wollte nichts mehr hören. Ich war hundemüde, hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen, weil er mich pausenlos gehetzt hatte, ich bin aus dem Zimmer gelaufen, die Treppe hoch in mein Zimmer.«

      Beunruhigt registrierte Rogge, dass sie bleich wurde und ihre Stimme sich in die Höhe schraubte.

      »Oben habe ich - ja, zu viel und zu schnell getrunken. Und eine Menge Tabletten geschluckt.«

      »Eine gefährliche Mischung«, warf Rogge leise ein und sie nickte hastig.

      »Und dann — ich weiß nicht mehr, wie lange ich mich eingeschlossen hatte dann krachte es unten zweimal. Ganz laut und - wie soll ich’s beschreiben - gefährlich. Um mich herum war alles wie in Watte verpackt, können Sie das verstehen?«

      »Ja, sehr gut sogar.«

      »Ich bin zur Tür gegangen, habe aufgeschlossen und gerufen: Hans, was ist passiert? Oder so ähnlich - ich weiß es nicht mehr genau. Hans, was ist los? Er hat nicht geantwortet, aber unten klappten Türen. Da bin ich die Treppe hinuntergegangen. Und habe wieder gerufen: Hans, wo bist du?« Entschuldigend streckte sie Rogge beide Hände entgegen: »Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mich wunderte. Woher kam plötzlich der Nebel vor meinem Gesicht? Und warum war alles so unscharf, so weit weg? Hans lag im Wohnzimmer, am Boden, er rührte sich nicht, ich habe noch gelacht, mein Gott, wenn du schlafen willst, warum gehst du nicht ins Bett? - Aber er bewegte sich nicht und ich habe mich zu ihm gebückt, um ihn wachzurütteln, und da war alles voller Blut. Das ganze Hemd - und es wurde immer mehr - ich habe mich hingekniet und ihn angefasst und geschrien, aber er war tot, und irgendwie - es war doch nicht wirklich, das hatte doch nichts mit mir zu tun - oder mit Hans - und dann habe ich gesehen, dass mein Kleid voller Blutflecken war, und auch meine Schuhe - es war so komisch, nein, ekelhaft, alles rot und dreckig, ich dachte, du musst sofort dieses widerliche Kleid ausziehen, das war das Wichtigste in dem Moment - Plötzlich stand ich im Bad, hab das Kleid ausgezogen und die Schuhe und mir gründlich die Hände gewaschen. In dem Augenblick war mir völlig klar, dass ich Weggehen musste, nur weg, verstehen Sie? Ich hatte gar keine andere Wahl, ich musste fort, weg aus diesem Haus, bevor dieser Nebel noch dichter wurde. Dann hab ich mir die Schlüssel vom Haken genommen und bin zum Auto rausgegangen. Das hatte Hans vor dem Haus stehen lassen. Alles rauschte, und als der Motor ansprang, fuhr das Auto wie von selbst, in ein — ein ...«

      »In ein graues Loch«, ergänzte Rogge leise.

      »Danach weiß ich nichts mehr. Ich bin wieder wach geworden, als ich in einem fremden Auto neben einem fremden Mann saß. Den Rest kennen Sie.«

      Rogge senkte den Kopf. Sollte er ihr glauben? Hatte sie das, was sie subjektiv für die Wahrheit hielt, wirklich erlebt? Oder sich etwas zurechtgelegt? Tabletten, Alkohol, Erregung, Übermüdung, Schock - es konnte so abgelaufen sein, aber er wagte es nicht zu beurteilen.

      »Nein«, sagte Rogge endlich hilflos, »den ganzen Rest kenne ich noch nicht.«

      »Der Rest - ja«, fuhr sie endlich fort. »Die ersten Wochen waren - scheußlich. Die Ärzte. Und die vielen Tests. Und dieses Gefühl, dass fast alle glaubten, ich würde - simulieren,. Wie Ihr Kollege Grembowski. Ich bin erst zur Ruhe gekommen, als die meisten überzeugt waren, dass ich tatsächlich mein Gedächtnis verloren hatte. Da musste ich mich nicht mehr - verteidigen. Dumm, nicht wahr?«

      »Nein, gar nicht.«

      »Das größte Glück war dieser Job in der Bäckerei. Regelmäßig etwas tun, nicht mehr völlig abhängig sein, ach, das können Sie sich kaum vorstellen.«

      »Nein. Vorstellen nicht, aber verstehen.«

      »Eines Tages keuchte ein Jogger in das Geschäft. Er sah aus, als hätte er mit seinen Klamotten unter der Dusche gestanden. Ich habe ihm Vorwürfe gemacht. Man könne auch alles übertreiben. Er wurde sehr zornig und am nächsten Tag kam er wieder. Wieder klitschnass. So habe ich Achim kennen gelernt. Natürlich wollte er was von mir - soll ich Ihnen mal verraten, wie er mich herumgekriegt hat? Mit einem einzigen Satz: Lieber eine Frau ohne Gedächtnis als eine Frau mit Krebs.«

      »Das

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