Die Toten von Rottweil. Herbert Noack

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Die Toten von Rottweil - Herbert Noack

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im Schatten der mächtigen Bäume bewegungslos lag. Der Mann sah aus, als ob er betrunken wäre und seinen Rausch ausschlafen würde. Nicht so, als ob er dringend Hilfe benötigte. Er war sehr gut gekleidet, der maßgeschneiderte schwarze Anzug schien nicht billig gewesen zu sein. Den Kopf hatte er auf die Brust gesenkt. Der Hut war herabgefallen und lag im Schmutz vor ihm. Vielleicht war er ein wenig zu luftig angezogen, das Sakko zu dünn für die Temperaturen um diese frühe Uhrzeit.

      Um den Hals trug er ein dunkles, mit einem dezenten Muster besticktes Seidentuch. Es war ein schönes, modisches Accessoire, passend zu seinem Anzug. Sicherlich hatte er es vorbeugend gegen eine Erkältung umgebunden, mochte der Passant denken, der gerade mit raschem Schritt an ihm vorbeieilte und den Mann dabei nur mit einem flüchtigen Seitenblick bedachte.

      Glück für ihn, dass er nicht genauer hingesehen hatte. Wer weiß, wie sein weiterer Tag sonst verlaufen wäre? Wenn er durch Zufall erkannt hätte, wer der Mann war, der dort regungslos lag. Denn er war beileibe kein Unbekannter. Als oberster Richter hatte er schon Urteile mit weitreichender Bedeutung am Landgericht gefällt, welches schräg gegenüber stolz und eindrucksvoll, vielleicht sogar ein wenig einschüchternd stand wie ein uneinnehmbares Bollwerk des Rechtes gegen das Unrecht.

      Aber der Mann schlief nicht und hatte auch keinen Rausch. Es sah nur auf den ersten Blick so aus. Er war tot.

      Kapitel 2

      Zeller konnte es nicht glauben, als das schrille Klingeln seines Smartphones ihn am heutigen Samstag weckte. Der Blick zur Uhr ließ ihn erschaudern. Er hatte gerade mal drei Stunden geschlafen. Es war spät geworden gestern Nacht, zuerst im »Kapuziner«, dann im »Goldenen Becher« und zum Schluss im »ZiZ«. Er hatte seinen Ärger herunterspülen müssen. Wieder einmal war er allein losgezogen. Sie hatte nicht mitgewollt.

      Und jetzt riefen sie ihn um sechs an. Dachten seine Kollegen etwa, Zeller konnte man immer erreichen, bei Tag und bei Nacht? Er hatte weder Bereitschaft noch normalen Dienst. Eigentlich wäre er gar nicht da. Hätte Anne ihre gemeinsame Reise nicht gecancelt, dann säßen sie in diesem Moment am Stuttgarter Flughafen und würden auf ihre Maschine nach Wien warten. Und er hätte keinen Kater, weil er keinen Ärger gehabt hätte.

      Doch jetzt lagen sie hier in ihrem Bett und Anne schlief tief und fest. Ihre Atemzüge gingen gleichmäßig, von dem flehentlichen Rufen seines Smartphones hatte sie nichts mitbekommen. Er gab ihr einen Kuss auf das unschuldige Gesicht und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie fühlte sich gestört und drehte sich murrend auf die andere Seite. Zeller bedeckte ihren Rücken mit der heruntergerutschten Bettdecke und nahm das Smartphone in die Hand.

      »Ja? Zeller hier.« Er gähnte laut ins Telefon. Der Kriminalhauptkommissar war nicht gerade für seine Freundlichkeit bekannt.

      »Paul, wir haben einen Toten. Keinen Unbekannten, wenn du verstehst, was ich meine«, sagte eine Frauenstimme.

      »Auch das noch. Es ist Samstag. Können die sich nicht am Montag gegenseitig umbringen und uns wenigstens das Wochenende in Ruhe lassen? Wer ist es denn?« Etwas Hoffnung schwang in seiner Stimme mit. Vielleicht war es doch nicht unbedingt notwendig, dass er dabei sein musste. Womöglich konnten das auch seine Kollegen lösen.

      »Linus Schuhmacher. Der Richter.«

      Zeller war augenblicklich hellwach. Jetzt verstand er, was sie damit gemeint hatte, er sei kein Unbekannter. Schuhmacher war tot? Er hatte ihn doch gestern Morgen noch gesprochen.

      »Du machst Witze.«

      »Paul, wach endlich auf.«

      »Wie ist er umgekommen?«, fragte Zeller, und fügte noch hinzu: »Wurde er etwa ermordet?«

      »Du kannst Fragen stellen, Zeller. Hätte ich angerufen, wenn er an Altersschwäche gestorben wäre? Los, raus aus den Federn.«

      »Wohin soll ich kommen?«

      »Zum Hofgerichtsstuhl«

      »Carla, bitte. Wohin?«

      »Kennst du den Hofgerichtsstuhl nicht? An der Königsstraße, Ecke Lorenz-Bock-Straße. Gleich in der Nähe vom Gericht. Also schwing dich in dein Auto und komm endlich her. Es ist wichtig. Hier ist jetzt schon großer Bahnhof. Sogar Bausinger ist da.«

      Zeller quälte sich aus dem Bett. Das konnte ja heiter werden. Sein Chef schon im Einsatz? Er stellte sich seine Stimmung lebhaft vor. Eigentlich hatte er keine Lust darauf und überlegte einen Moment, sich lieber krankzumelden. Einfach wieder hinlegen, die Bettdecke über den Kopf ziehen und schlafen.

      Als Zeller am Tatort eintraf, war immer noch »großer Bahnhof«, wie Carla Zimmermann ihn vorgewarnt hatte. Das Gelände um den Hofgerichtsstuhl, der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts als Erinnerung an das kaiserliche Hofgericht hier stand, war weiträumig abgesperrt. Einige neugierige Fußgänger waren stehen geblieben und glotzten sich die Augen aus. Viele hatten Smartphones in den Händen. Wahrscheinlich war der Vorfall in Rottweil längst in aller Munde. Ein paar Leute von der Zeitung sah er auch. Als sie Zeller erblickten, rannten sie auf ihn zu und versuchten, ihm Fragen zu stellen. Der Kommissar winkte ab.

      Ein junger Mann probierte, unter der Absperrung hindurchzuschlüpfen. Vergeblich. Ein Polizist bekam es mit, packte ihn an der Kapuze seiner Jacke und zog ihn hinter die Absperrung zurück. Er werde sich beschweren, hörte man den Mann schimpfen, die Hörer des Antenne 1 Neckarburg Rock & Pop hätten ein Recht auf eine aktuelle Berichterstattung. Der Polizist gab ihm trotzdem nicht die Erlaubnis.

      Viel war für die Schaulustigen nicht zu sehen. Ein großer weißer Pavillon war von den Beamten über den Hofgerichtsstuhl gestülpt worden. Zeller klappte die Wand des Sichtschutzes beiseite und sah Ulrike Brenner zu, wie sie den toten Richter fotografierte. Einer ihrer Kollegen sicherte indes mit einem Pinsel unsichtbare Spuren auf dem Steinthron. Ein weiterer untersuchte die Sakkotaschen des Richters. Die Kriminaltechnik war gut vertreten, im Gegensatz zur Kriminalpolizei. Da war nur er da und sein Chef Bausinger.

      Neben Bausinger stand eine junge Frau im weißen Overall. Sein Chef redete unaufhörlich auf sie ein, hatte einen Arm auf ihre Schulter gelegt und zeigte mit dem anderen auf den Toten. Zeller sah auf einen Blick, dass er sie beeindrucken wollte und sein Wissen mit einer großen Gießkanne über sie ausleerte. Er drehte sich ab und wandte sich an die Leiterin der Spurensicherung – der K8, wie sie hier dazu sagten. Vielleicht hatte sie Informationen für ihn.

      »Hallo, Ulli. Schon was gefunden an diesem gottverdammten Tagesbeginn?«

      »Ach, Paul. Wieso bist du so schlecht drauf? Heißt es nicht: Eine Leiche am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen? Oder so ähnlich.«

      »Kannst du schon was sagen?«

      »Männliche Leiche«, antwortete Doktor Ulrike Brenner spöttisch. Die gut 40 Jahre alte Frau mit dem etwas rundlichen Gesicht sah im Gegensatz zu Zeller ausgeruht und gut gelaunt aus. Ihr dezentes Make-up war sorgfältig aufgetragen.

      »Prima! Ich wusste, du bist eine der Besten, die wir haben.«

      »Man hat ihn erhängt, erdrosselt, stranguliert. Such dir was aus. Auf jeden Fall war es kein Selbstmord. Der Kehlkopf ist eingedrückt. Außerdem hat er die typischen Flecken im Gesicht.«

      »Weißt du, wann es passiert ist?«

      »Kann noch nicht lange her sein. Ich denke, keine drei Stunden, zwischen 2 und 4 Uhr. Die Leichenstarre ist noch nicht eingetreten.«

      »Ist

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