Brillanter Abgang. Alexander Hoffmann

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Brillanter Abgang - Alexander Hoffmann

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Karlovac. Weitere 60 lagern bei der Unterstützungskasse für die Dombauhütte Sveti Stjepan in Zagreb. Und über fast 70 Millionen freut sich das Waisenhaus Marija Petković in Split. Ich habe die Ehre, diese verdienstvollen Stiftungen als Treuhänder zu führen.«

      Tonja grinste. »Gut ausgesucht.«

      Drago feixte: »Unser tapferes Militär, unsere hochverehrte Kirche und unsere lieben Waisen – das ist die perfekte Mixtur. An die wagt sich niemand so schnell heran. Aber lange sollte das Geld dort nicht bleiben.«

      »Dafür wird Dr. Strozzi in Triest ganz sicher sorgen«, erwiderte Tonja.

      Hans verstand immer weniger und nippte ratlos an seinem Champagner.

      Tonja bemerkte es und tätschelte ihm eine Hand. »Erkläre ich dir alles später.«

      Drago erhob erneut sein Glas und sagte würdevoll: »Heute ist ein besonderer Tag. Nach langen Jahren vertrauensvoller Zusammenarbeit trennen sich die Wege der Zagorska Banka und der meinige. Ein bisschen wehmütig bin ich schon.«

      Tonja lachte heiser. »Was wirst du vermissen?«

      »Vor allem den Blick aus meinem Büro auf den Jelačić-Platz, auf das Denkmal unseres tapferen Ban Jelačić.«

      Tonja erklärte Hans: »Der Jelačić-Platz ist das Herz des alten Zagreb. Jelačić war ein Feldherr und Ban, k. k. Feldzeugmeister und Kommandeur des Maria-Theresia-Ordens. Hat den Aufstand der ungebärdigen Ungarn 1848 niedergeschlagen. Ein treuer Vasall des Hauses Habsburg, einer unserer Nationalhelden.«

      Hans nickte, es war beruhigend, von Helden umgeben zu sein.

      Tonja wandte sich wieder Drago zu. »Und wann geht es nach Triest?«

      »Sobald wir hier fertig sind. Ich hab euch noch etwas Besonderes mitgebracht – eine Schreibmaschine.«

      »Wozu denn das?«, entfuhr es Hans, der auch einen Redebeitrag leisten wollte.

      »Wir werden ab sofort«, sagte Tonja, »mit Drago nur noch wie in der guten alten Zeit kommunizieren. Schriftliches gibt es nur in Ausnahmefällen und dann auf der Schreibmaschine verfasst. Das meiste werde ich sowieso ausschließlich in meinem Kopf aufbewahren. Den kann keiner belauschen.«

      »Das ist ein absolutes Muss. Im Netz oder sonst wo dürfen wir nicht vorkommen, mit keinem Bit.« Drago schüttelte den Kopf. »Heute wird alles elektronisch überwacht, eigentlich ein Skandal. Man kann seinen Geschäften kaum noch richtig nachgehen.« In seiner Stimme schwang aufrichtige Empörung mit.

      Sie schwiegen, griffen nach den Sandwiches und ließen die intime Atmosphäre der Bar auf sich wirken.

      »200 Millionen, das ist unfassbar viel Geld!«, sagte Hans unvermittelt.

      Dragos flinke Augen fixierten ihn kühl. »Finden Sie? Dafür kriegt man keine zwei Weltklasse-Fußballer.«

      Hans musste ihm recht geben. Für den Moment wurde er von einer gewissen Leichtigkeit erfasst. Er erwiderte: »Oder drei anständige van Goghs.«

      Drago ging nicht weiter auf Hans ein, sondern wechselte das Thema. »Wie geht es in Guguljak voran?«

      »Gar nicht«, sagte Tonja mit einem Anflug von Verdrossenheit.

      Drago fuhr sich durch seine kurzen Haare. »Tja, nur im ›Fässchen‹ sitzen bringt einen nicht viel weiter.«

      Die drei lauschten dem Klavier, ab und an schritt ein Bisnissmän vorbei, wahrscheinlich ein echter, wie Hans befand.

      Drago schaute auf seine elegante Uhr. »Wir sollten dann mal.« Er zahlte bar, und gemeinsam verließen sie das Hotel. Während die beiden sich untergehakt hatten und angeregt auf Kroatisch miteinander schwatzten, trottete Hans hinterher. Militärmuseum, Dombauhütte, irgendwelche Waisen und jetzt auch noch ein Herr Dr. Strozzi. Hoffentlich würde sich das irgendwann entwirren.

      Der armanigraue BMW Dragos parkte in einer Seitenstraße. Drago öffnete den Kofferraum und holte schwungvoll eine schwere Reisetasche und eine prall gefüllte Einkaufstüte von Lidl heraus. Die Reisetasche sah billig aus mit ihrem abgeschabten Kunstleder, in der Einkaufstüte hätten auch geschnittenes Brot, Äpfel und Käse sein können. Drago reichte beide Hans und meinte: »Die fünf Millionen wiegen über 40 Kilo.« Die Reiseschreibmaschine aus rotem Kunststoff übergab er Tonja.

      Hans erkannte sie sofort, sein Vater hatte sie so geliebt, die Olivetti Valentine, das Kultgerät von 1969, das Meisterstück von Ettore Sottsass. Auf einem solchen Typ hatte Hans als Kind in der elektroniklosen Vorzeit noch getippt.

      Drago herzte und küsste Tonja und gab nun auch Hans Wangenküsse rechts und links. »Das wird schon, mein Freund«, ermunterte er ihn strahlend.

      »Ich komme übermorgen gegen Mittag nach Triest«, sagte Tonja.

      Drago nickte. Er schwang sich in seinen Wagen, startete und röhrte um die nächste Ecke.

      Tonja und Hans gingen Richtung Bahnhof. Er schleppte Reisetasche und Tüte, sie trug die Olivetti. Hans fühlte sich wie in einem Minenfeld. Er rechnete damit, dass sich jeden Moment ein Vermummter aus der Menschenmenge lösen und ihm die Taschen entreißen würde.

      Tonja erriet seine Gedanken. »Keine Sorge, Hans. Wir laufen durch die Gegend wie zwei Flüchtlinge mitsamt ihrer letzten Habe.«

      Niemand nahm von ihnen Notiz, brav stand der Renault da, wo sie ihn abgestellt hatten. Die Reisetasche, die Tüte und die Olivetti kamen hinter die Vordersitze. Hans beäugte Tasche und Tüte, als ob sie jeden Moment explodieren könnten. Da drin also waren fünf Millionen, kaum zu glauben.

      Tonja wollte sofort losfahren, doch Hans legte eine Hand auf ihre Schulter. »Tonja, wollen wir nicht noch ein bisschen bleiben? Wir könnten eine Suite im Esplanade buchen für ein paar entspannte Tage. Das da in der Tasche müsste wohl reichen. Im Esplanade gefällt es mir irgendwie besser als im ›Fässchen‹.« Er sehnte sich nach einem geschützten Ambiente, er wollte in Ruhe einordnen, was ihm alles widerfahren war und was ihm noch bevorstand. Und er wollte endlich ein richtiges Badezimmer.

      Sie fasste spielerisch an seine Nase. »Und wie willst du dich im Hotel anmelden? Mit deinem Pass, als Hans Bäumler aus Frankfurt am Main? Bitte, Hans, das Esplanade läuft uns nicht weg, wir werden dort bald öfter sein. Aber erst, wenn du eine neue Identität hast.«

      Wie vom Schlag gerührt, nahm Hans auf dem Beifahrersitz Platz. Bäumler war zwar kein toller Name, aber so hieß er seit 40 Jahren, seit der Ausstellung der Geburtsurkunde in Frankfurt am Main-Seckbach. Während Tonja den Wagen wieder nach Süden lenkte, hing Hans schlaff im Sitz. Stück um Stück wurde ihm alles genommen, als Nächstes also die Identität. Er griff nach hinten und betastete die Reisetasche. Es fühlte sich gut an, seine Stimmung hellte sich auf.

      Auf der Autobahn hatte er sich gefasst. »Wenn ich das richtig mitgekriegt habe, ruht unser Geld bei diesen komischen Stiftungen. Wer hat darauf Zugriff?«

      »Drago natürlich.«

      »Und warum?«

      »Weil er schon vor längerer Zeit ein paar Konten für die Stiftungen bei verschiedenen anderen Banken eröffnet hat. Genau dorthin hat er unser Geld transferiert, damit weder die Concom noch die Zagorska Banka drankommen.«

      Hans wunderte sich.

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