Das Vermächtnis des Konstanzer Kräuterbuchs. Marcel Rothmund
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Читать онлайн книгу Das Vermächtnis des Konstanzer Kräuterbuchs - Marcel Rothmund страница 13
Bevor Elisabeth antworten konnte, war Hedwig aufgestanden und lief ins Haus. Während sie etwas zu trinken holte, blickte Elisabeth auf den Weiher hinaus. An manchen Stellen sah sie Fische, die an der Oberfläche nach Mücken schnappten. Elisabeth waren alle Leute in Ernatsreute bekannt, doch nur wenige kannte sie gut. Zu denen zählte an erster Stelle Hedwig. Sie war Elisabeth eine gute Freundin und mit ihr konnte sie über fast alles reden – auch über ihre Heilmethoden. Dann war da noch Johanna Biehle, mit deren Mutter sie bereits befreundet gewesen war. Nach einem Schwatz mit Hedwig wollte sie zu den Villingers fahren und Sofie mitteilen, dass sie das Mittel gegen die Kopfschmerzen bald fertig habe. Den dritten Korb hatte Elisabeth für die Biehles hergerichtet. Dort wollte sie Johanna einen Besuch abstatten und fragen, wie es ihr mit der Schwangerschaft ging. Bis sie all diese Bekannten besucht hatte, würde es spät am Nachmittag sein, dachte sie sich. Danach würde sie zurück zum Vrenenhof fahren und wieder nach Kilian sehen. Vielleicht konnte sie ihm dann endlich die vielen Fragen stellen, die sie seit seiner Ankunft beschäftigten. Elisabeth hing ihren Gedanken nach, bis Hedwig mit der Erfrischung zurückkam.
»So, jetzt trinken wir erst einmal was.«
Hedwig drückte Elisabeth ein Glas in die Hand und schenkte ein. »Wie geht es deinem Adam?«
»Dem geht es gut. Du kennst ihn ja. Er ist viel im Wald unterwegs, dort fühlt er sich einfach wohl.«
Hedwig nickte lächelnd. »Ich sag es ja, unsere Männer eben. Ständig sind sie unterwegs.«
Sie setzte sich neben Elisabeth und die beiden tranken einen Schluck.
»Aber ich bin auch nicht ganz unschuldig, dass er ständig im Wald ist«, erklärte Elisabeth. »Grad heute Morgen habe ich ihn losgeschickt, weil er mir eine Kreuzspinne suchen muss.«
Hedwig setzte im Trinken ab und blickte Elisabeth verwundert an. »Eine Kreuzspinne? Braust du wieder ein Mittel zusammen?«
Elisabeth lächelte und begann zu erzählen. »Na ja, ein Mittel wird es nicht direkt. Die Spinne muss bei hohem Fieber am Hals als eine Art Amulett getragen werden – und zwar lebend. Ich habe einen jungen Mann bei uns in der Stube, der sie dringend braucht.«
Hedwig wurde neugierig. »Ein junger Mann? Wie ist der denn zu euch gekommen und warum?«
»Es war vorgestern am späten Abend, als er schwer verletzt zu uns kam«, erzählte Elisabeth. »Ich saß in meinem Kräuterzimmer, als ich draußen ein lautes Kratzen am Fensterbrett hörte. Irgendwie war ich mir sicher, dass es kein Tier war, und wie ich draußen nachgeschaut habe, lag er bewusstlos da. Ein junger Kerl, vermutlich ein Handwerksbursche, dem Aussehen nach, der eine schwere Verletzung am Kopf hat. Kilian heißt er, mehr weiß ich bis jetzt nicht. Adam und ich haben ihn gleich darauf in die Stube auf das Sofa getragen und ich habe erst einmal seine Wunde versorgt. Später kam das Fieber. Die hohen Temperaturen haben wir durch Wadenwickel und ein Kräuterpflaster gesenkt, doch um das Fieber ganz zu kurieren, braucht er nun das Amulett mit der Kreuzspinne.«
Hedwig war von den Neuigkeiten völlig eingenommen und löcherte ihre Freundin weiter.
»Aber warum war der junge Mann verletzt? Und warum ist er denn zu euch gekommen?«
»Das weiß ich auch nicht«, antwortete Elisabeth.
»Hast du ihn nicht gefragt?«
»Kilian war am ersten Abend, als wir ihn gefunden hatten, ohnmächtig«, erklärte Elisabeth. »Danach war er eingeschlafen und seither plagt ihn das Fieber, sodass er völlig verwirrt komische Sachen erzählt. Er sprach etwas von einem Mann, der sich hinter dem Vorhang in meiner Stube versteckt, und von einem Schäferwagen. Wie soll man ihn da nur fragen? Da muss sich erst einmal das Fieber bei ihm legen.«
Hedwig nickte verständnisvoll. »Aha. Dann bin ich aber gespannt, was du mir das nächste Mal erzählst. Es ist schon eine seltsame Geschichte.«
»Ja, ich komme gerne wieder vorbei, sobald ich mehr darüber weiß«, versprach Elisabeth.
»Und jetzt gehst du gleich zu ihm zurück?«, wollte Hedwig wissen.
»Nein, ich gehe zuerst zur Villinger Sofie.«
»Zu den Villingers?«, fragte Hedwig. »Wie kommst du denn zu denen?«
»Die Sofie hat schon längere Zeit abends starke Kopfschmerzen und deswegen war sie vor ein paar Tagen bei mir. Ich habe ein Mittel für sie, aber das ist noch nicht ganz fertig. Deswegen wollte ich kurz bei ihr vorbeigehen, dann kann ich schauen, wie es ihr geht, und sagen, dass das Mittel fast fertig ist.«
»Und warum dauert es so lange, bis das Mittel für die Sofie fertig ist?«
»Mir fehlt eine Zutat. Eine Fledermaus«, antwortete Elisabeth.
Hedwig sah ihre Freundin erneut erschrocken an. »Eine Fledermaus? Wieso um Gottes willen brauchst du eine Fledermaus dazu?«
»Das steht im Rezept des Kräuterbuchs«, erwiderte Elisabeth.
Hedwigs Gesichtsausdruck nahm langsam eine Form von Ekel an. »Weiß denn die arme Sofie, was sie da von dir bekommt und dass da eine Fledermaus drin verwurstet wird?«
»Natürlich nicht«, entgegnete Elisabeth. »Und du darfst es ihr auf keinen Fall erzählen. Versprichst du mir das?«
Elisabeth schaute ihrer Freundin tief in die Augen.
»Ja, ich werde ihr selbstverständlich nichts davon erzählen«, beteuerte Hedwig. »Bei unserem allmächtigen Herrgott, du hast mein Wort. Auch wenn ich es sehr komisch finde, was du da so alles zusammenbraust. Mein lieber Himmel!«
»Nun ja, solange es gegen das Kopfweh hilft, wird es der armen Sofie recht sein«, sagte Elisabeth. »Das arme Weib ist ja so schwer von den Schmerzen geplagt!«
Hedwig nahm einen Schluck aus dem Glas und zuckte mit den Schultern, ihr Blick schweifte gleichgültig über den Teich. »Mir soll es recht sein«, meinte sie.
Nach einem kurzen Moment der Stille sprach Elisabeth weiter. »Und danach schaue ich bei den Biehles auf dem Haldenhof vorbei. Mal schauen, wie es den Kindern geht.«
»Zu den Biehles! Hat die Johanna das Kind etwa schon zur Welt gebracht?«
»Nein, ich meine die Mädchen. Das wüsste ich, wenn das Kind da wäre. Es ist ja nicht Johannas erste Schwangerschaft, die ich begleite. Aber diesmal ist es bei Gott nicht einfach.«
»Du meinst wegen Andreas«, wusste Hedwig. »Da hast du wohl recht. Der arme Kerl wartet seit Jahren auf einen Hoferben. Schlimm genug, dass sich die anderen Mannsbilder am Stammtisch über ihn lustig machen.«
Elisabeth nickte. »Vor allem für die arme Johanna ist es sicher nicht einfach. Die Erwartung von Andreas schlägt ihr wohl öfters aufs Gemüt. Aber wenigstens ist es ihr diesmal nicht so übel wie bei den Mädchen. Das könnte vielleicht ein Zeichen dafür sein, dass sie einen Buben zur Welt bringen wird. Aber sicher weiß man das ja nie.«
Hedwig begann zu scherzen. »Solange keine kleine Ludovica zur Welt kommt, die es der Johanna schon im Bauch schwer macht, hast du jedenfalls deinen Frieden.«
Beide lachten genüsslich miteinander. Sie kannten die alte Ludovica Biehle nur zu gut. An Elisabeth