Saarland-Connection. Greta R. Kuhn

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Saarland-Connection - Greta R. Kuhn

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von seinem letzten Urlaub in der Toskana, in dem sein Oldtimer den Geist aufgegeben hatte, weswegen er jetzt mit dem Smart seiner Freundin da sei.

      »Herr Kirschmeier?«, versuchte sie seinen Erzählstrom zu unterbrechen.

      »Ach herrje, jetzt hab ich mich gar nicht vorgestellt. Das passiert mir sonst nie, ich dachte, Sie wissen vielleicht schon, wer ich bin. Ich war ja auch ziemlich oft in den Medien in letzter Zeit.«

      Na, Probleme mit dem Selbstbewusstsein hat der schon mal nicht, dachte sich Veronika. Solche Typen konnte sie nicht ausstehen. Aber sie ermahnte sich selbst, professionell zu bleiben. Es war nur dieser eine Abend, das würde sie schon überstehen.

      Er hatte wieder den Faden seiner Erzählung aufgenommen und Veronika versuchte mit gequältem Lächeln, an den richtigen Stellen interessiert zu nicken. Leider begann sie in solch unangenehmen Situationen oft leicht zu schwitzen. Sie hoffte nur, dass Kirschmeier das nicht bemerken würde, und schaute sich verstohlen nach ihrem Chef um. Glücklicherweise entdeckte sie ihn in ihrer Nähe, und als sich ihre Blicke trafen, winkte er sie eifrig zu sich.

      »Oh, es tut mir leid, dass ich Sie unterbrechen muss, Herr Kirschmeier, das ist ja wirklich alles sehr spannend. Aber mein Chef hat mich gerade zu sich gerufen, scheint wichtig zu sein. Man sieht sich bestimmt später noch.« Mit einem knappen Lächeln drehte sie sich um und verschwand in der Menge, die sich jetzt durch die geöffneten Eingangstüren schob. Dort hatten die zwei jungen Frauen, die den Einlass mit endlos langen Listen regeln sollten, die Waffen gestreckt und blickten dem Besucherstrom nur noch hilflos hinterher.

      Lothar Klein steckte inmitten einer konspirativen Herrenrunde mittleren Alters. Es ging um das neue Fußballstadion des Saarbrücker Fußballvereins 1. FC Saarbrücken, so viel hatte sie mitbekommen, und nun wollten sie ihre Meinung dazu hören. Sie blieb vage und winkte ab, so wie sie das bei Francesco und seinen Freunden zu diesem Thema auch immer tat.

      Ihr Blick scannte die sich füllende Veranstaltungshalle und blieb an einem blondgelockten Hinterkopf hängen, dessen Besitzer mit wild gestikulierenden Armen eine Menschentraube unterhielt.

      Das war dieser Staatsanwalt von eben, Kirschmeier. Er schien eine flammende Rede zu halten, sein Publikum klebte förmlich an seinen Lippen. Was für ein Wichtigtuer, dachte Veronika und ertappte sich dabei, ihn doch länger als nötig zu beobachten. Er war groß und von hinten sah er aus wie ein Dirigent in einem besonders virtuosen Stück, sein Kopf und seine Locken flogen nur so umher, während er offensichtlich etwas Lustiges zum Besten gab, denn um ihn herum brachen alle in tosendes Gelächter aus. Auch er lachte und sah sich dabei um. Sein Blick traf auf Veronikas, die ihren schnell abwendete. Als sie wieder hinschaute, sah sie nur noch, wie er sich lächelnd wegdrehte. »So ein Mist, auch das noch«, murmelte sie in ihr Weinglas und leerte es in einem großen Zug.

      9.

      Die ist aber ganz schön durch den Wind, war Sebastian Kirsch­meiers erster Impuls, als er über die Begegnung mit Veronika Hart nachdachte. Er wusste ja, wie er auf Frauen wirkte, aber dass es so schnell ging, wunderte selbst ihn. War auf jeden Fall mal ein Abend nach seinem Geschmack. Die richtigen Leute hatte er schon getroffen, für ihn galt es, seine Fühler auszustrecken und sein Netzwerk zu erweitern. Als neuer Staatsanwalt musste er sich erst einmal einen Namen machen. Eben in der Runde hatte das schon ganz gut funktioniert. Lief bei ihm.

      Er zuckte zusammen, als die Lichter mit einem Schlag gedimmt wurden und die gleiche Melodie ertönte, mit der Henry Maske seinerzeit zu seinen Boxkämpfen eingelaufen war. Wie hieß das Lied gleich noch mal? Vangelis war die Band, aber das Lied? Ziemlich pathetisch, der Junge, dachte er sich noch, als der Künstler mit 45 Minuten Verspätung in einem Lichtkegel auf der Bühne auftauchte, seine langen Haare lässig nach hinten warf und die Arme in Schulterhöhe ausbreitete wie ein Prediger.

      Kirschmeier beobachtete die umstehenden Gäste, der Auftritt schien seine Wirkung nicht zu verfehlen. Mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis wurde der Exzentriker taxiert. Paulo Pausini hielt die Augen bis zur letzten Note geschlossen und wandte sich dann der aufgesetzt lächelnden Moderatorin zu, die sich schon seit einer Weile neben ihm aufgebaut hatte.

      Wie hieß noch mal dieser Scheißsong?

      Es folgte ein typisches Interview mit jemandem, der besonders wenig Lust hatte zu antworten. Während sich die Moderatorin mit elaborierten Fragen abmühte, aus Pausini ein paar bedeutungsvolle Antworten herauszukitzeln, blieb dieser einsilbig. Offensichtlich war er etwas verstimmt oder eben zu wichtig, um hier sein verbales Pulver zu verschießen. Was glaubte der eigentlich, wer er war? Kirschmeier nahm sich vor, heute Abend noch einmal genau zu recherchieren, wen er hier vor sich hatte. Er hasste ein solch überhebliches Verhalten, egal von wem. Es war einfach respektlos, jedem Einzelnen der Gäste gegenüber, die sich hier die Beine in den Bauch standen.

      Endlich näherte sich das Programm dem angekündigten Höhepunkt des Abends, der Enthüllung des neuen Werks. Während auf der großen Bühne eine Leinwand entrollt wurde, wanderten die Moderatorin und der Künstler in einen Nebenraum, damit sie nichts verdeckten und alle dem Spektakel folgen konnten – ebenso wie die Tausenden, die man live an den Bildschirmen überall auf der Welt erwartete.

      Der perfekte Moment für ein weiteres Bier, dachte Kirsch­meier und hielt eine der Servicekräfte an, die mit einem vollen Tablett an ihm vorbeihuschte.

      »Herr Pausini, möchten Sie noch etwas zu Ihrem Werk sagen, bevor Sie es enthüllen?«, hörte er die Moderatorin über die Lautsprecher.

      »Nein, da gibt es nichts mehr zu sagen. Mein Statement ist das Werk selbst. Der Betrachter soll die Botschaft für sich herauslesen, es gibt nicht nur eine Wahrheit. Sondern jeder wird seine eigene Wahrheit kennenlernen. Sich selbst kennenlernen. Die Konsequenz seines Denkens, seines Handelns, all das befindet sich in meinem Werk. Es ist omnipotent und allwissend.«

      Sebastian Kirschmeier verdrehte die Augen. »Aber sonst hast du noch alle Latten am Zaun, oder?«, murmelte er vor sich hin und nahm einen großen Schluck von seinem Bier.

      Das schwarze Tuch fiel herab und ein Raunen schwappte durch die Halle. Alle blickten gebannt auf die Leinwand, versuchten, mit den Augen das Chaos zu entwirren. Dann ein spitzer Schrei, und auch Sebastian prustete plötzlich sein Bier vor sich auf den Boden. Es folgten weitere Schreie und die Menschenmenge wurde schlagartig unruhig.

      Hier stimmte etwas nicht.

      Inmitten der Kunstinstallation, zwischen alten Motorblöcken, dünnen Schläuchen und Autofedern, hing ein menschlicher Körper. Nackt. Eng verwoben mit den Fahrzeugteilen, in einer merkwürdig gekrümmten Pose.

      Als Sebastians Blick auf das Gesicht von Paulo Pausini fiel, meinte er zu erkennen, dass dies kein geplanter Coup sein konnte. Oder war er einfach ein guter Schauspieler? Auf jeden Fall würde er sich das anschauen müssen. Gut, dass die Kriminalpolizei vor Ort war.

      10.

      Es war vollbracht. Sein Werk, zumindest sein Beitrag zu diesem sonst spröde wirkenden Kunstwerk, wurde dem Publikum vorgestellt. Der Liveticker zeigte 13.738 Zuschauer auf der ganzen Welt an, dazu kamen die hier Anwesenden. Aufgerundet waren das 15.000 Menschen, die sein Erstlingswerk begutachten konnten. Kein schlechter Start in seine Kunstkarriere.

      Pausinis Reaktion hatte Bände gesprochen. Kalkweiß und den Mund sperrangelweit offen. Nach dieser ganzen überheblichen Show im Vorfeld, seiner Arroganz. Das würde ihm mal einen schönen Dämpfer geben und sicher einige Gespräche mit der Polizei.

      Jetzt mussten sie seine Botschaft nur noch entschlüsseln. Zur Not würde er ihnen weitere Hinweise geben. Aber

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