Network. Ansgar Thiel

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einlud, am Besprechungstisch Platz zu nehmen, und Tee und Kaffee einschenkte. Die Polizeidirektorin verdrehte die Augen. Keine Antwort abwartend, legte die Bürgermeisterin los. »Ist Ihnen allen klar, was die Ermordung Mallmanns bedeutet?« Sie blickte fragend in die Runde. Keiner reagierte, nicht einmal ihr Bodyguard.

      »Ist Ihnen das klar?«, wiederholte die Bürgermeisterin. Ihr Kopf rötete sich angesichts der ihr entgegenschlagenden Ignoranz. Die Polizeidirektorin nickte stellvertretend für alle.

      »Arthur Mallmann ist heute sicher nicht mehr der, der er mal war, aber er ist noch immer ein Spitzenmann«, fuhr die Bürgermeisterin in Anspielung auf den Rückzug des Politikers aus seinen Regierungsämtern und seinen Einzug in die Regionalpolitik fort. »Wir haben morgen Staatsbesuch aus allen Bundesstaaten Europas, sogar die Außenministerin der USA wird erwartet.«

      Die Bürgermeisterin wischte sich mit einem seidenen Taschentuch, auf dem ihr goldenes Monogramm aufblitzte, den Schweiß von der Stirn. »Das braucht Sie zwar nicht zu kümmern, aber wir müssen das hier geradebiegen. Wir müssen zeigen, dass wir alles im Griff haben.«

      Ein weiterer Blick in die Runde, doch noch immer kam keine Reaktion. Die Bürgermeisterin versuchte es mit einer anderen Strategie. Sie setzte ein Lächeln auf, das sie für wohlwollend hielt, und gab damit den Blick auf ihre weißen, mit modernster Technik hergestellten, perfekt geformten Zahnkronen frei. Sie zeigte gerne ihre Zähne. Zähne waren heute ein Statussymbol, noch distinktiver als früher der große Mercedes. An ihnen sah man, wer reich oder gebildet war oder wer auf sich achtete – und wer nicht. Sie ekelte sich jedes Mal, wenn sie in den Dokumentationen auf CNN die Networker lächeln sah, ihre Münder entweder von billig gemachten Goldkronen der vietnamesischen Bader oder von braunschwarzer Fäulnis entstellt.

      »Weshalb sind wir hier, Frau Polizeidirektorin?«, fragte sie in Oberlehrermanier.

      »Wir werden wohl eine Sondereinsatztruppe bilden müssen«, beeilte sich die Polizeidirektorin zu antworten, die zwar Sympathien für Burgers Renitenz hegte, es selbst aber immer nur ansatzweise schaffte, Widerstand zu zeigen.

      »Exakt.« Die Bürgermeisterin schenkte sich Kaffee nach und schob zwei Früchtemakronen auf einmal in den Mund. »Wer sind Ihre besten Leute?«, fragte sie Burger kauend.

      »Bei allem Respekt, ich bin mir nicht sicher, ob ich meinen besten Leuten diesen Fall übertragen kann«, erwiderte Burger ruhig.

      Die Bürgermeisterin presste die Lippen zusammen. Ihre Gesichtsfarbe wechselte von Rosa über Rot zu Dunkelrot mit bläulichen Flecken – alle Augen waren gebannt auf sie gerichtet, Burger bemerkte, dass ihr Hals tatsächlich im Umfang zunahm – und in einer wahrhaft vulkanischen Eruption brach sich ihr Zorn in einem donnernden »Waaas?« einen Weg heraus.

      Zumindest teilweise entladen, nahm die Bürgermeisterin zwei tiefe Atemzüge, während derer ihre Gesichtsfarbe wieder zu Rot zurückwechselte. Um Fassung und Autorität ringend, aber noch immer lautstark, bellte sie: »Ich höre wohl nicht recht. Das ist ein Top-Priority-Fall, dem alles andere unterzuordnen ist!«

      Burger, der den Ausbruch mit fasziniertem Interesse verfolgt hatte, war ein wenig enttäuscht ob der schnellen Beruhigung. Er schob der Bürgermeisterin den zweiten Teller Makronen zu und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Bei allem Respekt, Ihnen fehlt eine wichtige Information«, sagte er.

      Burger stellte fast jedem zweiten Satz die Phrase »bei allem Respekt« voran. Das war eine Marotte von ihm, die er trotz mehrfacher Bemühungen nicht ablegen konnte. »Meine beiden besten Leute sind gestern in eine Geiselnahme geraten.«

      »Haben Sie überlebt, sind sie verletzt oder was?«

      Die Bürgermeisterin war noch immer aggressiv.

      »Nein, es geht ihnen soweit ganz gut«, entgegnete Burger, »aber …«

      »Dann können die beiden auch den Fall übernehmen«, unterbrach ihn die Bürgermeisterin, erhob sich und gab ihrem Bodyguard das Zeichen zum Aufbruch. Am Ausgang drehte sie sich noch einmal um und schnappte: »Ich erwarte Ihren Bericht über die Ermittlungsstrategie morgen früh um 8 Uhr.« Knallend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.

      »Doofe Kuh«, murmelte Burger.

      »Ganz meine Meinung, aber sagen Sie es nicht weiter«, pflichtete ihm die Polizeidirektorin bei. »Was machen wir jetzt?«, fragte sie Burger, der sich in seinem Stuhl ausstreckte. »Sind die beiden in der Lage, den Fall zu übernehmen?«

      »Bei allem Respekt, zunächst einmal kann es mir egal sein, was die Bürgermeisterin will. Wir sind immerhin eine Bundespolizeieinheit, und was wir machen, geht sie einen Scheiß an!«

      Die Direktorin ließ sich 20 Sekunden Zeit, bevor sie eine Antwort gab. Ruhig stand sie auf, nahm die Teekanne und schenkte sich und Burger nach. Bei der Übernahme des Polizeidirektorenpostens war sie weder die Wunschkandidatin der Regierung noch der Opposition gewesen. Wie so oft in solchen Fällen hatte man sich auf sie geeinigt, weil die streitenden Parteien bei einer derart wichtigen Stelle auf keinen Fall die Kandidaten der Gegenseite akzeptieren wollten, aber ohne die Unterstützung der Gegenseite kein Kandidat durchzubringen war. In den anderthalb Jahren ihrer Tätigkeit hatte sie allerdings nicht nur alle politischen Erwartungen übertroffen, sondern sich aufgrund ihrer differenzierten Fachkenntnis und ihres vermittelnden Wesens auch enorme Anerkennung in Polizeikreisen erworben.

      »Die Bürgermeisterin hat grünes Licht vom europäischen Innenministerium«, sagte sie ruhig und mit einer beschwichtigenden Geste. »Ich habe bereits einen Anruf erhalten. Ihnen bleibt gar nichts anderes übrig, als zu tun, was die Bürgermeisterin will. Also, was ist mit den beiden? Können wir auf sie zählen?«

      Burger setzte sich. »Wenn die Wahrheitsfindung es erfordert, natürlich. Prinzipiell können wir sie einsetzen. Di Marco und Hensen sind Elitepolizisten, verfügen über eine überdurchschnittliche Stressresistenz und einen extrem hohen IQ. Aber sie arbeiten zurzeit an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, vor allem seit ich ihnen die Virtual-Capital-Crime-Bekämpfung übertragen habe.«

      Auch wenn das sogenannte Virtual Capital Crime nicht in die Zuständigkeit der Stadtpolizei fiel, war der Polizeidirektorin sehr wohl bekannt, dass es sich hierbei um ein gesellschaftlich weit bedeutenderes Problem handelte, als viele Politiker annahmen. Schon nach dem einjährigen Probelauf des World-Wide-Cyber-Reality-Nets und der Freistellung der lokalen Telefonnutzung hatten sich die Virtual Capital Crimes gehäuft, angefangen bei virtuellem Raub über den Eingriff in Netzidentitäten durch Hacken, virtuellen Mord bis hin zur Eliminierung von ganzen VR-Distrikten durch systematisch eingesetzte Computerviren.

      Kurz gesagt: Virtuelle Kriminalität brachte Gefahr und Chaos ins virtuelle Leben der Netznutzer. Die Polizeidirektorin war damals selbst Mitglied der Kommission gewesen, die über Strategien einer Regulierung nachgedacht hatte. Der SBBK war dieser Bereich übertragen worden, weil man Spezialisten brauchte, die sowohl außerhalb als auch im Netz operieren konnten und am besten nichts zu verlieren hatten. Hensen und Di Marco gehörten zu dieser Sorte.

      »Was heißt das nun?« Die Direktorin bevorzugte klare Antworten.

      Burger reagierte nicht, sondern schien nachzudenken.

      Merklich ungeduldig begann die Polizeidirektorin, die Teetasse in der Hand, mit dem rechten Fuß zu wippen. Sie schätzte Burgers Abwägen von Problemen im Allgemeinen durchaus, aber jetzt mussten Nägel mit Köpfen gemacht werden. »Das heißt, Sie können es nicht verantworten, die beiden einzusetzen?«, hakte sie nach.

      Burger stieß einen leichten Seufzer aus. Wenn er Hensen und Di Marco einsetzte, dann konnte er auch gleich Babic mit

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